Antal Fekete über Real Bills, Geldmengentheorie und die New Austrians (Teil 2/2)
03.04.2014
[Den ersten Teil können sie hier lesen ...Daily Bell: Sie sind ein Verfechter der real bills (Goldwechsel). Können Sie uns auf die Sprünge helfen, warum die von Mises geprägten “Österreicher" real bills als inflationär ablehnten?
Antal Fekete: Sie bezeichnen die Monetisierung der Goldwechsel als Betrug, und zwar aus den albernsten aller Gründe. Sie vertreten die Meinung, dies sei inflationär. Sie verstehen dabei Folgendes nicht: Ein Goldwechsel entsteht dann, wenn ein Halbgut in ein dringend nachgefragtes Fertigprodukt verwandelt wird; die Goldwechsel laufen dann aus, wenn das betreffende Verbrauchsgut an den endgültigen Verbraucher verkauft ist. Die vom Konsumenten ausgehändigten Goldmünzen liquidieren alle Forderungen, die im Fertigungsprozess zwischen den Produzenten der Halbgüter und den Produzenten von Gütern mit höherer Wertschöpfung entstanden sind.
Rothbard würde also wollen, dass die Vorproduktproduzenten die Produzenten mit höherer Wertschöpfung in Goldmünzen bezahlen. Das ist aber absurd! Kein Produzent hat jemals ein einzige Goldmünze für ein Vorprodukt gezahlt, niemals! Ausschließlich für Fertigprodukte wurde in Goldmünzen gezahlt - die bezahlt aber der Verbraucher und nicht der Produzent! Die Produzenten von Produkten mit höherer Wertschöpfung werden für die Vorprodukte bezahlt, indem sie Handelswechsel auf den Produzenten der Vorprodukte ziehen - und dann ist das erledigt.
Daily Bell: Erklären Sie es uns bitte noch einmal: Wie kam es, dass die Geschäftsbanken populär wurden, weil die Real Bills eigenartige Nennwerte aufwiesen, während Banknoten runde Zahlen hatten?
Antal Fekete: Das war eher die kleinere Unannehmlichkeit. Die weitaus größere war, dass der Diskont berechnet und auch jedes Mal bezahlt werden musste, wenn der Goldwechsel den Besitzer wechselte. Später entfiel dann die Berechnung und Auszahlung des Diskonts, als der Umsatz stieg und die Goldwechsel nur noch so kurze Zeit gehalten wurden, dass die Diskont-Menge so verschwindend gering, dass man sich nicht mehr darum kümmerte, diesen einzubehalten. Angesichts der großen Annehmlichkeit, die die Nutzung von Banknoten brachte, trauerten die Händler den ihnen eigentlich zustehenden Zinsabschlägen (Diskont) überhaupt nicht nach.
Daily Bell: Erklären Sie bitte so klar wie möglich, warum die Goldwechsel (real bills) schließlich nicht mehr funktionierten. Waren sie Ziel von Attacken? Im letzten Interview meinten Sie, die real bills wären ein Opfer des Ersten Weltkriegs gewesen. Können Sie das weiter ausführen? Bitte so einfach wie möglich.
Antal Fekete: Ganz platt gesagt: Der Goldwechsel wurde erzwungenermaßen und auf brutale Weise im Jahr 1918 von der siegreichen Entente eliminiert, da man den Wettbewerb und die Innovationen der deutschen Industrie der Nachkriegszeit fürchtete. Den Bestimmungen des Friedensvertrags zufolge war man verpflichtet, die Blockade aufzuheben, aber mit etwas List, so dachte man sich, ließe sie sich dennoch aufrechterhalten, und zwar durch eine Blockade des Goldwechselhandels in den Londoner Clearinghäusern. Etwas Verrückteres hätte den Mächten der Entente aber überhaupt nicht einfallen können. Sie schossen sich damit selbst ins Knie. Der von Großbritannien 1925 wiedereingeführte Goldstandard scheiterte, weil ihm ein organischer Bestandteil fehlte: das Clearinghaus - d.h. der Markt für Goldwechsel.
Daily Bell: Sie meinten auch, die Austrocknung des Goldwechselmarktes hätte die Große Depression verursacht. Mit dieser Ansicht sind Sie eindeutig in der Minderheit, selbst in den Kreisen der Verfechter des soliden, werthaltigen Geldes. Könnten Sie sich noch einmal zu diesem Thema äußern?
Antal Fekete: Es ist sogar die Minderheit eines Einzigen. Durch die vorsätzliche Zerstörung des Anleihemarktes haben die Mächte der Entente unwissentlich auch den Lohnfonds (wage fund) zerstört, aus den Arbeiter, die Verbrauchsgüter produzieren, bezahlt werden können - und zwar gut drei Monate bevor deren Erzeugnisse gegen Bargeld verkauft werden.
1918 vergaßen die Politiker und Ökonomen, dass es ohne den Wechselmarkt auch keinen Lohnfonds gab. Es gibt keinen anderen Weg als die Goldwechselfinanzierung, um die Produktion von Konsumgütern im Hier und Jetzt finanzieren zu können, für die der Konsument (nur) 91 Tage später zahlt.
In der Siegeseuphorie wurden viele Blasen zum Platzen gebracht: Die Blase bei Staatsanleihen im Jahr 1921, die Florida-Immobilienblase im Jahr 1925 und die berüchtigtste - die Aktienmarktblase - im Jahr 1929. Niemand erkannte, dass im bubble-finanzierten Konsumgütermarkt eine Kapitaldürre einsetzen würde, sobald die Blasen eine nach der anderen zum Platzen gebracht wurden. Deutlich wurde das dann schließlich im Jahr 1930, als sich herausstellte, dass das aufgeblähte Inventar an Konsumgütern unverkäuflich war.
Hätte man den Wechselmarkt im Jahr 1918 rehabilitiert, wären auch rechtzeitig Bestandsanpassungen vorgenommen wurden, um die Güterschwemme zu vermeiden, und schließlich wären auch die Finanzmittel zur Fortsetzung der Produktion durch die Diskontierung der Goldwechsel verfügbar gewesen.
Im Endergebnis mussten aber gewaltige Arbeiterkontingente aus der Konsumgüterproduktion entlassen werden. Pseudotheorien gab es dann wie Sand am Meer, darunter auch jene Keynes‘ bezüglich “over-saving“ (übermäßiges Anlegen von Ersparnissen), under-consumption (unterdurchschnittlicher Verbrauch), Nachfragemangel in ‘reifen‘ kapitalistischen Ökonomien oder des kontraktionistischen Wesens des Goldstandards - um nur einige wenige zu nennen. Keiner suchte die Antwort in der gewaltsamen Zerstörung des Goldwechselmarktes im Jahr 1918, vorangetrieben durch den chauvinistischen Neid der siegreichen Entente.
Daily Bell: Für alle, die das zum ersten Mal lesen: Erklären Sie bitte kurz wie diese real bills funktionieren und warum sie so wichtig sind.