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Barrick Gold - Das Rezept für ein Desaster

20.02.2006  |  Dr. Dietmar Siebholz
Zuerst die gute Nachricht: Barrick übernimmt Placer Dome und steigt damit zum weltgrößten Goldproduzenten auf; damit wird Newmont als größter Goldproduzent abgelöst. So konnte man es in der Presse lesen. Das klingt außerordentlich positiv für Barrick.

Nun die schlechte: Ich bin überzeugt, dass dieses neue Gebilde eine fatale Missgeburt darstellt. Lassen Sie mich im Folgenden detailliert darlegen, warum es dies so ist. Die nachstehend geschilderten Hintergründe mit vielen Details zum besseren Verständnis werden zeigen, dass hier eine Zeitbombe tickt, deren Explosion erhebliche Auswirkungen auf den Goldmarkt und die Finanzmärkte haben wird.


Vorab aber erst einmal einige Ausführungen zur Historie:
  • Barrick ist der "Erfinder" der Deferred Forwards Swaps im Goldmarkt; das bedeutet, dass Barrick seit Mitte der 90-er Jahre sich Gold leiht, dies vorausverkauft, und das zu höheren als den Marktpreisen. Wie ist das möglich, werden Sie fragen? Meine Antwort: Durch die (politisch bedingte) Genehmigung eines bestimmten Buchungsverfahrens, das so in Deutschland nicht erlaubt ist.

  • Barrick leiht sich Gold von US-Investment-Banken, fast ausschließlich von JP Morgan Chase und der Citibank; verkauft mit Hilfe dieser Banken das Gold am physischen Markt und legt die Erlöse in US-Bonds an. Die Kooperative erzielt erhebliche Überschüsse aus der Zinsdifferenz zwischen Goldleihezins (so an die 1,0% p.a.) gegenüber dem Bondzins.

  • Da der Rahmenvertrag zwischen JP Morgan Chase und Barrick eine bis zu 15-jährige Periode für die Rückgabe des geliehenen Goldes vor allem aus der eigenen Goldproduktion vorsieht, hat Barrick genug Zeit, das Gold entweder zu produzieren oder am Markt zu besseren (sprich: niedrigeren Preisen) Bedingungen einzudecken.

  • Barrick ermittelt die Zinsdifferenz aus den ersten fünf Jahren des Langzeitkontraktes und schlägt diesen fiktiven Zinsertrag dem Verkaufserlös pro Unze zu. Nur so kamen in der Vergangenheit z.B. im Jahre 2000 bei einem Goldpreis von ca. 285 US$ Erlöse von US$ 345 je Unze zustande. Der "Ertrag", der sich aus den sicheren Zinsdifferenzgeschäften ergab, musste aber unter dem Gesichtspunkt gesehen werden, dass er erst dann tatsächlich verdient wäre, wenn die Eindeckung zu mindest den gleichen Bedingungen wie der Verkauf erfolgt war.

  • Daher ist im Rahmenvertrag, wie ihn Barrick in seinen Bilanzen andeutungsweise veröffentlicht hat, ausbedungen, dass Barrick permanent die Differenz, den "Mark-to-Market-Value" ausweist, also den Wert, den die offenen vorausverkauften Uzen gegenüber den "erlösten" Verkäufen ausmacht. JP Morgan Chase hat das Recht - so heißt es im Vertrag - die Rahmenvereinbarung außerordentlich zu kündigen, wenn unter Einbeziehung dieses "Mark-to-Market-Values" der Net Asset-Value, also das Nettovermögen von Barrick unter einen Betrag von US$ 2,0 fallen sollte.

  • Man sollte feststellen, dass Barrick der größte Vorausverkäufer für Gold ist und trotz häufiger Zusagen seines neuen Vorstandvorsitzenden diese großen Leerverkaufspositionen auch bei Silber (von derzeit mehr als 40 Mio. Unzen) im Gold lediglich von mehr als 16 Mio. Unzen vermutlich nur auf etwa 13 Mio. Unzen - das wären so an die zwei Jahre Gold Produktion reduziert hat.


In meinem Essay, das in den USA unter www.gold-eagle.com (dort nachzulesen unter "Editorials" und "Siebholz" mit dem Titel: "Barrick - A recipe for a desaster" - "Barrick ein Rezept für ein Deaster") haben mein österreichischer Partner Florian Riedl-Riedenstein und ich diese Zusammenhänge detailliert beschrieben.

Barrick hat mit dieser Systematik für mehrere Jahre den Goldmarkt beherrscht, höhere "Erlöse" als die Konkurrenten erzielt, den Goldpreis mit Hilfe der Investment-Banken gedrückt und zu Niedrigstpreisen so die insolvent gewordene Konkurrenz aufgekauft.

Ach ja, ich vergaß zu erwähnen, dass George Bush senior lange Zeit dem Board of Directors von Barrick angehörte, bis einer der Konkurrenten dann dieses Faktum an die Öffentlichkeit brachte. Die GATA (Gold-Anti-Trust-Action Committee, der ich seit dem Jahre 2000 angehöre und die mich im Jahre 2001 zum Repräsentanten für Deutschland bestellte) hat diese wohl von höherer Hand geduldeten oder genehmigten Missstände dokumentiert und in zwei Klagen versucht, diese Verstöße gegen das US-Kartellrecht aufzugreifen. Das erste Verfahren wurde wegen eines vermeintlichen Formfehlers (man konnte gegen bestimmte Regierungsmitglieder nicht klagen, da sie Immunität beanspruchten), das zweite zieht sich seit Monaten hin und man versucht, den Kläger zu einem Kompromiss und zur Rücknahme seiner Klage zu bringen. Angesichts des enormen Vertrauensverlustes für Bush junior kann ich sogar ein wenig Verständnis für diese Strategie aufbringen.

Eine von der Regierung gewünschte Nebenwirkung hatte diese für einen Goldproduzenten unübliche Marktverhalten: Der Goldpreis kam und blieb unter Druck, er schied als Denominator also als Vergleichsfaktor gegenüber dem Dollar aus. Man konnte darauf verweisen, dass der Dollar stabil sei, weil er ja gegenüber dem "untrüglichen" Gold im Wert steige. Diese Politik wird in den internen Unterlagen der FED, des US-Schatzamtes und in Aussagen des vormaligen FED-Vorsitzenden Greenspan immer wieder bestätigt.

Die an sich korrekte Aussage "Gold ist kein Zahlungsmittel mehr und daher ein Relikt aus der barbarischen Vergangenheit" ist volkswirtschaftlich zwar richtig, aber dennoch orientieren sich weite Teile der Wirtschaft und der Menschheit an der Aussagekraft der Relation zwischen Gold und US-Dollar. Die Tatsache, dass man den Goldpreis künstlich auch gegen die eigenen Vermögensinteressen (immerhin sind die USA - wenn die veröffentlichten Goldbestände noch bestehen sollten - größter Goldeigentümer der Erde) drückt, so wie es der Bank of England auf politischen Druck gelungen ist, zu Tiefstpreisen Gold zu verkaufen und das britische Volk so um Vermögenswerte von mehr als 1,0 Mrd. US-Dollar zu bringen, um den politisch wichtigen Preis des Goldes zu drücken, spricht dafür, dass die Politik wohl sehr genau weiß, welche Bedeutung der Goldpreis und insbesondere gegenüber dem US-Dollar innehat.


Wie ist nun die Lage bei Barrick? Die Überschrift zu meinem Essay aus 2002 und zum heutigen Kommentar (Desaster Teil II) sagt alles: Desolat.

Warum? Weil die vorausverkauften Goldunzen mit einem Fiktiverlös von ca. 345 US$ pro Unze in den Bilanzen stehen. Zu diesem Preis müsste Barrick - wenn sie ihre Vorausverkäufe erfüllen möchten - Gold in die Hedgebücher einliefern. An sich wäre dies kein Riesenproblem mit dem Unterschied, dass andere Unternehmen für die Unze derzeit am Markt ca. 200 US$ mehr erzielen. Barrick ist also allein schon dadurch Verlierer Nr. 1 am Goldmarkt. Aber dazu kommt ein viel größeres Übel:

Es darf aber nicht übersehen werden, dass sich inzwischen durch die enormen Kostensteigerungen für Stahl, Maschinen und Energie (z.B. für die Förderung der Erze, für Entlüftung, für verschärfte Umweltbedingungen und Entwässerung der Minen) um mehr als 35% seit dem Jahre 2001 erhöht haben. Da Barrick die Erlöse auf der Basis der Jahre 1999 bis 2002 erzielt und verbucht hat, für die Förderung des Goldes aber die Kosten der Jahre 2005 und 2006 zu zahlen hat, stehen Hedgebuch und Bilanzen von Barrick "total unter Wasser". Sie weisen Verluste gegenüber der Buchhaltung in Milliardenhöhe aus. Ich behaupte, dass der Net-Asset-Value von Barrick schon lange unter die
magische Marke von 2,0 US$ gefallen ist.


Was kann Barrick nun gegen diese lebensbedrohliche Lage tun?
  • Politischen Druck ausüben, weil unterstellt werden muss, dass ein Scheitern von Barrick politische und finanzielle Katastrophe wäre, und einige Finanzinstitute (wie damals der Hedgefonds LTCM) in äußerste Bedrängnis gerieten;
oder
  • durch eine Fusion mit einem anderen großen Goldproduzenten die Vertragsbanken ermutigen, und einen neuen Rahmenvertrag anstreben, der die neuen Konditionen des fusionierten Unternehmens im Interesse von Barrick definiert.

Dass genau dies das Motiv war, mit Placer zu fusionieren, die selbst wieder ein großes Problem mit immerhin mehr als 10 Mio. Unzen Vorausverkäufen haben, steht für mich fest. Placer hatte noch einen positiven "Mark-to-Market-Value", zumindest was der letzte veröffentlichte Wert positiv. Nunmehr müssen sich aber die Investment-Banken mit einem Fusionsvehikel beschäftigen, das insgesamt ca. 26 Mio. Unzen Gold zu schlechtesten Bedingungen und ca. 41 Mio. Unzen Silber zu heutigen Schleuderpreisen vorausverkauft hat.

Wenn ein seriöser Unternehmer die Geschäftsführung bei Barrick innegehabt hätte, dann hätte er so wie seine Konkurrenten am Markt seit Jahren langsam die bedrohlichen Leerverkaufspositionen abgebaut und stände schon heute im Gewinn bei den Verkäufen zu Marktpreisen. Barrick wird sich seiner politischen Wichtigkeit bewusst sein und sah keine Veranlassung, von dem alten Pfad abzuweichen.

Ein Blick in die Menschheitsgeschichte lehrt, dass die Dinosaurier ausgestorben sind, weil sie nicht in der Lage waren, sich an geänderte Umweltbedingungen anzupassen.

Barrick hat die Flucht nach vorn angetreten; durch die Fusion mit dem Vizeweltmeister im Vorausverkaufen von Gold hat man nun ein Vehikel geschaffen, das nach Auffassung des Barrick-Managements "too big to fall" (also "zu groß ist, als dass man es fallen lassen könnte").


Fazit

Die Hoffnung könnte für Barrick dann aufgehen, wenn die Haltung der US-Regierung und der FED aus den Jahren 1997 bis 2004 fortgeführt werden sollte, alle Probleme (LTCM, Russland-Krise, Argentinien-Krise, NASDAQ-Blase etc.) durch Schaffung neuer Liquidität zu beseitigen. Steigt aber der auswärtige Druck auf den Dollar und die US-Regierung oder verliert der US-Dollar seine Funktion als Öl- und Reservewährung, dann wird Barrick (und die mit den Goldgeschäften verbundenen Investment-Banken) erkennen müssen, wie Märkte, die nicht "gemanagt" werden, reagieren: Mit der Vernichtung der Marktteilnehmer, die wähnen, gegen den Markt handeln zu können.

Die Volatilität des Goldmarktes zeigt quasi wie ein Seismograph an, dass sich unter der Kruste einiges abspielt. Interessante Zeiten stehen uns bevor. Seien sie engagiert und wachsam, und HÜTEN SIE SICH VOR BARRICK.


© Dietmar Siebholz










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