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Der Bull-Run hatte Geburtstag - und jetzt?

14.03.2016  |  Klaus Singer
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Bisher hatten die Finanzmärkte China, die Emergings Markets, die Ölpreisentwicklung, auch Italien als mögliche Krisenherde im Visier. Japan könnte sich jedoch als das Land erweisen, von dem aus sich ein Flächenbrand entwickelt. Die Abenomics sind mittlerweile in nahezu jeder Hinsicht gescheitert, die dazugehörenden Reformen wurden erst gar nicht eingeleitet. Welche Möglichkeiten bleiben noch?

Die japanischen Zinsen, die Geldumlaufgeschwindigkeit, die BIP-Entwicklung, das Konsumverhalten der Verbraucher, Inflation, Bankzahlen und vieles mehr zeigen die Malaise. Die japanischen Märkte für Aktien und Bonds zeigen extremen Stress, Aktien dürften trotz bereits gedrückter Kurse noch reichlich Potenzial nach unten haben. Die japanischen Konsumenten horten Cash, die Verkäufe von Safes für Privathäuser ziehen kräftig an - Indikatoren für eine sich entwickelnde deflationäre Spirale, in der staatliche Anreize ohne Wirkung bleiben.

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Eine eindrucksvolle Entwicklung - die Geldumlaufgeschwindigkeit sinkt in dem Maße, wie sich die Bilanz der BoJ verlängert (Chartquelle). Das ist aber nicht auf Japan beschränkt. Einen ähnlichen Zusammenhang finden wir, wenn wir die Verhältnisse in den USA betrachten. Die "Monetary Base“ hat seit August 2008 stark zugenommen, die Geldumlaufgeschwindigkeit nimmt hingegen im großen Rahmen seit Mitte der 1990er Jahre kontinuierlich ab.

Der "MZM-Multiplier“ spiegelt mit einem Anstieg die überproportionale Entwicklung liquider Finanz-Mittel wider. Phasen soliderer realwirtschaftlicher Entwicklung sind gekennzeichnet durch flache, bzw. steigende Geldumlaufgeschwindigkeit bei gleichzeitig flachem Verlauf des Multiplikators. Deutlich zu sehen, wie die seit 2003 recht positive Entwicklung Mitte 2006 kippte. Eine ähnlich positive Phase gab es zwischen 1992 und 1997.

Bei dem Spiel mit immer niedrigeren Zinsen geht es auch um die Schwächung der eigenen Währung. Länder mit stärkeren Währungen kaufen dann Güter von Schwachwährungsländern billiger ein, das stützt deren Konjunktur. Umgekehrt werden die Exporte von Ländern mit starker Währung tangiert. Die USA können damit einigermaßen leben, ihr Exportanteil ist relativ klein verglichen mit dem etwa von Deutschland oder Japan. Für Schwachwährungsländer verteuert sich der Import, das ist für die Eurozone etwa so lange kein Problem, so lange die Rohstoffpreise so gedrückt sind wie jetzt.

Versagt aber der Effekt der EZB-Geldpolitik und der Euro steigt gegen Dollar deutlich und nachhaltig an, treten zwei negative Effekte gleichzeitig auf. Die Exporte verteuern sich und die Importe sinken nicht im gleichen Maßstab. Das beeinträchtigt die Gewinnmargen der Exportunternehmen und das schlägt besonders in solchen Ländern wie Deutschland zu Buche.

Was macht der Drogenabhängige, der sich auf seinen Dealer nicht mehr verlassen kann? Er spielt irgendwann verrückt. Genau das steht auf dem Spiel, wenn die Politik der Zentralbanken nicht mehr den erwarteten Effekt erreicht. Die Entwicklung der entsprechenden Währungen ist dafür ein guter Indikator.

Stichwort Öl - seit Jahresbeginn gibt es die nahezu perfekte positive Korrelation: Steigen die Ölpreise, steigen Aktien (und umgekehrt). Nach mehr als einem Jahr abstürzender Ölpreise scheint die Angebotsseite nun zu kapitulieren. Der Ausstoß an US-Öl scheint ein Topp gebildet zu haben, die verwundbarsten OPEC-Länder agitieren für Förderbeschränkungen. Trotzdem bleiben die Ölvorräte auf hohem Niveau. Angesichts der erlahmenden Wachstumskräfte der Weltwirtschaft erscheint es unwahrscheinlich, dass die Ölpreise so weiter steigen wie zuletzt. Mag sein, dass das Niveau von um die 30 Dollar nicht mehr unterschritten wird und letztlich übergeordnet eine graduelle Erholung stattfindet.

Auf der Hoffnung auf eine explosive Erholung der Aktien von Rohstoff- und Energiefirmen basiert die Erwartung einiger Optimisten, dass sich die operativen Gewinne im S&P 500 in diesem Jahr um bis zu 20% verbessern. Das Shiller PE Ratio liegt aktuell bei 25,6 und ist damit deutlich erhöht. Selbst wenn diese 20% Steigerung tatsächlich erreicht würden, käme die Bewertung gerade erst auf ein mittleres Niveau - günstig ist anders.

Wenn man so will, zeigen die Rohstoffpreise seit dem zweiten Quartal 2011 eine erlahmende Weltwirtschaft an. Eine nachhaltige dynamische Umkehr bei den Ölpreisen würde voraussetzen, dass die Weltwirtschaft die Kurve bekommt und wieder dynamisch wächst. Danach sieht es gegenwärtig nicht aus, wie auch vorwärts-schauende Indikatoren, wie der JPMorgan Global Manufacturing PMI (blau) und sein Dienstleistungs-Pendant (rot) zeigen.

Beide sind im Februar abgestürzt (siehe auch hier!), haben die Scheidelinie zwischen Expansion und Kontraktion im Visier. Hinsichtlich USA ist der Dienstleistungsindex besonders relevant. Der jüngste Absturz steht im Zusammenhang mit einer Mitte 2015 eingeleiteten Abwärtsorientierung (Chartquelle).

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Fazit:

Die aktuelle Börsenphase feiert ihren siebten Geburtstag. Japan könnte der Herd eines Flächenbrandes werden. Das Land gilt als das “Mutterland der QE-Maßnahmen”, hier zeigt sich auch am klarsten, dass diese keine wirtschaftliche Belebung hervorgebracht haben. Im Gegenteil - die Verschuldung hat exorbitante Ausmaße angenommen, die Gefahr einer deflationären Spirale nimmt zu.

Angesichts der offensichtlichen QE-Fehlschläge auch in anderen Ländern mehren sich die Zweifel an der Allmacht der Zentralbanken. Das wiederum dürfte die Volatilität an den Finanzmärkten bald wieder anheizen


Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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