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Die gewollte Inflation

06.03.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Zudem sorgt die EZB dafür, dass der Langfristzins über dem Kurzfristzins bleibt. Die Euro-Banken werden dadurch gesundet: Sie refinanzieren die Vergabe von langfristigen Krediten mit kürzerlaufenden Mitteln und machen dadurch Gewinn. Auch dürfte die Marge im Kreditgeschäft wieder ansteigen, und auch das hilft den Gewinnen der Banken. Bei all dem ist der Euro-Geldhalter natürlich der Dumme. Seine Ersparnisse schmelzen dahin.

Es ist unwahrscheinlich, dass die EZB öffentlich verkünden wird, sie werde von ih-rem bisherigen Inflationsversprechen abweichen. Sie wird vielmehr bestrebt sein, eine steigende Inflation - vor allem eine, die über die 2-Prozentmarke steigt - durch "Sonderfaktoren" zu erklären wie zum Beispiel stark gestiegene Energiepreise, die Abwertung des Euro-Außenwertes und anderes mehr.

Denn wenn die Menschen erkennen, dass die steigende Inflation gewollt ist, und dass die erhöhte Inflation von, sagen wir, 3 oder 4 Prozent nicht vorübergehend, sondern dauerhaft ist, ändern sich auch die Inflationserwartungen. Die Marktakteure werden dann ihre Verträge (Löhne, Mieten etc.) anpassen. Sie werden nicht mehr mit einer Inflation von 2, sondern von 3 oder 4 Prozent kalkulieren.

Dann aber ist es vorbei mit der politisch erhofften heimlichen Umverteilungswirkung der Inflation. Die EZB muss zu immer höherer Inflation greifen, um die politisch gewünschte Entwertung des Euro und der in ihm ausgewiesenen Schulden zu erreichen. Und das ist, wie die Währungsgeschichte zeigt, eine gefährliche Abwärtsspirale, die im Extremfall den Währungswert völlig ruinieren kann.

Anders also als vielfach zu hören ist, kehrt im Euroraum die Inflation nicht zurück - weil sie nie weg war. Die Entwertung des Euro ist vielmehr chronisch. Seit die Realzinsen negativ sind, erfasst sie auch zusehends die Ersparnisse. Dass die EZB jetzt auch noch mit einer "etwas höheren Inflation" flirtet, dramatisiert die Lage für die Sparer. Was der Sparer tun kann, zeigt der Artikel auf der folgenden Seite.

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Abbildung links: Quelle: Bloomberg
Abbildung Mitte: Quelle: Bloomberg; eigene Berechnungen. 1) Q1 1995 = 100
Abbildung rechts: Quelle: Bloomberg; eigene Berechnungen. 1) Q1 2000 = 100


Exkurs:

Der Marktwert der Euroraum-Aktien liegt derzeit so hoch wie Anfang 1999, als der Euro eingeführt wurde. Zum Vergleich: Die Kursgewinne der US-Aktien betragen im gleichen Zeitraum knapp 100 Prozent. Was ist die Erklärung?

Aktienkurse reflektieren üblicherweise die Summe der abgezinsten erwarteten Gewinne, die die Unternehmen künftig erzielen werden. So gesehen signalisiert der Euro-Aktienmarkt eine verminderte Leistungsfähigkeit der börsengehandelten Unternehmen im Euroraum.

Während die US-Aktienkurse seit ihrem Tiefstand im März 2009 um knapp 250 Prozent gestiegen sind, haben die Euro-Aktien nur um 84 Prozent zugelegt. Der Blick auf die Aktienmärkte deutet an, dass die Euro-Krise den produktiven Kapitalstock im Euroraum bedauerlicherweise stark und dauerhaft geschädigt hat; und das legt wiederum nahe, dass die wirtschaftlichen Aussichten sich im Euroraum im Vergleich zu den USA durch die Eurokrise deutlich verschlechtert haben.

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Quelle: Bloomberg. 1) Januar 1999 = 100


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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