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Interview: "Die Notenbanken haben das Geldsystem nur augenscheinlich stabilisiert"

17.07.2017  |  Mack & Weise
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Andreas Marquart: US-Notenbankchefin Janet Yellen scheint da anderer Meinung zu sein. Sie sagte dieser Tage in London, sie rechne für viele Jahre nicht mehr mit einer Finanzkrise …

Volker Schnabel: Richtig - die 71-jährige Frau Yellen glaubt kraft ihrer Notenbank-Planwirtschaft fest, dass "zu unseren Lebzeiten" keine Finanzkrise mehr passieren wird. Doch will man auf diese Wissensanmaßung wirklich wetten? Erinnern wir uns doch einmal an einige ähnliche prägnante Aussagen ihrer Amtsvorgänger. Alan Greenspan glaubte 1997, dass "das traditionelle US-Eigenheim zu einem höchst komplexen und ausgeklügelten Instrument geworden ist, das es erlaubt, alle möglichen Finanzprobleme zu lösen … und der in den Häusern versteckte Reichtum auf ganz neue Arten nutzbar gemacht werden kann."

Die von Greenspan´s Wall Street-Freunden prompt erfolgte Nutzbarmachung des versteckten Reichtums hat - natürlich völlig überraschend - keine Finanzprobleme gelöst, sondern "nur" das größte Finanzproblem erschaffen, welches wiederum der Wirtschaftsprofessor Ben Bernanke, der 2006 der Welt versprach, dass die Greenspan´sche Subprime-Immobilienblase "lokal begrenzt wäre und max. zwischen 50-100 Mrd. USD kosten würde", nicht einmal in Ansätzen überschauen konnte. So viel zur unterstellten Weisheit dieser Bürokraten, wenn sie ein Amt bekleiden.

Interessanterweise hatte aber der junge Ökonom Alan Greenspan 1966 eine Analyse der 1930er-Jahre-Depression geliefert, welche jene nahezu gleichen Probleme beschrieb, vor denen die bejubelten Notenbank-Zauberlehrlinge "dank ihres Wirkens" heute wieder stehen:

"Der Überschuss an Krediten, den die Nationalbank von Japan und die Fed in die Wirtschaft gepumpt hatten, sprang auf den Aktienmarkt über - was einen fantastischen spekulativen Boom auslöste. Verspätet wurde von den Vertretern der Federal Reserve versucht, den Liquiditätsüberhang abzuschöpfen und schließlich gelang es auch, den Boom zu stoppen. Aber es war zu spät. […] Die Weltwirtschaft stürzte in die große Depression der 30er Jahre."

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Wie die Zentralbankbürokraten aber dieses heute ungleich größere Problem jemals lösen wollen, ohne eine veritable Krise zu verursachen, wird leider ebenso wenig hinterfragt, wie die von den Notenbanken in den ersten fünf Monaten dieses Jahres neu erschaffene Menge an Zentralbankgeld: 1.500 Mrd. USD! Nie wurde zu irgendeinem Zeitpunkt seit Ausbruch der Finanzkrise mehr Geld als aktuell erschaffen, womit jedermann klar sein dürfte, dass die Aussage Frau Yellens nur einer Realitätsverweigerung gleicht, ist doch die letzte Finanzkrise offensichtlich noch nicht ansatzweise überwunden!


Andreas Marquart: Der Chart zeigt gut, wieviel Geld die Notenbanken geschaffen haben und noch immer schaffen. Wieso reagieren denn die Edelmetalle nicht darauf? Haben Sie eine Erklärung?

Volker Schnabel: Man kann nicht grundsätzlich davon ausgehen, dass das neu geschaffene Geld alle Asset-Klassen gleichzeitig inflationiert. In den letzten Jahren ist dieses Geld vornehmlich in Aktien, Anleihen, Immobilien oder Kunst geflossen, weniger in Gold und Silber.

Wichtig ist aber auch ein anderer, sehr bedeutender Fakt: Der Goldpreis ist ein Derivatepreis, und eben dieses Geschehen an den Derivatemärkten dominiert nicht erst seit heute die Goldpreisentwicklung maßgeblich.


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