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Zur Hölle mit den Zöllen

04.03.2018  |  Robert Rethfeld
Neun Kilometer nördlich von hier (Oberursel) verläuft der Limes. Die Römer erhoben an dieser militärisch gesicherten Grenze Ein- und Ausfuhrzölle. Dinge des persönlichen Gebrauchs sowie das Reiseutensil (Pferd, Kutsche) waren zollfrei. Heute herrscht auf der Höhe des Saalburgpasses nahe dem Römerkastell freie Fahrt - jedenfalls außerhalb des Berufsverkehrs.

Zölle dienten jahrhundertelang als Haupteinnahmequelle eines Staates. Sie waren ergiebiger als jede andere Steuer. Entsprechend wichtig waren sie unter fiskalpolitischen Gesichtspunkten. Der Wirtschaftswissenschaftler Friedrich List war der geistige Vater des Deutschen Zollvereins. List sorgte dafür, dass die etwa 1.800 Zollschranken im Rahmen der Gründung des Deutschen Zollvereins im Jahre 1834 aufgehoben wurden.

Der sich dadurch ergebene Binnenmarkt machte 123 unterschiedliche Währungen obsolet. Lange bevor es zur Gründung des Deutschen Reiches kam, war der Vereinstaler nach diversen Münzreformen und -konventionen das allgemeingebräuchliche Zahlungsmittel in Deutschland. Auf Grundlage des Vereinstalers konnte die Mark im Jahr 1871 im Zuge der Reichsgründung problemlos eingeführt werden.

Zölle zwischen den Nationalstaaten waren bis zum zweiten Weltkrieg gang und gäbe. Nachfolgend sind die Durchschnittszölle auf Importe in Prozent für Frankreich, Großbritannien und die USA dargestellt. Seit dem Jahr 1947 wurden Zölle im Rahmen des GATT deutlich abgebaut.

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Zu Beginn der 1930er Jahre erreichten die Importzölle weltweit einen Hochpunkt. Im Jahr 1931 betrug der durchschnittliche Importzoll in Deutschland 40, in Italien unter Mussolini 48 Prozent.

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Man könnte annehmen, dass die Initiative für höhere Zölle von Europa ausging. Dem war jedoch nicht so. Der Übeltäter war der amerikanische Kongress, der für ein von Willis Hawley und Reed Smoot lanciertes Gesetz im Mai 1929 (Repräsentantenhaus) und im März 1930 (Senat) stimmte. Das "Smoot-Hawley-Tariff-Act" erhöhte die Zölle auf Einfuhren in die USA für über 20.000 Produkte bis zu 50 Prozent. Als Vergeltungsmaßnahme erhöhten viele Staaten ebenfalls ihre Importzölle.

Die protektionistischen Tendenzen verstärkten sich weltweit. Der Welthandel schrumpfte. Das US-Zoll-Gesetz - so sind sich die Historiker einig - trug maßgeblich zur Verschärfung der damaligen Weltwirtschaftskrise bei. Die Bedeutung des US-Zoll-Gesetzes für die US-Aktienmärkte beschreibt Bofa/Merrill Lynch im folgenden Chart.

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Protektionismus hemmt die Weltwirtschaft. Dies lehrt die Geschichte. Donald Trump hat ein schlechtes Timing. Die Einführung von Strafzöllen auf Stahl (25%) und Aluminium (10%) könnte nicht zu einem unglücklicheren Zeitpunkt kommen. China und Japan haben gerade schwächere Wirtschaftszahlen verkündet. China, die EU und auch Kanada werden höchstwahrscheinlich mit Vergeltungszöllen reagieren. So könnte ein Handels-krieg entstehen, der nur Verlierer kennt.

3 Prozent der US-Stahlimporte kommen aus Deutschland, 9 Prozent aus Mexiko, 10 Pro-zent aus Südkorea, 13 Prozent aus Brasilien. Spitzenreiter ist Kanada, aus dem die USA 16 Prozent ihrer Stahl-Importe beziehen. Während Deutschland moderat betroffen ist, wird die Wut in Kanada, Brasilien, Südkorea und Mexiko besonders hoch sein. Hinzu kommt, dass die USA derzeit das NAFTA-Abkommen mit Kanada und Mexiko verhandeln und Zugeständnisse haben wollen.

Protektionismus führt nicht nur zu einer Abschwächung der Weltwirtschaft, sondern lässt auch die Inflationsraten steigen. Beispiel USA: Dort ist der Arbeitsmarkt leergefegt. In-ländische Unternehmen (z.B. die Stahlindustrie) können gar nicht genug liefern, der Preis für Stahl verteuert sich. Zusätzliche Kapazitäten müssen aufgebaut werden. Man braucht Arbeitskräfte, die man nur mit einem höheren Einkommen locken kann, wenn es sie überhaupt auf dem Arbeitsmarkt gibt. Es dauert Jahre, bis Kapazitäten aufgebaut sind.

Nach dem Aktienmarktdesaster (1929 bis 1933) unterschrieb Franklin D. Roosevelt im Juni 1934 den sogenannten "Reciprocal-Tariff-Act", ein Gesetz, das es erlaubte, die US-Handelspolitik mittels bilateraler Verträge zu liberalisieren, indem die Zölle verringert wurden. Bofa/Merrill Lynch sieht Protektionismus als negativ für Aktien an. Der Goldpreis könnte steigen, weil Protektionismus die Inflationsrate erhöhen kann.

Deutschland ist Exportweltmeister und profitiert herausgehoben vom Wegfall der Zollschranken seit dem zweiten Weltkrieg. Ein Wiederaufbau solcher Schranken – man denke an die Auto- oder Maschinenbauindustrie - würde Deutschland ins Chaos stürzen.

Man könnte auf den Gedanken kommen, dass erst eine Abwärtsbewegung an den Aktienmärkten mit den entsprechenden Schmerzen und dem darauffolgenden Druck von Seiten der Wall Street gegenüber Trump dazu führt, dass ein Handelskrieg erlahmt oder gar nicht erst eskaliert.

Die EU und China sollten sich nicht verstecken. Sie sollten jedoch mit Augenmaß reagieren. Kein Politiker sollte soweit gehen, mutwillig oder kaskadenhaft durch eine Expansion von Handelszöllen den Absturz der Weltwirtschaft zu riskieren.


© Robert Rethfeld
www.wellenreiter-invest.de



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