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Die Interventionismus-Falle. Und wie wir ihr entkommen können

04.07.2021  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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(3) Staatliches Kredit- und Geldsystem. - In kaum einem anderen Bereich lassen sich die destruktiven Konsequenzen des Interventionismus so deutlich erkennen wie im staatlich beherrschten Kredit- und Geldsystem. Die staatliche Monopolisierung der Geldproduktion und das Verwenden von Papier- oder "Fiat"-Geld, das durch Bankkredite in Umlauf gebracht wird, befördert nicht nur die Inflation und die damit verbundene, nichtmarktkonforme (Um-)Verteilung von Einkommen und Vermögen. Es führt auch zu Fehlinvestitionen, Kapitalaufzehrung, "Boom-und-Bust"-Zyklen, wachsender Überschuldung und vor allem zu einem sich immer weiter ausdehnenden Staatsapparat zu Lasten der Privatwirtschaft.

Denn das Fiat-Geld ist nicht nur eine Schöpfung des Interventionismus, es dient ihm auch als Wachstumselixier. Vor allem die Krisen, die das Fiat-Geld verursacht, kann der Staat nutzen, um immer größer und mächtiger zu werden. Der Grund: Die Ursache der Krisen wird fälschlicherweise und regelmäßig dem System der freien Märkte angelastet, nicht aber dem Staat mit seinem Interventionismus.

Mit dieser falschen Problemdiagnose ausgestattet, gibt der Staat vor, Maßnahmen gegen Krisen zu treffen: zu regulieren, zu verbieten, vor allem aber durch Zinssenkungen und Ausgabe von immer mehr Kredit und Geld die Wirtschaft zu stützen. Doch dadurch werden die Probleme bestenfalls übertüncht, in Wahrheit jedoch vergrößert. Die Saat für neuerliche Krisen wird gelegt, durch die der Staat noch stärker in Wirtschaft und Gesellschaft eingreifen kann.

(4) Europäische Integration. - Die Europäische Union ist das in der westlichen Welt wohl am weitesten gediehene Großprojekt der Interventionisten.

Sie haben es geschafft, dass mittlerweile 19 Staaten ihre nationale Währungssouveränität an die Europäische Zentralbank (EZB) abgetreten haben - an eine supranationale Instanz, die durch die Wähler in den Nationalstaaten nahezu unkontrollierbar ist.

Die EZB-Räte sind zur zentralen Machtstelle im Euroraum aufgestiegen. Ihre Zins- und Geldmengenvermehrungsentscheidungen befinden über das Wohl oder Wehe von ganzen Nationen.

Die Probleme, die der monetäre Interventionismus der EZB verursacht - beispielsweise die Staatschulden- und Bankenkrise -, befördern Politiken, die das, was vom System der freien Märkte noch übrig ist, auch noch unter die Räder geraten lässt.

Um strauchelnde Staaten liquide zu halten, kauft die EZB deren Anleihen auf - obwohl das gegen das vertragliche Verbot der Haushaltsfinanzierung durch die EZB verstößt. Der Zugang zu billigem Kredit ermöglicht es den Staaten, immer größer zu werden.

Die Staatengemeinschaft schafft sich mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) eine supranationale Verschuldungsebene, die ihnen das Leben auf Pump noch leichter macht.

Zudem wird auch noch die Europäische Union ermächtigt, Schulden aufzunehmen und die Bürger in den Nationalstaaten in Haftung zu nehmen, obwohl das nicht mit geltendem EU-Recht vereinbar ist.

Die Banken, denen im freien Kapitalmarkt niemand mehr etwas leiht, bekommen ihre Refinanzierungsmittel von der EZB - zu Konditionen, von denen private Haushalte und Unternehmen nur träumen können.

Eine Bankenunion wird flankierend auf den Weg gebracht. Offiziell, um das Euroraum-Bankwesen sicherer zu machen, inoffiziell, um den Bankenwettbewerb, die Marktauslese, im Euroraum auszuschalten. Man erkennt: Im Euroraum folgt Intervention auf Intervention, die Interventionismusspirale dreht sich, und zwar immer schneller, und mit jeder weiteren Drehung wird es schwieriger, sie zum Stillstand zu bringen.


III.

Der Interventionismus gibt vor, das "Gute" und "Wünschenswerte" von Kapitalismus und Sozialismus zu nutzen und gleichzeitig das "Schlechte" und "Unerwünschte" dieser Systeme auszuschalten. Er verspricht einen Weg zu beschreiten, der sich "elegant" zwischen Sozialismus und Kapitalismus hindurchzubewegen vermag.

Doch das ist eine verhängnisvolle Fehldeutung. Der Interventionismus ist zweckwidrig. Er ist keine dauerhaft durchführbare Organisationsform gesellschaftlicher Kooperation. Eine Gesellschaft, die sich auf den Interventionismus einlässt, wird früher oder später ein sozialistisch-totalitären System errichten; oder sie lässt vom Interventionismus ab, dann muss sie sich dem Kapitalismus zuwenden - dem System des unbedingten Respekts des Privateigentums. Ein Mittelweg zwischen Sozialismus und Kapitalismus ist nicht gangbar. Entweder Kapitalismus oder Sozialismus, ein Mittelding gibt es nicht.

So gesehen ist auch die "soziale Marktwirtschaft" nichts anderes als eine Ausprägung des Interventionismus - und es ist beileibe keine "unheilvolle Fügung", dass sich in ihr der Staat immer unverhohlener ausdehnt. Im Zuge eines immer stärker um sich greifenden Neo-Interventionismus werden in der gesamten westlichen Welt seit Jahrzehnten freiheitliche Grundprinzipien über Bord geworfen.

Beseelt vom Geist des Neo-Interventionismus dringt der Staat immer weiter in alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche vor, ob Arbeitsmärkte, Energiepolitik, Gesundheitswesen, Altersvorsorge und Kredit- und Geldwesen. Immer mehr staatliche Ge- und Verbote reglementieren und verengen die Handlungsfreiheiten der Bürger und Unternehmer.

Dieser Weg führt, wenn er immer weiter beschritten wird, zur Errichtung eines sozialistischen-totalitären Gemeinwesens: Die schrittweise Verformung der Gesellschaft in eine planwirtschaftliche Konstruktion, die die Freiheit und damit auch den Wohlstand und die friedvolle Kooperation national wie international zerstört.


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