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Verpasste Chance: Deutschland hat es verpennt

14.11.2023  |  Marc Friedrich
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Einer der Hauptgründe für die stark steigenden Zinsen war vor allem die hohe Inflation. Die amerikanische Notenbank musste handeln und hat die Zinsen im Rekordtempo auf 5 Prozent angehoben. Gleichzeitig hat die FED die strengste geldpolitische Straffungskampagne seit Jahrzehnten durchgeführt (Quantitative Tightening).

Doch erstaunlicherweise zeigt sich die amerikanische Wirtschaft nach wie vor robust. Trotz der hohen Zinsen ist das BIP der USA im Sommerquartal um 4,9 Prozent gewachsen – die größte Steigerungsrate seit knapp 2 Jahren. An den Kapitalmärkten hat der rasante Zinsanstieg jedoch tiefe Narben hinterlassen.


Historischer Einbruch am Anleihemarkt

Was wir gerade am Anleihemarkt erleben, ist zweifelsohne ein historischer Einbruch. Über Jahre hinweg haben die Notenbanken die Zinsen immer weiter abgesenkt und durch Quantitative Easing (lockere Geldpolitik), gigantische Summen Geld in den Markt gepumpt. Dadurch hat sich am Anleihemarkt eine gigantische Blase gebildet, die nun die Luft ablässt. Besonders deutlich erkennt man das am Chartverlauf des TLT-ETFs (siehe Abbildung).

Dieser beinhaltet langlaufende US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von mehr als 20 Jahren. Mitte 2020 hatte der ETF ein Hoch bei rund 170 Dollar erreicht. Danach ging es steil bergab bis auf rund 85 Dollar. Ein Kursverlust von sage und schreibe 50 Prozent. Und das auf vermeintlich sicheren US-Staatsanleihen, die eigentlich so gut wie Geld sind und zudem als risikolos gelten.

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Die günstigen Jahre sind vorbei

Man sieht, dass Deutschland durch das krampfhafte Festhalten an der Schwarzen Null, es schlicht und ergreifend verschlafen hat, sich langfristig günstig zu verschulden.

Spätestens mit den Negativzinsen, hätte sich Deutschland mit Schulden vollsaugen müssen, bis zum Maximum wie eine Zecke mit Blut. Wir wären fürs Schuldenmachen sogar bezahlt worden. Damit hätte das Land von Grund auf erneuert werden können mit einer modernen und digitalen Infrastruktur.

Endlich hätte man den über Jahrzehnte entstandenen Renovierungsstau angehen können und wäre sogar noch dafür bezahlt worden. Wir hätten dann neue und renovierte Schulen und Universitäten, eine sinnvolle Familienförderung, um die negative Demographie zu stoppen, Investments in eine digitale Zukunft mit einem europäischen Silicon Valley, einen Staatsfonds, um die Bürger in Zukunft an Wohlstandseffekten partizipieren zu lassen uvm.

Jetzt ist der Zug leider abgefahren. Die Zinskosten werden in den kommenden Jahren eine deutliche Belastung für den Bund darstellen. Gleichzeitig ist aber auch klar, dass mit Blick auf die enormen Schuldenstände, die man dank Lockdown-Politik, Ukraine-Krieg und historischer Fehlentscheidungen angehäuft hat, die Zinsen gar nicht lange auf diesem Niveau bleiben können.

Um es etwas überspitzt auszudrücken: Hätte Deutschland die Niedrigzins-Phase genutzt, um viel Geld zu günstigen Konditionen aufzunehmen, so hätten wir nun vermutlich Autobahnen aus weißem Marmor und öffentliche Design Toiletten.


© Marc Friedrich
www.friedrich-partner.de


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