Funktioniert Trump's fixe Idee vom "Mar-a-Lago"-Abkommen?
11.06.2025 | Hans Jörg Müllenmeister

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Im Gegensatz dazu entfaltet sich in instabilen Inflationsumfeldern, etwa bei Hyperinflation oder Deflation, ein Teufelskreis - ein circulus vitiosus. Die Märkte geraten ins Straucheln, während steigende Lohnforderungen und damit verbundene Produktionskosten in einer unendlichen Spirale ineinandergreifen, was schlussendlich das gesamte wirtschaftliche Gefüge ins Wanken bringt.Geldpolitische Steuerung als vermittelnder Mechanismus
Die Zentralbank agiert als Dirigent eines präzise abgestimmten Wirtschaftskonzerts. Mit gezielten Zinsanpassungen wird das empfindliche Instrumentarium der Geldpolitik in Bewegung gesetzt, um das Inflationsniveau in einem schmalen, kalkulierten Rahmen zu halten - wie der Taktstock eines Meisters, der den Rhythmus einer symphonischen Komposition bestimmt.
Eine behutsam kontrollierte Inflation, die nahe am Idealwert schwingt, nährt das Vertrauen in die wirtschaftlichen Gefüge und stimuliert zugleich Investitionen. Doch in Zeiten, in denen die Preisentwicklung zu heftig aus dem Takt gerät, greifen die Zentralbanken zu restriktiven Maßnahmen - etwa Zinserhöhungen -, die, wenn zu stringenter Natur, das wirtschaftliche Wachstum ausbremsen können. Letztlich liegt der Schlüssel in einer fein austarierten Balance, die langfristig stabile Preise und gesundes Wachstum kunstvoll miteinander verknüpft.
Aus der Trickkiste des Mar-a-Lago-Abkommens
Aus den dunkleren Ecken der wirtschaftspolitischen Experimentierfreude tritt der umstrittene Mar-a-Lago Accord hervor - ein Konzept, das den Blick auf den schuldenbelasteten Dollar in völlig neuem Licht erscheinen lässt. Die Strategie sieht vor, die drückende Last der US-Staatsschulden in langlaufende Instrumente zu transformieren - stellen Sie sich vor, Schulden werden in Papiere verwandelt, die über ein Jahrhundert währen, mit drastisch reduzierten oder sogar fehlenden
Zinsen. Welch ein Irrsinn!
Gleichzeitig werden gezielt Zölle erhoben, um Handelspartner unter Druck zu setzen und die heimische Fertigung als Rückgrat der Wirtschaft neu zu beleben. Diese Maßnahmen orientieren sich sinnbildlich an historischen Präzedenzfällen wie dem Plaza-Abkommen, bei dem globale Akteure gemeinsam den Dollar schwächten, um Handelsbilanzdefizite zu mildern. Doch dieses Vorgehen offenbart ein eklatantes Paradoxon: Während der Dollar als weltweite Leitwährung auftritt, zielt seine absichtliche Schwächung darauf ab, kurzfristige Vorteile zu erlangen - ein Spiel, das das fragile Netz internationaler Finanzbeziehungen gefährdet und langfristige Risiken birgt.
Indirekte Effekte durch Erwartungen und monetäre Antwort
Die subtilen Signale, die von wirtschaftspolitischen Entscheidungen ausgehen, wirken wie unsichtbare Impulse in einem komplexen Netzwerk globaler Märkte. Die bloße Erwartung einer Dollarabwertung kann Unternehmen und Haushalte veranlassen, bereits im Vorgriff auf steigende Preise, ihre Kalkulationen anzupassen. Diese Vorahnung stellt den ersten Stein in einer potenziellen Lohn-Preis-Spirale dar: Höhere Löhne als Reaktion auf steigende Lebenshaltungskosten entfalten eine selbstverstärkende Dynamik, die nachhaltig inflationäre Tendenzen anheizen kann.
Im konstruktiven Rahmen des Plaza-Abkommens basierte der Erfolg zum Teil auf der glaubwürdigen, multilateralen Kommunikation - ein abgestimmter Dialog, der Unsicherheiten minimierte und die Inflationserwartungen zügelte. Im Kontrast dazu erzeugt der unilateral verfolgte Mar-a-Lago-Ansatz eher ein Klima des Misstrauens: Hier reagieren die Märkte mit erhöhter Vorsicht, sodass auch moderate Preissteigerungen in langfristige Sorgen um die ökonomische Stabilität übergehen.
Mögliche Folgen des Mar-a-Lago Accord
Der Mar-a-Lago Accord präsentiert sich als waghalsiger Versuch, den US-Dollar strategisch abzuwerten, um kurzfristig die Exportwirtschaft zu beleben. Doch hinter diesem scheinbar attraktiven Vorstoß verbergen sich tiefgreifende, langfristige Risiken. In einer global vernetzten Wirtschaft, in der Güter und langlebige Produkte über Kontinente hinweg gehandelt werden, bewirkt eine gezielte Schwächung des Dollars zwangsläufig einen Anstieg der Inlandspreise.
Diese Teuerungswelle schneidet in die Kaufkraft der Haushalte und dämpft das allgemeine Wirtschaftsklima, während Verbraucher und Unternehmen gezwungen sind, ihre Ausgaben neu auszurichten - ein Prozess, der mittelfristig das Wirtschaftswachstum bremsen kann.
Gleichzeitig führt der Umbau der US-Staatsschulden in langlaufende, niedrig verzinste Papiere zu einem Klima der Unsicherheit unter Investoren. Das schwindende Vertrauen in die Stabilität des Dollars als globale Reservewährung kann nicht nur die Finanzierungskosten der USA in die Höhe treiben, sondern auch das Land anfälliger für externe Schocks machen.
Während einerseits der Dollar als souveräne Leitwährung inszeniert werden soll, schafft das gezielte Abwertungsszenario ein Paradoxon: Internationale Investoren und Handelspartner beginnen, den Dollar als weniger verlässlich einzustufen, wodurch alternative Währungen - insbesondere solche, die durch harte Werte wie Gold unterlegt sind - an Bedeutung gewinnen. Gleichzeitig leidet eine Wirtschaft, die zu sehr auf isolierte, staatlich gelenkte Branchen setzt, im globalen Wettbewerb an Dynamik und Anpassungsfähigkeit.
Schlussgedanke: Zwischen Skylla und Charybdis
Der Mar-a-Lago Accord steht wie ein waghalsiger Schiffskurs zwischen zwei mythischen Ungeheuern - Skylla und Charybdis - und symbolisiert den ewigen Zwiespalt zwischen kurzfristigen wirtschaftlichen Impulsen und langfristigen Risiken. Die verlockende Aussicht, durch gezielte Maßnahmen den Export kurzfristig zu stärken, wird gleichzeitig von den bedrohlichen Schatten anhaltender Inflation und Finanzmarkt-Unsicherheiten verdorben. Dieses Spannungsfeld zerrt am ohnehin brüchigen Vertrauensfundament des Dollars und treibt strukturelle Ungleichgewichte in die Breite, die das fragile Gleichgewicht der US-Wirtschaft weiter destabilisieren.
Eine dauerhaft robuste Weltwirtschaft ruht jedoch nicht auf der Illusion isolierter, staatlich gesteuerter Eingriffe, sondern auf dem soliden Fundament gegenseitigen Vertrauens - jener altbewährten Tugend, die den merkantilen Dialog beflügelt und den gemeinsamen Fortschritt für alle ermöglicht.
© Hans-Jörg Müllenmeister