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Alexander W. Salter: Die Fed bestimmt nicht den Preis für Kredite. Das tun die Märkte.

27.11.2025
Die jüngsten Entwicklungen auf den Märkten für kurzfristige Kredite erinnern uns rechtzeitig an eine vergessene Wahrheit: Die Federal Reserve ist nicht Herr über die Kreditbedingungen. Sie kann die Zinssätze beeinflussen, aber nicht diktieren. Letztendlich spiegeln die Zinssätze die Angebots- und Nachfragebedingungen im gesamten Finanzsystem wider. Wenn sich diese Bedingungen ändern, weichen die von der Fed festgelegten Zinssätze den Marktgegebenheiten. Genau das beobachten wir derzeit auf dem Repo-Markt.

Bei einem Tagesgeld-Pensionsgeschäft (oder „Repo” in der Finanzbranche) verkauft ein (kreditnehmendes) Finanzinstitut heute Staatsanleihen an ein anderes (kreditgebendes) Finanzinstitut und erhält dafür Dollar, wobei es verspricht, diese morgen zu einem etwas höheren Preis zurückzukaufen. Das Repo entspricht wirtschaftlich gesehen einem besicherten Kredit, wobei der Zinssatz – oder Reposatz – durch den Preisaufschlag impliziert wird. Laut einem aktuellen Artikel von Reuters lagen die Reposätze am Markt in diesem Monat zwischen 4,05% und 4,25%.

Die Fed beteiligt sich auch am Repo-Markt, indem sie heute Staatsanleihen verkauft und sie morgen zurückkauft. Damit will sie eine Untergrenze für den Leitzins schaffen, d. h. verhindern, dass der Leitzins zu weit unter den Zinssatz fällt, den die Fed für Reserven zahlt. Die Repo-Sätze am Markt liegen derzeit jedoch über dem Tagesgeldsatz der Fed (3,75%), dem Zinssatz, den sie für Reserven zahlt (3,90%), und ihrem Zielkorridor für den Leitzins (3,75% – 4,0%). Warum akzeptieren die Marktteilnehmer Tagesgeldsätze, die über dem Zielkorridor der Fed liegen?

Dies ist keine reine technische Kuriosität. Es spricht für die inhärenten Grenzen der diskretionären Geldpolitik. Der Repo-Markt offenbart etwas, was Zentralbanker nicht immer gerne zugeben: Die Fed kann die kurzfristigen Kapitalmärkte nicht im Detail steuern.

Betrachten wir einmal, was die Zinsdifferenz verursacht. Die Bankreserven sind in diesem Jahr deutlich zurückgegangen, da das Finanzministerium die kurzfristige Kreditaufnahme zur Finanzierung der Bundesausgaben erhöht hat. Wenn die Regierung eine Flut neuer Schuldverschreibungen emittiert, müssen interessierte Käufer Bargeld aufbringen. Dieses Bargeld stammt oft aus dem Bankensystem, wodurch die Reserven geschmälert und die Liquidität verknappt werden. Kein Erlass der Zentralbank kann diese Bilanzbeschränkung aufheben.

Wir haben einen Dreikampf um Ziele: Die Fed möchte, dass die kurzfristigen Kreditbedingungen ihre Politik widerspiegeln. Das Finanzministerium möchte Mittel zu möglichst geringen Kosten beschaffen. Das Bankensystem möchte die Flexibilität seiner Bilanzen bewahren. Wenn diese Ziele aufeinanderprallen, bewegen sich die Zinssätze. Sie können sich in einer Weise anpassen, die die Fed bevorzugt – oder auch nicht. Trotz all ihrer Macht ist die Fed nur einer von vielen Akteuren, und ihre Instrumente sind durch die wirtschaftliche Realität begrenzt.

Das Problem ist, dass die Entscheidungsträger der Fed regelmäßig ihre Fähigkeit überschätzen, Märkte zu steuern, deren interne Dynamik sich ihrer Kontrolle entzieht. Übermäßiges Selbstvertrauen führt zu einem schlechten Erwartungsmanagement – sowohl innerhalb als auch außerhalb der Zentralbank. Kommentatoren sprechen, als seien Zinssätze politische Variablen und keine Marktpreise. Politiker gehen davon aus, dass die Fed mit genügend Entschlossenheit jedes gewünschte makroökonomische Ergebnis erzielen kann.

Selbst einige Geldwirtschaftler verfallen dieser fehlgeleiteten Denkweise. Wir dürfen nicht vergessen: Die von der Fed festgelegten Zinssätze funktionieren nur, wenn sie mit den tatsächlichen Kreditbedingungen übereinstimmen.

Die Fed kann die Marktzinsen nicht per Dekret senken. Sie kann zwar Vorzugsbedingungen anbieten, aber sie kann die Gegenparteien nicht zwingen, mit ihr zu handeln. Wenn die Reserven knapp sind, können Finanzinstitute mit hohen Reserven einen Teil davon an Finanzinstitute mit geringen Reserven zu einem höheren Zinssatz als dem von der Fed gezahlten verleihen. Letztendlich sind die Instrumente der Fed nichts Magisches. Sie funktionieren nur in dem Maße, wie sie mit den Fundamentaldaten des Marktes übereinstimmen.

Eine freie Gesellschaft braucht öffentliche Institutionen, die ihre Grenzen erkennen. Eine solide Geldpolitik erfordert vor allem Bescheidenheit. Die eigentliche Aufgabe der Zentralbank besteht darin, den Wert des Geldes zu erhalten, und nicht darin, am Preis von Krediten herumzupfuschen. Die Struktur der Zinssätze – also der Preise, die die Allokation von Kapital koordinieren – ist Aufgabe der Märkte und nicht der Bürokratie.

Aus diesem Grund sind regelbasierte geldpolitische Rahmenbedingungen so wichtig. Eine Zentralbank, die mit einem engen Mandat (d. h. Preisstabilität) arbeitet, gibt nicht vor, jede Schwankung der Kreditbedingungen feinabstimmen zu können. Sie verwechselt ihre administrierten Zinssätze nicht mit echten Marktpreisen. Und sie versucht nicht, die Trends auf dem Repo-Markt ihrem technokratischen Willen unterzuordnen. Regeln zwingen die politischen Entscheidungsträger dazu, das Offensichtliche zu akzeptieren: Die Märkte bestimmen die Preise.

Die aktuelle Repo-Dynamik ist eine Lektion, keine Krise. Sie offenbart die komplexe Wechselwirkung zwischen Fiskalpolitik, Bilanzbeschränkungen und Liquiditätspräferenzen. Aber sie offenbart auch ein tieferes Prinzip. Die Fed schlägt einen Tagesgeldsatz vor, der Markt verteilt die realen Ressourcen. Wenn beide voneinander abweichen, hat der Markt das letzte Wort.

Unsere Währungsinstitutionen wären stärker, wenn sie diese Realität akzeptieren würden, anstatt sich ihr zu widersetzen. Die Stabilisierung des Geldwertes ist die eigentliche Aufgabe der Fed. Zinsen als Preis für Kredite gehören in den Markt. Wenn politische Entscheidungsträger diese Unterscheidung vergessen, schadet die daraus resultierende Verwirrung genau der wirtschaftlichen Koordination, die freie Märkte so hervorragend leisten.


© Alexander William Salter



Der Artikel wurde am 25. November 2025 auf www.gold-eagle.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


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