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Warten auf etwas "Großes"

25.09.2011  |  Klaus Singer
Die "Märkte" haben (schon lange) kein Vertrauen mehr in die europäische Politik, hinsichtlich der US-Politik sieht es nicht viel anders aus. Seit Mitte dieser Woche scheinen sie auch keines mehr in die Fed zu haben.

Die Fed hatte am Mittwoch im Kommunique ihrer FOMC-Sitzung von "significant downside risks" gesprochen (siehe im Blog!). Gleichzeitig sagte sie, die Konjunktur werde sich wahrscheinlich schnell weiter erholen. Angesichts dieser widersprüchlichen bis negativen Aussichten - sie hatte bisher nur von "downside risks" (ohne "significant") gesprochen - empfanden die großen Marktakteure die beschlossenen (und erwarteten) Maßnahmen wohl als Tropfen auf den heißen Stein.

In der Tat - die "Operation Twist" ist zunächst auf ein Volumen von 400 Mrd. Dollar bis Juni 2012 veranschlagt. Das nimmt sich bescheiden aus gegen die Summe von über 1 Bill. Dollar, die zuvor in QE-Programme geflossen ist. Zumal der "Twist" von der Geldmengenwirkung her neutral ist, es werden lediglich Fristen verlagert. Die Bilanzsumme der Fed soll durch "Twist" nicht über den jetzt erreichten Wert von 2,85 Bill. Dollar hinaus steigen.

Die "Märkte" reagierten noch am Mittwochabend mit heftigen Abschlägen, die sich am Folgetag mit vermehrter Dynamik fortsetzten. Der Dollar-Index stieg deutlich an und zeigt, dass der Greenback beschleunigt heimgeholt wurde. TBonds wurden gekauft, als gebe es morgen keine mehr. Die langfristigen Zinsen haben ein neues historisches Tief markiert.

Der IWF hatte am Tage vor dem Fed-Beschluss in seinem "global financial stability report" ein düsteres Bild von der Weltkonjunktur gezeichnet und insbesondere auch auf den Umstand hingewiesen, dass die Banken besonders in Europa, aber auch anderswo rekapitalisiert werden müssen. Die Verfassung der Staatsfinanzen allerdings lässt dazu wenig Spielraum. Die Fed torpediert mit "Twist" die Bank-Margen. Das traditionelle Bank-Geschäft besteht darin, zu kurzfristigen Zinsen zu leihen und zu langfristigen zu verleihen. Mit "Twist" wird ihre ohnehin schon schwache Stellung noch verschlechtert.

Insgesamt also eine Situation, die sehr an die Tage nach der Lehman-Pleite im September 2008 erinnert. Damals hatten die "Märkte" das Vertrauen in die Allmacht der Fed verloren und mit dem Crash des Herbstes 2008 reagiert.

Auch wenn Fed-Chef Bernanke die meiste Zeit seines Berufslebens an der Universität mit Studien über die Zeit nach 1929 verbracht hat, so dürften er und seine Mannen von der Marktreaktion auf das FOMC-Kommuniqué mit der "müden" Antwort auf die allgegenwärtigen Probleme nicht sonderlich überrascht sein.

Wenn also keine taktische Fehleinschätzung vorliegt, was steckt dahinter? Entweder schätzt die Fed die Lage so ein, dass momentan Abwarten und Pulver trocken halten besser ist als gegen eine Entwicklung angehen, die sich zunächst "austoben" muss. Oder sie hat etwas "in peto", dem sie nicht vorgreifen will. Was könnte das sein? Vielleicht wird hinter den Kulissen an einer globalen, konzertierten Aktion gearbeitet. Vielleicht ein "Haircut" bei Schuldenstaaten (Griechenland, auch Italien usw.) mit Rekapitalisierung, bzw. Verstaatlichung strauchelnder Banken?

Dazu passt, dass heute Weltbank und IWF zu ihrer Jahrestagung zusammenkommen. Die G20 hatten auf ihrer gestrigen Sitzung schon gesagt: "Wir verpflichten uns, alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um die Stabilität des Bankensystems und der Finanzmärkte wie erforderlich zu gewährleisten." Die Zentralbanken seien bereit, die Finanzinstitute mit der nötigen Liquidität zu versorgen. Die Regierungen der G20 würden sicherstellen, dass die Banken über genügend Kapital verfügen. Details wurden nicht veröffentlicht. Es verlautete lediglich, die Mitglieder der Euro-Zone seien übereingekommen, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Flexibilität des EFSF zu vergrößern. Das ist nicht besonders neu.




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