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Kupfer: Das Ende eines mittelfristigen Zyklus

28.10.2005  |  Eugen Weinberg
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Angebot, Reserven und Flaschenhälse

  • Verfügbare Reserven

  • Die Problematik schrumpfender Ressourcen steht auf den ersten Blick bei Kupfer noch eher im Vordergrund als bei anderen nicht erneuerbaren Industrie- oder Edelmetallen. Die offiziell ausgewiesenen Kupferreserven betragen lediglich 470 Mio. Tonnen bei einer jährlichen Weltminenproduktion von rund 15 Mio. Tonnen. Somit beträgt die Lebensdauer dieser Reserven etwa 30 Jahre und liegt damit noch unter der von Rohöl. Diese Zahl, auch Statistische Reichweite genannt, deutet auf den ersten Blick auf die baldige Notwendigkeit einer Erschließung zusätzlicher Ressourcen und auf eine allgemeine Erschöpfung der Reserven hin. Allerdings liegt diese Kennzahl schon seit vielen Jahrzehnten bei 30 Jahren und im Moment gibt es noch keine Anzeichen einer baldigen Verlangsamung der Erkundungs- und Produktionsraten. Verbesserte Explorations- und Gewinnungstechniken, eine breitere Anwendung von SX-EW Methoden gepaart mit höheren Recycling-Quoten führen im Gegenteil eher zu einer Stabilisierung und Steigerung der Lebensdauer der nachgewiesenen Reserven.

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    Bei der Ressourcenkategorisierung unterscheidet man zwischen Reserven (nachgewiesene und wahrscheinliche) und Ressourcen (gemessene, angedeutete und abgeleitete), wobei Reserven als bei heutigen Preisen mit vorhandenen Methoden bereits wirtschaftlich abbaubar definiert werden. Dabei sollte man berücksichtigen, dass die jetzige Kategorisierung meistens bei weitaus niedrigeren Preisen erfolgte. Kupferproduzenten rechnen mit den historischen Durchschnittspreisen von 0,80-1,00 USD pro lbs., wobei der aktuelle Kassakurs bei über 1,40 USD pro lbs. liegt. Bei heutigen Preisen könnte vermutlich nicht nur die Gesamtreservenbasis von 940 Millionen, sondern zusätzlich auch ein großer Teil der erkundeten Kupferressourcen von über 1,5 Milliarden Tonnen in Reserven umgewandelt und wirtschaftlich abgebaut werden. Aber auch diese Schätzungen, die bereits auf eine Ressourcenlebensdauer von über 150 Jahren hindeuten, könnten sich bald als zu konservativ herausstellen.

    Die vor kurzem erfolgte Erfassung der US-amerikanischen Kupferressourcen zeigte, dass allein in den USA die erkundeten Kupferressourcen 260 Millionen Tonnen und die abgeleiteten Ressourcen 290 Millionen Tonnen betragen, was mehr als doppelt soviel ist als zuvor angenommen. Unserer Ansicht nach könnten die tatsächlich verfügbaren Ressourcen die offiziellen Angaben, die schon seit langer Zeit nicht mehr aktualisiert wurden, in Wirklichkeit um ein Mehrfaches übersteigen. Dieser positive Ausblick für die zukünftige Verfügbarkeit von Kupferressourcen wird außerdem durch gewaltige Ressourcen von schätzungsweise über 700 Millionen Tonnen auf dem Meeresboden untermauert.

    Außer den Ressourcen auf dem Land verfügen die Meeresböden über riesige Kupferressourcen. Bereits in den sechziger und siebziger Jahren wurden zahlreiche Erzvorkommen in der Tiefsee exploriert und gleichzeitig die technischen Förderungsmöglichkeiten entwickelt. Eine relativ hohe Konzentration von Metallen findet man meistens in Manganknollenfeldern und in Erzkrusten mit hohem Mineralgehalt an Mangan (27-30%), Kupfer (1,3%), Nickel (1,4%) sowie Kobalt (0,5%) (Clarion-Clipperton Bruchzone). Trotz ihrer weiten Entfernung von der Küste und großer Tiefe können mehrere Tiefseevorkommen mit der heutigen Gewinnungstechnologie bereits wirtschaftlich abgebaut werden.

    Auch wenn Kupferressourcen langfristig begrenzt verfügbar sind, sehen wir noch keinen Grund zur Sorge um die weltweite Kupferversorgung. Die offiziellen Reservenschätzungen lassen zu viele förderbare Ressourcen außer acht und sind darüber hinaus nicht zuverlässig. Die Lebensdauer aller Ressourcen dürfte sogar über 200 Jahre betragen.


  • Überirdische Bestände an Metallbörsen und Kupferschrott

  • Anders als bei Ressourcen im Boden sieht die Situation bei den überirdischen Beständen aus. Von den Gesamtressourcen von über 2,6 Milliarden Tonnen hat man im Laufe der Zeit rund 320 Millionen Tonnen bzw. 12% bereits abgebaut. Kupfer ist das am besten wieder verwendbare Metall überhaupt und kann beliebig oft zu Kupferraffinade eingeschmolzen werden. Beim Recycling entsteht ein hochwertiges Qualitätskupfer, das keine Qualitätsunterschiede zum aus Erzkonzentrat hergestellten Kupfer aufweist, egal wie oft der Raffinierungsprozess wiederholt wird. Außerdem wird Kupfer im Gegensatz zu Rohöl nicht verbraucht, sondern nur genutzt. Aus diesen Gründen spielen überirdische Bestände an raffiniertem Kupfer und Schrott auf dem Kupfermarkt eine wichtige Rolle. Diese Bestände bilden aufgrund ihrer erheblichen Größe eine echte Alternative zur Minenproduktion. Mit steigendem Kupferpreis steigt auch die Bereitschaft, Schrott wiederzuverwenden. Mehr als 12% der Kupferraffinade kommt mittlerweile aus der Schrottschmelze.

    Aufgrund seiner auf nur wenige große Minen konzentrierten Produktion ist Kupfer für starke Preisschwankungen anfällig. Um diese Volatilität zu reduzieren und sich vor möglichen Produktionsausfällen zu schützen, unterhalten sowohl die Produzenten als auch die Verbraucher große Kupferreserven. Die von Ihnen nicht benötigte Produktionsmenge wird in lizenzierten Lagerhäusern an den Weltmetallbörsen in London, New York und Shanghai gelagert. Da die Kupfermengen bei Produzenten und Verbrauchern oft über Jahre hinweg relativ stabil bleiben, schlägt sich ein Überschuss oder Defizit am Kupfermarkt in einer Veränderung der Börsenlager nieder.

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    Überschüssiges Kupfer wird bei einem Überangebot von den Lagerhäusern absorbiert und umgehend in Phasen der Kupferknappheit wieder verkauft. Dadurch ist die seit Jahrzehnten bestehende nahezu perfekte negative Korrelation zwischen der Entwicklung der Kupferpreise und der Lagebestände zu erklären. Damit ist ebenso gut zu verstehen, warum der Markt beim Fehlen preisbewegender Nachrichten von der Wirtschaftsfront auch kurzfristigen Entwicklungen der Lagerbestände eine große Bedeutung beimisst. Allerdings sind die Lagerbestände an den Metallbörsen im Jahre 2004 um rund 90% gefallen und wir glauben, dass die Märkte mittlerweile alle gute Nachrichten von dieser Seite eingepreist haben. Zwar macht das absolut tiefe Niveau der Bestände einen kurzfristigen Engpass und folglich auch einen scharfen Preisanstieg wahrscheinlicher, was spekulatives Verkaufsinteresse abschrecken würde. Jedoch können die Bestände von diesem Niveau aus fast nur noch steigen und die Preise sind damit mittelfristig für Gewinnmitnahmen anfällig.

    Neben Produzenten, Konsumenten und Lagerhäusern verfügen auch Händler über große Reserven an raffiniertem Kupfer. Während die Lagerbestände bei den Produzenten und Endverbrauchern relativ stabil sind, schwanken die Händlerbestände erheblich. Diese Bestandsveränderungen sind verwunderlich, da die Händler die Produkte nur durchhandeln. Die großen angelsächsischen, schweizerischen und japanischen Kupferhandelshäuser verhalten sich aber oft opportunistisch und versuchen, den Markt über gezielte Käufe teilweise zu kontrollieren und in die von ihnen gewünschte Richtung (meistens nach oben) zu lenken. Spätestens seit dem Sumitomo Skandal im Jahre 1996 schwebt der Mythos der Verschwörung der großen Händler über dem Kupfermarkt. Mehr als zehn Jahre lang hat Yasuo Hamanaka, der damalige Chef Trader von Sumitomo und Global Minerals und einflussreichster Kupferhändler weltweit, den Weltkupfermarkt durch rein spekulative Käufe von Forwards-Kontrakten manipuliert. Eine gewisse Diskrepanz zwischen der Entspannung bei Kupferkonzentrat und Engpässen bei Kupferschmelzen veranlasst einiger Marktteilnehmer auch jetzt, die Schmelzenbetreiber der Manipulation zu verdächtigen. In der Tat war die relativ große Anzahl an Schließungen von Schmelzöfen anlässlich Wartungsarbeiten im ersten Quartal für diese Phase des Zyklus etwas ungewöhnlich. Allerdings sehen wir das nur als eine Bestätigung dafür, dass wegen der fehlenden Markttransparenz, kurzfristige Entwicklungen bei Kupfer nur schwer prognostizierbar sind und der Markt insgesamt äußerst volatil bleibt.

    Insgesamt sind wir der Meinung, dass während einer Rohstoffhausse die statistisch nicht erfassten Reserven oft das Mehrfache der ausgewiesenen ausmachen können. So halten sich einige Produzenten und Großhändler mit Verkäufen zurück bzw. unterhalten große Lagerbestände außerhalb der Börsen, um den Schein einer unausweichlichen Knappheit zu erzielen und von den daraufhin steigenden Preisen zu profitieren. Auch die Konsumenten kaufen auf Lager ein, um ihre Gewinnmargen vor einem weiteren Preisanstieg teilweise zu schützen. Wenn die Preise anschließend einbrechen, füllen sich die Vorratsbestände oft erstaunlich schnell wieder auf. Wir können aus diesem Grund nicht ausschließen, dass eine bevorstehende Korrektur am Kupfermarkt ähnlich verlaufen wird und anlässlich einer raschen Steigerung der Kupfervorräte die Preiskorrektur sehr stark ausfällt.


  • Konzentratangebot und Schmelzengpässe

  • In der Niedrigpreisphase der achtziger und neunziger Jahre wurden die Investitionen in neue Produktionskapazitäten massiv zurückgefahren. Die bescheidene Rentabilität der Kupferproduktion führte teilweise zu Schließungen von Kupferminen und Verarbeitungsstätten. In dieser Situation stieß die unerwartet schnell steigende Nachfrage aus Asien auf ein nicht ausreichendes Angebot, das nicht schnell genug ausgeweitet werden könnte. Nicht ausreichende Produktionskapazitäten führen zu Engpässen.

    Folglich traten letztes Jahr die ersten Engpässe auf dem Konzentratmarkt auf, da die Eröffnung neuer Minen und Minenausbau aufwändig ist und oft Jahre in Anspruch nimmt. Außerdem besteht bei Konzentrat fast eine Oligopol, da ein Großteil der Produktion auf nur wenige große Kupferminen mit einer Produktion von über 100.000 Tonnen jährlich entfällt. Rund drei Viertel der Konzentratproduktion entfällt auf lediglich 30 Minen, wobei 10 Projekte für mehr als die Hälfte der Gesamtproduktion verantwortlich sind. Aus diesem Grund spielen unerwartete unternehmensspezifische Produktionsprobleme eine ausgesprochen wichtige Rolle am Markt. Zusätzlich zur Preissteigerung, bedingt durch die schnell steigende Nachfrage, hat sich auch die Angebotssituation letztes Jahr wegen einzelner Produktionsprobleme deutlich angespannt, z.B. durch den Erdrutsch in der zweitgrößten Kupfermine weltweit, Grasberg in Indonesien, die allein für 7% der weltweiten Produktion verantwortlich ist.

    Außerdem wurde die Produktion auf der größten Kupfermine der Welt mit über 10% Anteil an der Gesamtproduktion, Escondida in Chile, nicht so schnell wie erwartet auf die normale Kapazität ausgeweitet. Mittlerweile hat sich die Versorgungssituation am Konzentratmarkt aber deutlich entspannt, so dass wir für dieses Jahr mit einem Produktionsüberschuss rechnen. Dabei wurden nicht nur die Produktionskapazitäten von existierenden Minen stark ausgeweitet, sondern auch einige Projekte, die in der Niedrigpreisphase geschlossen wurden, wieder in Betrieb genommen.

    Auf eine entspannte Situation am Konzentratmarkt deuten außerdem die relativ hohen Verarbeitungskosten für Konzentrat hin. Eine ausreichende Versorgung mit dem Ausgangsmaterial Konzentrat bei einer gleichzeitig steigenden Nachfrage nach Raffinadekupfer führt zur stärkeren Auslastung der Schmelzkapazitäten und folglich steigenden Schmelz- und Raffinierungskosten. Die Verarbeitungskosten sind von ihrem historischen Tief von unter 0,05 USD pro lbs. im Jahre 2003 auf mittlerweile 0,40 USD pro lbs. gestiegen und machen somit fast ein Drittel des momentanen Kupferpreises aus.

    Einer der wichtigsten Gründe für die jüngste Preissteigerung waren die Engpässe bei Schmelzöfen weltweit. Diese plötzliche Verknappung der Schmelzkapazitäten ist aus unserer Sicht auf die für diese Zyklusphase untypisch hohe Anzahl an Schließungen von Schmelzöfen in Asien anlässlich Wartungsarbeiten zurückzuführen. Während die Produktion hauptsächlich auf Amerika, Europa und Australien entfällt, verfügen asiatische Länder über hohe Schmelzkapazitäten. Die Kupfergewinnung ist ein langer sowie aufwändiger Prozess und Engpässe in nur einer Produktionsstufe führen wegen der Verkettung einzelner Produktionsschritte automatisch zu einer reduzierten Ausgangsmenge. Insgesamt fällt eine richtige Einschätzung verfügbarer Schmelzkapazitäten und ihrer Auslastung schwer, weil sich ein Großteil davon in den Ländern mit geringer Markttransparenz befindet.

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    Eine kurz- bis mittelfristige genaue Einschätzung der Angebotsseite fällt oft schwer aus. Dies ist durch die hohe Konzentration von Produktionskapazitäten auf wenigen Projekte und der damit verbundenen unternehmensspezifischen Unsicherheit bedingt. Außerdem befinden sich viele Kapazitäten in Ländern mit geringer Markttransparenz, was diese Einschätzungen zusätzlich erschwert. Da der Effekt kurzfristiger Entwicklungen eine systematische Tendenz zu Preissteigerungen haben dürfte (die meisten Ereignisse sorgen für Spannungen am Markt), sollte der Kupferpreis eine Risikoprämie aufweisen. Deswegen glauben wir, dass trotz einer bevorstehenden Entspannung am Markt für raffiniertes Kupfer, die Preise nicht mehr auf ihre alten Tiefs zurückgehen werden, weil der Markt diese Risikoprämie sukzessive einpreisen wird. Allerdings ist das jetzige Preisniveau anfällig für kurzfristige Korrekturen, da die Konzentratproduktion mittlerweile Überschusse aufweist und die Flaschenhälse bei Schmelzöfen relativ bald beseitigt werden sollen.

    Eine weitere Unterstützung für den Kupferpreis bieten die gestiegenen Preise für andere Metalle und Energie. Die Investitionsausgaben für den Ausbau der Mineninfrastruktur und Modernisierung sind durch erheblich hohere Stahl- und Industriemetallpreise deutlich gestiegen. Darüber hinaus hat sich der Transport in Folge der Rohölhausse erheblich verteuert. Außerdem verlangen jetzt die ressourcenreichen Staaten aufgrund der verbesserten Ertragssituation bei den Minengesellschaften deutlich höhere Steuern und Royalties. Die Situation im Bereich der Verschiffungskapazitäten bleibt zudem noch deutlich angespannter als bei Rohöl. Die Rohstoffpreishausse löste eine Kostensteigerungsspirale aus und um die Margen aufrecht zu halten, geben die Rohstoffunternehmen die gestiegenen Kosten über Preiserhöhungen weiter.

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    Zusätzliche Entspannung von der Angebotsseite dürfte über die in unterschiedlichen Anwendungsbereichen mögliche Substitution von Kupfer bevorstehen. Das Hauptsubstitutionsprodukt für Kupfer ist das wesentlich billigere Aluminium, das ähnlich wie Kupfer für Stromdrähte, elektrische Geräte, Motorkühler, Heizelemente und Schläuche verwendet werden kann. Auch Stahl wird oft statt teurerem Kupfer für Wärmetauscher und in der Rüstungsindustrie verwendet. Im Telekommunikationsbereich werden zunehmend optische Leiter und für Wasserleitungen Kunststoff statt Kupfer genutzt. Angesichts der großen Preisunterschiede zwischen einzelnen Materialien sollte der Trend zur Substitution langfristig zur Abkühlung der Kupferhausse beitragen. Wir glauben somit, dass sich die Situation am Kupfermarkt entspannt und die Preise in den nächsten Monaten um rund 20% nachgeben werden.




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