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Kupfer: Das Ende eines mittelfristigen Zyklus

28.10.2005  |  Eugen Weinberg
- Seite 4 -

Prognose

Die Nachfrage nach raffiniertem Kupfer hat sich in den letzten Jahren aufgrund eines unerwartet hohen Wachstumstempos im asiatischen Raum schneller ausgeweitet als das Angebot. Die Angebotsseite reagierte mit einer deutlichen Verszögerung und einer geringeren Ausweitung als erwartet. Nicht nur bei der Kupferkonzentratproduktion, sondern auch in anderen Phasen der Produktionskette, kam es zu Engpässen. Besonders stark dabei belasten die nicht ausreichenden Schmelzkapazitäten, die in diesem Jahr wegen einer untypisch hohen Anzahl an Schließungen anlässlich Wartungsarbeiten reduziert wurden. Mittlerweile scheint sich die fundamentale Situation allerdings beruhigt zu haben und am Konzentratmarkt sind aus unserer Sicht bereits erste Anzeichen eines Überangebots zu sehen. Sehr hohe Schmelz- und Raffinierungskosten deuten auf eine ausreichende Konzentratmenge hin.

Zu der Preisexplosion trägt außerdem die Nachfrage von Finanzinvestoren bei, die aufgrund niedriger Zinsen nach Renditechancen suchen. Der Rohstoffsektor wird dabei als eigene Rohstoffklasse angesehen und das Anlegerinteresse sollte mittelfristig weiter zunehmen. Wir glauben allerdings, dass die überdurchschnittlich hohe Anzahl der ausstehenden Long-Positionen von Spekulanten kurzfristig zu einem Preiseinbruch führen könnte, wenn diese glattgestellt werden.

Die Situation bei überirdischen Beständen, die sich bereits auf einem kritischen Niveau befinden, ist u.E. überzogen. Die Lagerbestände an den Weltmetallbörsen sind im letzten Jahr um knapp 90% gefallen und erwecken den Anschein einer bevorstehenden Knappheit. Wir glauben dagegen, dass der Engpass bei den Lagerbeständen in den kommenden Monaten beseitigt wird. Die Lagerbestände bei Produzenten, Händlern und Konsumenten dürften in Erwartung weiterhin steigender Preise zudem erheblich sein. Dies birgt die Gefahr einer rasanten Auffüllung der Börsenbestände, wenn die Preise erstmals korrigieren. Das absolute Niveau ist so niedrig, dass die Bestände aus heutiger Sicht aus fast nur steigen können. Im Moment sehen wir eine erhöhte Gefahr einer heftigen Korrektur, da sich die konjunkturelle zyklischen Nachfrage nach Kupfer seinem mittelfristigen Zenit zu nähern scheint. Die Preise für andere Basismetalle und Stahl haben bereits gedreht und ihre historisch sehr starke Korrelation deutet auf eine sich verlangsamende Nachfrage nach Metallen weltweit und somit fallenden Kupferpreise hin. Dennoch glauben viele Anleger derzeit, dass sich die Situation am Markt von der Vergangenheit grundsätzlich unterscheidet und die jetzige Rohstoffhausse nicht mehr zyklischer Natur ist und sich der ungebremst fortsetzt. Jedoch weisen wir daraufhin, dass ähnlich unbegründete optimistische Meinungen schon bei den letzten raschen Anstiegen in den Jahren 1990 und 1996 zu beobachten waren und einen Wendepunkt markierten.

Wir glauben zwar auch, dass der jetzige Aufwärtstrend teilweise auf strukturelle Veränderungen in der Angebot-Nachfrage-Situation zurückzuführen ist. Aufgrund einer hohen Wachstumsdynamik weltweit, steigender Nachfrage nach Rohstoffen als Diversifizierungsinstrument und hohen Produktionskosten sollte die Korrektur aber nicht so stark ausfallen wie in der vergangenen Zyklen. Trotzdem bleibt die Nachfrage weiterhin zyklisch und wir gehen davon aus, dass sich die neuesten auf eine Nachfrageabkühlung gerichteten Maßnahmen der chinesischen Regierung sich als erfolgreich erweisen werden.

Außerdem befindet sich der Kupferpreis mittlerweile auf einem sehr hohen absoluten Niveau, auf dem er für Gewinnmitnahmen anfällig ist. Die Futures-Märkte deuten bereits auf eine baldige Entspannung der Versorgungssituation bei Raffinadekupfer hin, was man anhand der großen Backwardation, d.h. einer hohen negativen Differenz zwischen den Kassaund Futures-Kursen, deutlich sieht. Diese Backwardation galt bereits in der Vergangenheit als zuverlässiger Indikator für eine bevorstehende Korrektur. Im Gegensatz zur Vergangenheit glauben wir allerdings, dass die nachhaltigen Veränderungen der Angebot-Nachfrage Situation helfen sollte, den Kupferpreis über den historischen Durchschnittkursen von 0,80-0,90 USD pro lbs. zu stabilisieren.

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Nach unserer Auffassung sollte der Kupferpreis unter Annahme einer stabilen wirtschaftlichen Entwicklung weltweit in den nächsten Monaten zunächst um rund 20% auf circa 1,20 USD pro lbs. korrigieren. Sogar ein weiterer Preisverfall auf ca. 1 USD pro lbs. ist u.E. nicht ausgeschlossen, falls sich die Nachfrage schneller abkühlt und die Lager für Raffinadekupfers an den Metallbörsen schneller als erwartet aufgefüllt werden. Dabei erwarten wir, dass aufgrund einer ausreichenden Versorgung am Konzentratmarkt die Verarbeitungskosten weiterhin stabil auf einem hohen Niveau über 0,20 USD bleiben. Aufgrund dramatisch angezogener Produktions-, Verarbeitung- und Transportkosten und steigendem Anlegerinteresse glauben wir daher nicht, dass der Kupferpreis in absehbarer Zukunft auf seine historischen Durchschnittpreise unter 1 USD pro lbs. fallen wird.


© Eugen Weinberg



(Quelle: Die Studie wurde Ende Mai 2005 von der DZ Bank AG Frankfurt/Main publiziert.)









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