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Vom Herdentrieb und der Massenpsychologie 2015

16.03.2015  |  Philip Hopf
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Der natürliche Ablauf von Progression und Regression, also Fortschritt und Rückschritt, scheint tief in der menschlichen Psyche verankert zu sein. Dieses Thema ist für viele nicht gerade einfach zu verstehen, also werde ich dies anhand der sogenannten "Herden-Theorie" veranschaulichen. Die Gesellschaft, als "Herde" betrachtet, scheint sich an den sogenannten Fibonacci-Zahlen zu orientieren. Diese Theorie wird von vielen Studien unterstützt.

Zur Erläuterung: Die Fibonacci-Folge ist eine unendliche Folge von Zahlen, bei der die Summe zweier benachbarter Zahlen die unmittelbar folgende Zahl ergibt: 0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, usw. Benannt ist sie nach Leonardo Fibonacci, der damit im Jahr 1202 das Wachstum einer Kaninchenpopulation beschrieb.

Ein kurzer Exkurs: Joseph Ledoux, Psychologe am neurowissenschaftlichen Zentrum der New York University, fand heraus, dass Emotionen und die Reaktion auf diese Emotionen entstehen, noch bevor das Hirn in der Lage ist, den Grund für die Emotion herauszufinden. Warum das eine wichtige Rolle spielt - dazu werde ich noch kommen.

Der Artikel "Large Finacial Crashes", veröffentlicht 1997 in einer Publikation der European Physical Society, präsentierte eine aufschlussreiche Zusammenfassung des menschlichen Herden Phänomens innerhalb der Finanzmärkte:

Die Aktienmärkte sind faszinierende Strukturen mit zugehörigen Analogien, welche wohl das komplizierteste dynamische System sind, die in den Naturwissenschaften, d. h. im Menschenverstand, gefunden wurden. Statt der üblichen Interpretation der effizienten Markthypothese, in dem Händler durch bewusste Handlungen, durch Kaufen und Verkaufen von Aktien den Marktpreis bestimmen und leiten, erkennen wir, dass der Markt als Ganzes ein Herden Verhalten aufweist, das nicht von den einzelnen Individuen wahrgenommen wird. Ohne es zu wissen, handelt die Masse einvernehmlich durch das, was man als "höheres Kollektivbewusstsein“ bezeichnet.

Dieser Prozess ist in der Biologie zum Beispiel bei Ameisenkolonien im Zusammenhang mit dem Erscheinen des kollektiven Bewusstseins zu beobachten. Entdeckt eine Ameise eine Gefahr oder findet sie eine neue Futterquelle, reagieren darauf nach kürzester Zeit auch alle anderen Ameisen der Kolonie, obwohl die "Entdeckerameise", von der der Impuls ausging, noch keine Möglichkeit hatte, diese Information aktiv weiterzugeben. Das ist für viele recht geheimnisvoll und unheimlich; man spricht dabei von einem Kollektivbewusstsein. Auch bei Zugvögeln ist dieses Phänomen oftmals zu beobachten.

Zurück zu den Finanzmärkten: Vergleichen Sie den Markt mit einem Ameisenstrom, in dem alle in eine bestimmte Richtung marschieren. Legt man nun einen Stock über ihren Pfad, so wird es eine kurze Verwirrung und dann eine Reaktion auf den Stimulus geben. Aber nur wenig später geht die ursprüngliche Parade von Ameisen weiter ihren vorbestimmten Weg und der Stimulus bleibt ohne weitere Wirkung.

Es scheint so, dass der Markt diesem Ameisenstrom entspricht, der durch eine Massenform des Herden-Verhaltens bestimmt wird und dessen Richtung durch die soziale Stimmung vorgegeben wird. Dies erklärt die oft gestellte Frage, warum Märkte steigen, obwohl schlechte Nachrichten bekannt gegeben wurden oder umgekehrt.

Es zeigt die Sinnlosigkeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, ob das nächste "Nachrichtenereignis" die Märkte positiv oder negativ beeinflussen wird oder nicht. Das ist der Grund, weshalb ich auch nie auf irgendwelche Nachrichtenereignisse verweise, wie es beispielsweise 99% aller Marktanalysten tun. Wenn man Berichterstattungen und ihre angenommene Wirkung auf die Märkte verfolgen will, gibt es hunderte von Autoren, die darauf eingehen werden. Aber genau diese lagen mehrheitlich falsch und wurden gerade in den letzten zwei Jahren von ihren eigenen Prognosen überrollt.

Die natürliche Tendenz, der Gruppe - also der Herde - zu folgen, veranlasst viele, die Meinung und Ansichten der Herde zu übernehmen und damit auch ihre Emotionen. Auf den Markt übertragen heißt das: Da die meisten Marktteilnehmer keine Experten sind, wird ihr wesentlicher Überlebensinstinkt sie dazu verleiten, anderen, "angeblichen" Experten im Markt zu folgen. Dieser Wunsch, ihre Ansichten auf die Menge auszurichten, schafft solch ein starkes Gefühl, das Logik und Realität überbieten kann.

Weil dieser Instinkt so stark ist, kann ein kleiner Kreis von Individuen in der Herde Momente der Angst in einer Panik und Habgier in einer Rallye hervorrufen, woraufhin alle restlichen Mitglieder der Masse oder Herde bereitwillig folgen. Gier und Angst stellen in der Herden-Psychologie die zwei entscheidendsten Faktoren des Handelns dar.

Warum folgen sich die Menschen oft in den Untergang oder tun zumindest Dinge, die bar jeglicher Logik sind? Friedrich Nitzsche schrieb dazu: "Der Irrsinn ist bei einzelnen etwas Seltenes, aber bei Gruppen, Parteien und Völkern die Regel.“

Befindet sich der Markt, wie bei den Metallen seit 2011 in einer korrektiven Phase, ist er viel schwieriger auszurechnen. Es gibt unvorhersehbare Marktbewegungen; der Markt dreht oder fällt oft ohne Vorwarnung und verhält sich nicht linear. Die meisten Variablen aller Marktgeschehen entstehen immer in der korrektiven Phase des Marktes. Auch hier der Verweis zum Herden-Phänomen.



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