Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Ist die Fed Schuld an Rezessionen?

08.02.2016  |  Klaus Singer
Vor wenigen Tagen hat ein Kommentar in der New York Times mal wieder die alte Geschichte aufgewärmt, dass die Fed, genauer ihre zu restriktive Geldpolitik, die Finanzkrise 2008 mitverursacht hat. Die Verfasser, David Beckworth und Ramesh Ponnuru, schreiben, die Fed habe viel zu spät auf die sich abzeichnenden Subprime-Probleme reagiert.

Diese Behauptung ist nicht neu. Dass sie gerade in diesen Tagen wieder thematisiert wird, gibt zu denken. Die Verfasser sehen offenbar die Gefahr, dass sich die Geschichte wiederholt und die Fed erneut zu spät auf sich anbahnende Probleme reagiert. Dass sich Probleme anbahnen, war zuletzt hier und in zahlreichen weiteren Artikeln angesprochen worden. Auch die Entwicklung der Target-Salden im Eurosystem sollte in diesem Zusammenhang zu denken geben.

Die Autoren schreiben, seinerzeit, im Frühjahr und Sommer 2008, habe die Fed immer wieder mit Hinweis auf die Inflation weitere Zinssenkungen unter die im Mai 2008 erreichten 2% verweigert. Da der „natürliche Zins“ mit Erlahmen der Wirtschaft aber sinke, bedeute das effektiv eine Steigerung des Leitzinses. Damals fürchtete die Fed die Inflation zu sehr und die Rezession zu wenig, es bestehe nun die Gefahr, dass ein solcher Fehler wiederholt wird, heißt es in dem Artikel.

Damit fordern die Autoren indirekt, die Fed möge von ihrem Kurs der weniger lockeren Geldversorgung abrücken und die Liquiditätssüchtigen dieser Welt erneut in billigem Geld schwimmen lassen.

Dann schauen wir mal, was die Geldflut bisher gebracht hat.

BoJ-Chef Kuroda hatte Mitte Januar festgestellt, dass die japanische Wirtschaft ein Potenzialwachstum von 0,5% oder weniger hat. Die BoJ ist die Zentralbank auf der Welt mit der meisten Erfahrung in Quatitative Easing. Ihr erstes QE-Programm wurde 2001 aufgelegt, die Fed folgte 2008, die EZB 2015. In Japan wurde im April 2014 das relativ zum BIP größte QE-Programm aller Zeiten initiiert, sein Volumen entspricht einem Viertel des japanischen BIP.

Kuroda gibt mit seiner schwachen Wachsumprognose indirekt zu, dass QE-Maßnahmen kein Wachstum erzeugen können. So freimütig hat sich zu den Grenzen der Macht der Zentralbanken bisher kein Zentralbanker im Amt geäußert.

Diese Einsicht hat die BoJ offenbar vor einigen Tagen dazu gebracht, den Zins für Übernacht-Einlagen negativ zu machen. Sie folgt damit u.a. dem Vorbild der EZB. Aktien haben darauf zunächst positiv reagiert. Dann fing das Nachdenken an, die Kurse fielen erneut. Eine der entscheidenden Triebkräfte hinter der wirtschaftlichen Erholung des Landes war in den vergangenen Jahren die über das QE-Programm geldpolitisch induzierte Schwäche des Yen, die über erstarkende Exportkraft zu Rekordgewinnen vieler Großunternehmen führte.

Mit den Börsenturbulenzen seit Jahresbeginn gewinnt der Yen wieder an Wert, er hat seitdem gegenüber dem Dollar rund 3% zugelegt. Im Tief stand er bei 117, etwa da, wo er vor etwa einem Jahr stand. 115 gilt als eine Art Schmerzgrenze für japanische Exportfirmen.

Die lockere amerikanische und europäische Geldpolitik der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass viel Geld aus den USA und Europa in die Emerging Markets und in die Rohstoff-produzierenden Länder geflossen ist. Die wiesen damals noch eine niedrige Verschuldung und ein hohes Wachstum auf. Der Kapitalzufluss in die Schwellenländer hat sich mehr als verdoppelt - von jährlich 500 Mrd. Dollar vor 2007 auf 1100 Mrd. Dollar in den Jahren 2010 bis 2013.

Nun stockt das Wachstum in einer Vielzahl solcher Länder, z.B. auch China. Die Kapazitäten im Rohstoffsektor sind mit den Kapitalzuflüssen deutlich angewachsen, es ist ein Überangebot entstanden. Die Verschuldung in vielen Emerging Markets und Rohstoff-produzierenden Länder ist deutlich angestiegen - v.a. die Unternehmen sind betroffen.

Die Wirtschaft der Emerging Markets schwächt sich ab, die Fed fährt ihre geldpolitische Lockerung zurück - das hat die globalen Kapitalströme umkehren lassen. Der Aufwertungsdruck beim Dollar übt zusätzlichen Druck auf die Rohstoffpreise aus und verschlechtert die finanziellen Bedingungen in vielen Emerging Markets, die Unternehmen haben sich häufig in Dollar verschuldet.

Die Probleme in den Schwellenländern tangieren die Exportwirtschaft der industrialisierten Länder. Wenn die Unternehmen in den Schwellenländern ihre Kredite nicht mehr bedienen können oder (vorzeitig) auflösen und/oder keine neuen Darlehen mehr nachfragen, wird auch die Finanzwirtschaft in den USA und in Europa beeinträchtigt.

Die Geldflut hat also einen Boom in den Emerging Markets angefacht. Wie jeder Boom, so endet auch dieser im Bust. Das billige Geld hat zu gewaltiger Fehlallokation geführt. Diese muss früher oder später korrigiert werden, z.B. indem Kapital in Pleiten vernichtet wird. Wie jede schrumpfende Schuldenblase, so trägt auch die aktuelle Korrektur zu einer deflationären Entwicklung bei. Der amerikanische Ökonom Irving Fisher hatte dies 1933 in seiner Theorie der Verschuldungs-Deflation beschrieben.

Der folgende Chart zeigt die reale Entwicklung der Basisgeldmenge in den USA zwischen 1966 und September 2008 (h/t Capital Spectator). Aufgetragen sind die jährlichen Zuwächse. Deutlich ist nach 1980 jeweils ein ausgeprägter Impuls nach dem Ende von Rezessionen zu sehen. Vor Beginn einer Rezession ist jeweils auch eine Schrumpfung auszumachen, aber sie ist "mickrig" im Vergleich zum "Startschuss" nach Rezessionen. In diesem Diagramm ist auch schön zu sehen, dass vor 1980, genauer vor 1982, geldpolitisch eine andere Ära herrschte.

Open in new window


Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"