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James Rickards über den Goldmarkt: Knappheiten, Manipulationen und die Strategie Chinas

25.04.2016  |  Mike Gleason
Mike Gleason: Es ist mir eine Ehre, heute James Rickards zum Interview begrüßen zu dürfen. Mr. Rickards ist Chief Global Strategist bei West Shore Funds, Herausgeber des monatlichen Newsletters "Strategic Intelligence" und Direktor des "James Rickards Project", einer Untersuchung der komplexen Dynamiken von Geopolitik und globalen Kapitalflüssen.

Überdies verfasste Rickards mehrere Bestseller, darunter "The Death of Money" (auf deutsch erschienen unter dem Titel "Die Geldapokalypse: Der Kollaps des internationalen Geldsystems"), "Currency Wars" (auf deutsch erschienen unter dem Titel "Währungskrieg: Der Kampf um die monetäre Weltherrschaft") und sein jüngstes Werk "The New Case for Gold". Der Finanzexperte ist zudem als Portfolio-Manager und Anwalt tätig und wurde als renommierter Ökonom bereits von den Sendern CNBC, BBC, Bloomberg, Fox News, CNN und vielen weiteren Medienkanälen interviewt.

James, wir wissen es wirklich zu schätzen, dass Sie sich heute Zeit für dieses Gespräch nehmen! Willkommen zurück!


Jim Rickards: Danke, Mike, die Freude ist ganz meinerseits.


Mike Gleason: Zuerst möchte ich Sie nach Ihrer Sicht auf Gold fragen, denn ich denke, das ist wichtig, bevor wir tiefer in die Diskussion einsteigen. Ich möchte, dass unsere Zuhörer und Leser verstehen, welche Ansichten Sie haben. Ich weiß, dass Sie in Ihrem Buch "The New Case for Gold" einige Definitionen und Verwendungszwecke von Gold anführen, doch als was sollte man das Edelmetall betrachten?

Jim Rickards: Ich selbst sehe Gold als Geld an und ich werde gleich noch einmal darauf zurückkommen. Doch meine Meinung ist eine Sache, die Ansichten der restlichen Welt jedoch eine ganz andere. Es ist wichtig, verschiedene Blickwinkel und Überlegungen zu Gold mit einzubeziehen. Wenn Sie Gold besitzen oder Ihr Vermögen in Form von Gold verwahren, dann handelt es sich dabei in meinen Augen um die reinste Form des Geldes, doch nicht alle würden dem zustimmen. Es ist wichtig zu verstehen, wie die Leute denken.

Ich bezeichne Gold in diesem Zusammenhang gern als Chamäleon. Manchmal wird es wie ein Rohstoff gehandelt, manchmal wie ein Investment und manchmal wie Geld. Es ist wie ein Chamäleon. Wenn Sie ein Chamäleon auf ein grünes Blatt setzen, wird es grün. Wenn Sie es auf einen Baumstamm setzen, wird es braun. Es passt sich seiner Umgebung an. Gold wird oft als Rohstoff betrachtet. Es wird an Rohstoffbörsen gehandelt und meist unter die Rohstoffindustrie gerechnet, ich verstehe das. Die allgemeine Auffassung ist, dass der Goldhandel unter den Rohstoffhandel fällt.

Ich denke nicht, dass das korrekt ist. Grund dafür ist die Definition von "Rohstoff". Ein Rohstoff ist eine generische Substanz, die landwirtschaftlicher oder mineralischer Herkunft sein oder aus verschiedenen Quellen stammen kann, und die zur Herstellung von etwas anderem verwendet wird. Kupfer ist beispielsweise ein Rohstoff und wir machen Rohre daraus. Holz ist ein Rohstoff und wir nutzen es im Bauwesen. Eisenerz ist ein Rohstoff und wir verwenden es zur Stahlherstellung. Gold ist dagegen praktisch für nichts zu gebrauchen, außer als Form von Geld.

Gold ist wahrscheinlich die beste Form von Geld, aber davon abgesehen hat es nicht viele Anwendungsbereiche. Die Leute suchen nicht die ganze Erde nach Goldlagerstätten ab, weil sie damit Astronautenhelme beschichten oder ultra-dünne Kabel herstellen wollen. Gold hat auch Einsatzmöglichkeiten in der Technik, aber diese machen nur einen sehr geringen Prozentsatz aus. Manche verweisen auf Schmuck und sagen, dass es sich dabei um einen anderen Anwendungsbereich handelt, aber ich sehe Schmuck als tragbaren, dekorativen Reichtum an.

Dafür gibt es kein besseres Beispiel als die indischen Bräute, die vier oder fünf Pfund schwere Goldketten um den Hals tragen. Das ist mit Sicherheit sehr beeindruckend und vielleicht auch attraktiv, aber sie betrachten das in jedem Fall auch als ihr Vermögen. Goldschmuck ist letztlich also nur eine dekorative Form von Vermögen.

Im Hinblick auf monetäres Gold unterscheide ich daher eigentlich nicht zwischen Schmuck und Bullion. Aus diesem Grund sehe ich Gold auch nicht als Rohstoff an. Es wird nicht im großen Maßstab als Ausgangsmaterial für industrielle Prozesse verwendet. Dennoch müssen wir verstehen, dass es manchmal wie ein Rohstoff gehandelt wird.

Die häufigste Verwendung von Gold ist als Investment. Viele Leute sagen, "Ich investiere in Gold" oder "Ich habe einen Teil meines Investitionskapitals in Goldbullion angelegt". Doch ich sehe Gold auch nicht unbedingt als Anlagemöglichkeit. Ich verstehe, dass der Goldpreis in Dollar angegeben wird und wenn der Dollarkurs schwankt, kann Ihnen das einen Gewinn verschaffen. Doch in meinen Augen hängt das mehr vom Dollar ab, als von Gold selbst. Klar, wenn der Dollar schwächer wird, kann der Goldpreis steigen, und wenn er steigt, wie in letzter Zeit, dann sinkt der Goldpreis möglicherweise.

Wenn man also den Dollar als Maßstab aller Dinge betrachtet, dann sieht es tatsächlich so aus, als würde Gold steigen oder fallen. Ich dagegen messe Gold lieber anhand seiner Masse. Eine Unze ist eine Unze. Wenn ich heute eine Unze Gold in meinen Schrank lege und sie ein Jahr später wieder heraushole, habe ich noch immer eine Unze Gold. Sie ist weder gestiegen noch gefallen. Ihr Preis in US-Dollar hat sich möglicherweise geändert, aber für mich ist das nur eine Eigenschaft des Dollars, mit dem Gold hat es nichts zu tun. Daher sehe ich Gold nicht wirklich als Investment an.

Das ist eines der Argumente, die ich in meinem Buch anführe. Einer der Kritikpunkte an Gold ist, dass es keine Rendite abwirft, doch eigentlich ist das keine Kritik, sondern einfach nur eine Tatsache. Sie hören das von Warren Buffet und von vielen anderen und natürlich stimmt es, aber ich zucke nur mit den Schultern sage, "Ja, klar, Gold sollte auch keine Rendite generieren, denn es ist Geld." Nehmen Sie mal eine Dollarnote aus Ihrer Tasche und überlegen Sie sich, wie hoch die Rendite darauf sind. Es gibt keine. Ein Dollar bringt keine Erträge ein, er ist einfach nur eine Banknote - so wie eine Goldmünze eben eine Goldmünze ist.

Wenn Sie Rendite wollen, müssen Sie Risiken eingehen. Sie können das Geld, Ihre Dollars, zur Bank bringen und die Bank wird sie Ihnen vielleicht mit 0,25% verzinsen (nicht viel jedenfalls), aber dann ist es kein Geld mehr. Die Menschen sehen ihre Einlagen auf einem Bankkonto als Geld an, aber das ist nicht zutreffend. Es sind ungesicherte Verbindlichkeiten von Finanzinstitutionen, die von Zeit zu Zeit Pleite gehen. Ich will damit nicht sagen, dass das Risiko hoch ist, oder dass Sie Ihr gesamtes Geld von der Bank abheben sollten. Das Risiko ist wahrscheinlich sehr gering. Aber es ist vorhanden und deswegen erhalten Sie Zinsen.

Natürlich können Sie an den Aktien- oder Anleihemärkten auch größere Risiken eingehen und höhere Rendite bekommen. Tatsache ist, dass Sie ein Risiko eingehen müssen, um Kapitalerträge zu erzielen. Gold birgt keinerlei Risiken. Es ist einfach nur ein Metall und es generiert keine Erträge. Muss es auch gar nicht. Wie gesagt, für mich ist Gold eigentlich kein Investment.

Das bringt mich zum dritten Aspekt des Vergleichs mit einem Chamäleon - Gold als Geld. Und genau das ist es. Gold ist Geld. Es birgt kein Risiko. Es wirft keine Zinsen ab. Es ist ein Wertgegenstand. Oder, nach der klassischen Definition, ein Tauschmittel und eine Rechnungseinheit. Das ist sehr wichtig.

In meinen Augen ist Gold also Geld. Es konkurriert mit dem Dollar, dem Euro, dem Yen, dem Schweizer Franken und anderen Formen des Geldes, z. B. Bitcoin. All das sind Formen von Geld. Und sie stehen im Wettbewerb um die subjektiven Präferenzen der Menschen, die Geld benötigen und ihr Vermögen bewahren wollen, und ich denke, in diesem Kontext schlägt sich Gold sehr gut.



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