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Trumponomics oder Hillarismus?

15.06.2016  |  Prof. Dr. Hans J. Bocker
Die bekannte US-Kolumnistin Peggy Noonan titelte unlängst in ihrer etwas direkten Art folgendes: "Die beiden Parteien in Amerika haben sich offenbar verschworen, den Bürgern die Wahl zu lassen zwischen einer Kriminellen und einem Wahnsinnigen." Vielleicht kommt diese Feststellung der Wahrheit gefährlich nahe. Die Zukunft wird darüber richten.


Die Fressmaschine

Eine spektakuläre Veranstaltung im Wahlzirkus läuft. Die Medien verbreiten genüsslich wahltaktische Sensatiönchen. Von der sich weitgehend bedeckt haltenden Hillary gibt es außer kleinen Pikanterien nichts Wesentliches zu berichten. Manche Gegner verweisen auf ihre kriminelle Vergangenheit. Doch "The Donald" liefert hier reichlich amüsanten Stoff. Andere, eigentlich brisante Themen, wie die Warnung des Präsidenten des GAO (Government Accountability Office), Gene Dodaro, also eines Wachhundes, der bellt, wenn die Regierungsausgaben aus den Ruder laufen, gingen im Wahlgetöse höchst passenderweise unter.

Diesmal bellte der Wachhund besonders heftig, indem er von höchst offizieller Stelle aus wissen ließ: "Unser Land geht nicht in 50 Jahren bankrott, oder in 30, nein, es ist jetzt schon pleite". Und er ergänzte mit bekümmertem Gesichtsausdruck dem Haushalts-Komitee des Senats gegenüber: "In den nächsten 15 bis 20 Jahren werden die Schulden einen Anteil von 300% der Wirtschaftsleitung erreichen, wenn alles so weiter geht."

Doch wen interessieren schon die nächsten 15 bis 20 Jahre, wenn es um die nächsten 15 bis 20 Minuten geht. Und während dieser Zeitspanne, und bis zum 8. November, beherrschen die Eskapaden des "großen Polterers" die Schlagzeilen der ihm gegenüber mehrheitlich feindlich eingestellten Medien. So betitelte er die ehemalige Miss Universum öffentlich als "Fressmaschine" oder "Miss Piggy" (also "Fräulein Schweinchen"), weil sie ein paar Kilo (nur bis auf 54 kg) zugenommen hatte. "Dem Donald" gehörte die Miss Universe Organisation, und er verzieh ihr nicht, dass sie seine Befehle (in diesem Fall das Nicht-Zunehmen) missachtete. Derlei ist für die Zukunft und finanzielle Gesundheit des Landes ungleich viel wichtiger, als eine Bankrotterklärung der Haushaltsaufsicht. Das sieht schließlich jeder ein.


Aus 17 mach Eins

Erst gab es 17 Kandidaten, jetzt nur noch einen (nicht zu verwechseln mit dem Kartenspiel 17 und 1) - eine beachtliche Leistung. Dass es einer etwas "wilden Figur" wie Donald Trump gelang, die Nominierung als Präsidentschaftskandidat der konservativen Partei zu erringen, muss zweifelsfrei als der größte "Schocker" in der amerikanischen Politik seit den Zeiten Ronald Reagans angesehen werden. Damals wie heute, ist der wirkliche Grund für einen solchen Schock der gleiche. Das gemeinsame Missmanagement beider Parteien erzeugte eine Missstimmung im Volk, welches eine Ausmistung des Politstalles mit seinen enormen Exkrementehäufungen verlangte.


Wir gewinnen nicht mehr

Die patentreife zentrale Wahlphrase des als "The Donald" bekannten Mannes, nämlich: "We are not winning anymore", trifft einen hochempfindlichen Nerv des Wahlvolkes. Dieser zentrale Nerv reagiert nicht nur auf das gigantische, Jahr für Jahr, Jahrzehnt für Jahrzehnt, immer frisch auflaufende Staatsdefizit, und den astronomischen Schuldenberg von 19 Billionen verzinslicher sowie 170 Billionen $ unverzinslicher Verpflichtungen.

Er reagiert auf 2,2 Billionen Studentenschulden, deren Schuldner, wenn überhaupt, nur schlecht bezahlte Aushilfsjobs finden, auf schiefgelaufene militärische Abenteuer und eine katastrophale Außenpolitik, als deren Folge es in China inzwischen mehr Millardäre gibt als in den USA. Er reagiert nicht nur auf Fakten, wie: Die Chínesen überholten die Amerikaner in über 40% aller Industriezweige (darunter die Autoindustrie), den fleißigen gelben Männern gehört mittlereile der Großteil Afrikas und Südamerikas, auf den Abfall einst treuer Verbündeter, wie Saudi Abrabien und die BRIC-Staaten. Nein, da ist mehr, viel mehr.

So blieb nicht unbemerkt, dass 43% aller Amerikaner keine Krankenversicherung haben. Eine einzige größere Operation kann eine Familie finanziell auf Lebenszeit auslöschen. 44 Millionen ihrer Landsleute leben von staatlichen Essensmarken, meist in billiges junk food investiert. Etwa 3,5 Millionen sitzen im Knast (neuerdings vielfach privat betrieben). Das Land beherbergt das känkeste Volk der Welt. Nirgendwo sonst fallen schon im Straßenbild die Massen überfetteter, watschelnder Menschen auf. Die echte Arbeitslosenrate, nach der ehrlichen Methode berechnet, wie sie bis zur Clinton-Ära üblich war, beläuft sich, genau wie in der EU, auf satte 23%, und nicht auf statistischem Delirium entsprungenen 3,8%.


Wer sind die wirklichen Gewinner und wer blieb zurück?

Wer, einmal abgesehen von den Chinesen, wirklich gewinnt, ist den Wählern längst klar. Es ist eine winzige Clique an der Westküste, die von der Unterhaltungsindustrie (Filme, TV), sowie vom Silicon Valley mit seinen "social media" üppig lebt. Und natürlich die Finanzindustrie an der Ostküste, mit seinen Machtverklumpungen an Wall Street und im Bankensektor. Alle, in West wie Ost, sind bestens ausgerüstet und finanziert, gestützt von ganzen Armeen hoch bezahlter Lobbyisten. Nicht zu vergessen, das immer schon prosperierende Machtzentrum Washington, mit Nervenzentren der Rüstungs- und Überwachungsindustrie, mit Lobbyisten in Armeestärke, ganzen Battallionen von Anwälten und üppigen weiteren Scharen der "Schmarotzerindustrie".

Der weniger glorreiche Rest aller Amerikaner also ca. 97%, blieb zurück, und nicht nur um einige Meter. Dies stößt eben diesem Rest sehr sauer auf.

So verfügen 91% aller Familien in Gottes eigenem Land im Durchschnitt, einmal abgesehen von der Schuldenlast, über nicht mehr Vermögen oder Eigentum als vor 35 Jahren. Die oberen 8% dagegen, vermochten Ihr Vermögen seit 1989 auf 170% zu steigern, während die aller-oberen 1% das ihre rund vervierfachten.

Männer in der Arbeitswelt, die älter als 16 Jahre sind, erreichen im Durchschnitt einen Einkommenslevel, der Anfang 2016 nur dem des Jahres 1988 entsprach. Zieht man die gesamte arbeitende Bevölkerung zu einem zeitlichen Vergleich heran, so fällt auf, dass deren mittlere reale Einkommen (nach Kaufkraft) rund 5% unter dem Niveau von 1988 liegen. Trumps Werbespruch: "Wir gewinnen nicht mehr", wird hier zur bitteren Wahrheit. Und immer weitere Unternehmen und Konzerne wandern ins Ausland ab, wie zuletzt United Technologies nach Mexiko. Fast nur noch Billigjobs verbleiben.

Kein Wunder, dass die USA seit dem Jahre 2000 21% aller gut bezahlten Vollzeitjobs in den Bereichen Fertigung, Bergbau, Energie und Bauindustrie verlor. Und dieses Ausbluten geht ungebremst weiter. Seit Clintons Abtritt wanderten rund 3 Millionen Vollzeit-"Breadwinner"-Jobs in die Mülltonne der Wirtschaftsgeschichte. Seit Johnson ist die Bevölkerung von 200 auf 250 Millionen gewachsen. Doch die Arbeitsplätze, die rund 4.000 $ im Monat bezahlen, verblieben seither im steilen Sinkflug.

Daher muss die Mehrheit der Arbeitsfähigen mehrere Jobs annehmen, um zu überleben, und mehrere Familienmitglieder müssen mitarbeiten, um über die Runden zu kommen. Diese Arbeitsplätze bezahlen typischerweise zwischen 10.000 und 12.000 $ pro Jahr, und die Kündigungsfrist beträgt einen Tag. Krankenversicherung oder Betriebs-Altersrenten sind Begriffe aus Opas Märchenbuch. Diese "Part Time Economy" wächst rasant. Die Trump-Wähler wissen dies sehr genau, und ihnen ist klar, dass die Eliten das einst so blühende Land heruntergewirtschaftet haben, poltisch, sozial, militärisch und finanziell. Die Bevölkerung "gewinnt in der Tat nicht mehr!"



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