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Wie Gold politisch korrekt wurde

31.01.2011  |  Redaktion
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Möglichkeit 2: Der Mark-to-Market-Ansatz der Europäischen Union

Der wahrscheinlichere und vielleicht zu bevorzugende Weg für Staaten und Regierungen wäre nun, ein ähnliches Modell zu verfolgen, wie es in der Europäischen Union zum Tragen kam, als diese den Euro im Jahr 1999 einführte. Robert Mundell, Nobelpreisträger für Wirtschaft und "geistiger Vater des Euros", riet der Europäischen Zentralbank (EZB), Gold als Teil der Zentralbankreserven einzusetzen. Somit, so argumentierte Mundell, ließen sich die Risiken, die mit dem Halten potentiell entwertungsgefährdeter Nationalwährungen einhergingen, ausgleichen. Mit anderen Worten: Er empfahl der EZB die Goldhaltung aus denselben Gründen, aus denen auch jede Privatperson Gold halten würde.

Die Europäische Union ging auf seine Empfehlung ein. Ihre Goldreserven stellten sich als Bollwerk und Beispiel inmitten einer Zeit der Währungszerstörung heraus, einhergehend mit einem steilen Anstieg der Goldpreise von 246 € pro Unze im Jahr 2001 auf 1055 € pro Unze Ende 2010. Der Goldanteil an den internationalen Gesamtreserven des Eurosystems stieg somit von 30,5% im Jahr 1999 auf 67,1% der Gesamtreserven, was trotz der Staatsschuldenprobleme innerhalb der Union zur relativen Stabilität des Euro beitrug.

Im Vorfeld seines Staatsbesuches in den Vereinigten Staaten unterbrach der chinesische Staatspräsident Hu Jintao für einen kurzen Moment die Ausschüttung chinesischer Finanzgroßzügkeiten in Megadosen für die europäischen Nationalstaaten - nur um das dollarbezogene internationale Währungssystem einmal offen zu kritisieren. Er bezeichnete es als "Produkt der Vergangenheit" und schlug stattdessen ein neues System vor, das "fair, angemessen, umfassend und gut geführt" sein sollte. Offensichtlich sieht Hu in all dem auch eine stärkere Rolle der chinesischen Währung, des Yuan. Entscheidender für Amerikaner ist, dass der US-Dollar in seinen Augen, wie auch in den Augen vieler seiner internationalen Amtskollegen, zukünftig eine geringere Rolle spielen wird.

China genießt, dass es sich als weltgrößter Produzent und gleichzeitig weltgrößter Verbraucher von Gold markant von den anderen abhebt. Die chinesische Vorliebe für das gelbe Metall ist, wie auch die Indiens, tiefverwurzelt und reicht in die Vorzeiten zurück. Die Volksbank von China bekannte offiziell, sie habe das Ziel, ihre Goldbestände auf 4.000 auszuweiten - knapp die Hälfte der US-Bestände. Sollten wir wirklich schon, wie viele meinen, am Anfang einer neuen Weltwirtschaftsordnung stehen, so wird China eine wichtige Rolle in ihr spielen, und Chinas Ansichten zum Thema Gold werden wichtiger Bestandteil aller Gespräche zum neuen Geldsystem sein.

Als Robert Zoellicks Vorschlag zur monetären Funktion von Gold im November 2010 veröffentlicht wurde, sahen viel darin einen Aufruf zu einer Rückkehr zum Goldstandard. Eine nähere Betrachtung seiner Bemerkungen zeigt jedoch etwas anderes. Zoellick selbst hatte gesagt, wer seinen Vorschlag als Plädoyer für eine Rückkehr zum Goldstandard lese, würde sich irren. Er sagte unterdessen, Gold solle "den Markterwartungen als Bezugspunkt hinsichtlich der Inflation und des zukünftigen Wertes von Währungen dienen". In einem solchen System, in dem der Wert des Goldes nicht frei gegenüber den verschiedenen Währungen schwanken darf, könnte Gold gar nicht als tragfähiger "Bezugspunkt" funktionieren. Die von Zoellick vorgeschlagene Rolle des Goldes im Bereich der internationalen Währungsreserven käme also der derzeitigen Rolle des Goldes in der Europäischen Zentralbank nah. Auch Benn Steil ließ die Gedanken Robert Mundells in seiner Rede aus dem Jahr 2008 anklingen:

"[S]chaut man sich unter den vielen Währungen diese Welt um, wird man dort nicht viele attraktive Möglichkeiten finden. Und deswegen sage ich auch: Würde die Welt den Dollar abschreiben und auch den Euro abschreiben, dann würde sie wahrscheinlich wieder auf die alte Hilfsreserve zurückgreifen, und zwar auf Gold. Und mit Gold meine ich nicht, dass die Regierungen wieder jenen Goldstandard einführen werden, wie wir ihn im späten 19. Jahrundert hatten. Das ist politisch unmöglich. Nie wieder wären Staaten bereit, ihre Politik den Zwängen eines physischen Rohstoffs unterzuordnen [...]. Aber wie könnte Gold nun in Form eines internationalen Geldes wiederkehren? Eigentlich benötigen wir keinen Staat mehr, um den Goldstandard zu bekommen [...], denn schon immer haben Menschen Gold als langfristigem Wertspeicher vertraut, es gibt also keinen Grund, warum es diese Rolle nicht einnehmen könnte."





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