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Rechnen Sie mit dem Unerwarteten!

25.12.2016  |  Manfred Gburek
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Schnell vergessen sollten Sie indes alle Vorhersagen zur kommenden Börsenentwicklung. Sie betreffen überwiegend Indizes unter Führung von Dax und Dow Jones, außerdem Dollar, Zinsen und vereinzelt auch Gold. Warum Anleger trotzdem an ihnen hängen, hat viel mit falscher Wahrnehmung und Bequemlichkeit zu tun: Konkrete Zahlen werden ernster genommen als Wenn-dann-Überlegungen, obwohl diese zu den vernünftigsten Gedankenspielen im Börsengeschehen gehören.

Eine für Anleger im Endeffekt besonders teure Folge der Bequemlichkeit ist das Verlassen darauf, dass Finanzprodukte angeblich umso besser Geldprobleme lösen helfen, je komplexer sie sind. Das gilt zum Beispiel für Kapital- und noch mehr für fondsgebundene Lebensversicherungen, für Riester-Verträge, Zertifikate und für die meisten Fonds, auch für börsengehandelte ETFs. Fonds werden uns von den Medien meistens als "Die besten Fonds" oder als "Fonds des Jahres" serviert, gemessen an der Performance aus der Vergangenheit. Das ist zwar in den meisten Fällen Unsinn, bringt den Anbietern aber neue Kunden.

In letzter Zeit ist es um das Performancerennen allerdings etwas ruhiger geworden. Nach der aktuellen Statistik des Fondsverbands BVI wurden Aktien-, Renten-, Geldmarkt- und wertgesicherte Publikumsfonds in den ersten zehn Monaten dieses Jahres von Anlegern mehr verkauft als gekauft. Nur Mischfonds und offene Immobilienfonds konnten während dieser Zeit unter dem Strich beim Volumen zulegen.

Doch oh Wunder, was die allen Anlegern zugänglichen Publikumsfonds nicht schafften, gelang locker den Spezialfonds, deren endgültige Erfolge oder Misserfolge Anlegern über viele Jahre verborgen bleiben. Ihr Volumen stieg auf 1,5 Billionen Euro; das ist mittlerweile mehr als die Hälfte des Vermögens aller deutschen Fonds. Anleger investieren hier in eine von Finanzkonzernen beherrschte Blackbox. Deren tatsächliche Performance ist für Anleger so lange unbekannt, bis irgendwann in der Zukunft die - zum Beispiel für die finanzielle Absicherung im Alter - vorgesehene Auszahlung fällig wird.

Mit Spezialfonds verhält es sich ähnlich wie mit Lebensversicherungen und Immobilien: Nur zum Schluss, bei der Auszahlung bzw. nach dem Verkauf, kennen Anleger den wahren Wert in Euro. Dagegen erfahren sie den Wert von Aktien, Anleihen, Gold und Silber zwar börsentäglich, aber erst nach deren Liquidation wissen sie, wie viel Euro diese Anlagen wert sind.

Wir haben es in den hier genannten Fällen mit unterschiedlichen Anlageprofilen zu tun, von denen wir nicht wissen, wie hoch ihre Werte sich bis zu Endabrechnung entwickeln werden. Das bedeutet, wie bereits eingangs erwähnt: Mit dem Unbekannten rechnen. Und das gleich doppelt: Zum einen in Bezug auf kommende Ereignisse, die wir heute noch nicht kennen können, zum anderen in Bezug auf den endgültigen Wert unserer Anlagen, den wir erst viel später erfahren.

Was folgt daraus? Zunächst eine Binsenweisheit: Nicht alles auf eine Karte setzen. Doch ebenso wichtig ist das Timing, also die zeitgerechte Geldanlage. Das wird ein kniffliges Unterfangen. Denn es zwingt uns, Wenn-dann-Überlegungen anzustellen: zu den Konsequenzen aus Brexit (fällt demnächst die ganze EU auseinander?), zur Trump-Wahl (welche militärischen und sonstigen Lasten bekommt Deutschland im Rahmen der Nato zusätzlich aufgebrummt?), Bundestagswahl (wird Deutschland unregierbar?), Börse (wie lange setzt sich der geldgetriebene Aufschwung fort?), Immobilien (dto.), Gold (welche Kräfte manipulieren seinen Preis?) und so weiter.

Wer diese und weitere Fragen immer wieder gedanklich durchspielt, ist den Anlegern, die sich allein auf den Rat anderer und auf undurchsichtige komplexe Finanzprodukte verlassen, schon ziemlich weit voraus. Die damit einhergehende geistige Gymnastik schützt letzten Endes auch davor, panisch zu reagieren, wenn etwas Unerwartetes geschieht. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen ein gedankenreiches Weihnachtsfest!


© Manfred Gburek
www.gburek.eu


Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.



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