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Die Entzauberung des Euro schreitet voran

27.05.2018  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Die berühmt berüchtigten "Target-2-Salden" zeigen, dass die EZB die Kapitalflucht aus Italien, Spanien, Griechenland und Portugal mit neu geschaffenem Geld finanziert. Dadurch hat die Deutsche Bundesbank nun Target-2-Forderungen von 902,4 Mrd. Euro (Stand Ende April 2018) - das sind ungefähr 30 Prozent des deutschen Bruttoinlandsproduktes. Letztlich wird diese Zeche der deutsche Steuerzahler zahlen müssen.

Die Target-2-Salden stehen damit für eine untrügliche Wahrheit: Die EZB-Geldpolitik entzieht den Euro-Ländern, die noch relativ gut dastehen, wirtschaftliche Substanz und verteilt sie um, an die Länder die schlecht dastehen. Genau das lief zwischen der damaligen Sowjetunion und ihren Satellitenstaaten ab: Die noch halbwegs leidlich produzierenden Länder mussten Tribute an Moskau entrichten, die ihre Leistungsfähigkeit immer weiter ausbluten ließ.

Dass aus einer solchen Politik ein wirtschaftlich gestärkter Euroraum hervorgehen wird, kann niemand, der nationalökonomische Grundkenntnisse hat, ernstlich behaupten. Doch sollte man nicht meinen, die immer größer werdenden Probleme im Euroraum werden notwendigerweise zum Umdenken und Umlenken bei den Regierten oder Regierenden führen.

Aus "bösen Erfahrungen" lernt man nicht notwendigerweise. Entscheidend ist, wie erfahrene Missstände interpretiert, auf welche Ursache sie zurückgeführt werden. Die Serie von Problem- und Krisenherden im Euroraum wird nicht abreißen.

Sie hat vielmehr System, erlaubt der Politik, die Schlinge um den Hals der Bürger und Unternehmer immer enger zu ziehen: mit Ge- und Verboten, mit Verlagerung ihrer Souveränitätsrechte nach Brüssel, auf eine supranationale Ebene, die die Bürger de facto gar nicht mehr kontrollieren können.

Um dem Würgegriff entkommen zu können, ist vermutlich nichts wichtiger als das Euro-Einheitsgeld loszuwerden, idealerweise das Geld zu entstaatlichen.

Wer sich nicht Wunschträumereien hingeben will, die Politik werde das aufgrund besserer Einsicht leisten, der kann immer noch hoffen, dass die technologische Disruption - allen voran die Blockchain - vielleicht das schafft, was ökonomischer Vernunft und ethischer Einsicht gelingt: den Euro, das staatliche Fiat-Geld überhaupt, durch ein Geld, das im freien Markt entsteht, zu ersetzen.

So paradox es auch klingen mag: Der Nullzins-Schrecken, für den die EZB sorgt, unterstützt die Kräfte, die besseres Geld anbieten wollen. Denn steigen die Kosten der Euro-Haltung, steigt die Bereitschaft der Euro-Verwender, sich nach besserem Geld umzusehen. Das wird sich spätestens in der nächsten Krise schon zeigen.

Wie nahe man am Ende der Fahnenstange angelangt ist, zeigt sich daran, dass sich die Transfers von den einen Euro-Ländern in die anderen nicht mehr offen, sondern nur noch mehr oder weniger versteckt abwickeln lassen - beispielsweise durch Target-2, Beistandsgarantien und vor allem Nullzinsen.

Mit der neuen Koalitionsregierung in Rom könnte nun ein neuer, noch größerer Problemfall entstehen. Wenn Italien durch seine Politik Ängste auf den Euro-Anleihemärkten schürt und daraufhin die Zinsen steigen, wäre die EZB de facto gezwungen, die elektronische Notenpresse anzuwerfen: Anleihen würden gekauft gegen Ausgabe von neuen Euros, um politisch ungewollte Zinserhöhungen abzuwenden.

Eine denkbar schlechte Nachricht für die Verbraucher, Sparer und Unternehmer im Euroraum: Denn das hieße, dass die Kaufkraft des Euro herabgesetzt würde. Für Euro-Anleger sind die Geschehnisse in Italien ein Weckruf, der da lautet: Gehe kein "Euro-Klumpenrisiko" ein. US-Dollar und Schweizer Franken, vor allem aber auch die "Währung Gold" bieten sich - was die liquiden Mittel anbelangt - als Ausweichmöglichkeiten an.

Dieser Beitrag wurde in ähnlicher Form in eigentümlich frei, Mai 2018, veröffentlicht.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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