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Deutschland auf dem Prüfstand

17.11.2019  |  Manfred Gburek
Eines ist in puncto CDU schon jetzt sicher: Ihre Granden werden beim Parteitag am 22./23. November in Leipzig für Spannung pur sorgen. Denn es geht nicht nur darum, ob das primär auf Macht basierende Merkel-System überleben kann, sondern auch um die Zukunft Deutschlands - und die droht spätestens, nachdem die CDU in Thüringen eine gehörige Wahlschlappe erlitten hat, nebulös zu werden.

Das hängt damit zusammen, dass Deutschland es jetzt mit einer geballten Ladung aus politischer Unvernunft und wirtschaftlicher Strukturkrise zu tun bekommt, mit einer angezählten AKK und ihrem Herausforderer Friedrich Merz, mit der Radikalisierung immer größerer Teile der Gesellschaft und nicht mehr aufzuhaltender Migration, mit der in alle Lebensbereiche dringenden Digitalisierung und dem Strukturwandel in der Autoindustrie samt ihren Zulieferern, mit der missratenen Energiewende und in die Höhe schießenden Strompreisen.

Letztere haben wir zum Großteil der staatlichen Förderung erneuerbarer Energien über den Einspeisevorrang, die EEG-Umlage und Netzentgelte zu "verdanken". Carsten Linnemann, Vize-Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, gibt sich da keiner Illusion hin und sagt in der Zeitschrift Tichys Einblick voraus, "dass nicht nur die EEG-Umlage steigen wird, sondern vor allem die Netzentgelte. Das trifft gerade unsere Industrie mit voller Wucht."

Warum wird dieses Problem unter den Teppich gekehrt? Warum ist hierzulande eine vorwiegend ideologisch geführte Diskussion über CO2-Emissionen entbrannt, obwohl diese in Deutschland, verglichen mit China und den USA, nur eine infinitesimal kleine Belastung ausmachen? Warum muss ständig der Klimawandel als Begründung dafür herhalten, dass von modernen Dieselmotoren getriebene Autos zum Teufelswerk erklärt werden?

Warum bekommen Elektroautos einen symbolischen grünen Stempel aufgedrückt, obwohl die Förderung und Entsorgung von Lithium oder Nickel - beide sind wichtige Bestandteile von Batterien - erst beim Abbau erhebliche Schäden an der Natur verursachen und danach auf dem Schrotthaufen des belgischen Metall- und Recycling-Konzerns Umicore zur Wiederverwendung kommen? Diese und viele weitere Fragen warten auf Antworten. Aber Fehlanzeige, stattdessen wird die Klimakeule weiter geschwungen.

Manchmal erscheint es sinnvoll, sich zur gedanklichen Standortbestimmung und Befindlichkeit der Deutschen von außen einen Spiegel vorhalten zu lassen, zum Beispiel aus der Schweiz, hier konkret aus der Neuen Zürcher Zeitung vom 29. Oktober: "In den letzten Wochen verlor der Geschäftsführer der hessischen Filmförderung seinen Job, weil er mit dem Chef der AfD zu Mittag gegessen hatte. Die Vorlesungen von Bernd Lucke an der Universität Hamburg werden massiv gestört, ohne dass die Unileitung für Ordnung sorgt. Und der deutsche FDP-Chef Christian Lindner darf an besagter Uni nun auch nicht auftreten - Kevin Kühnert und Sahra Wagenknecht allerdings schon."

Meinungsfreiheit also Fehlanzeige. Das bekam auch Hans-Georg Maaßen, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsschutzes, aus Anlass von vermeintlichen „Hetzjagden“ in Chemnitz zu spüren, weil er gewagt hatte, die Wahrheit zu sagen. Das war im August vergangenen Jahres. Offizielle Reaktion vonseiten der Politiker? Ebenfalls Fehlanzeige.

Offenbar gehören Ereignisse wie dieses einschließlich ihrer Folgen zum Kampf gegen Rechts - was auch immer das bedeuten mag. Einer der Anti-Rechts-Vorkämpfer, der Sänger Udo Lindenberg, hat neulich für sein Lebenswerk sogar den Deutschen Radiopreis erhalten - offenkundig ohne Rücksicht darauf, dass er sich vor der Wende mit seinem Schlager vom Sonderzug nach Pankow beim inzwischen verstorbenen DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker angebiedert hatte.

Bedürfte es noch eines weiteren Beweises dafür, wie fragil Deutschland mittlerweile geworden ist, braucht man nur einen weiteren Blick nach vorn zu werfen. Beim anstehenden CDU-Parteitag kann es nämlich zum Showdown zwischen verschiedenen Lagern kommen. Muss es aber nicht. Die Partei ist, ähnlich wie die SPD, in sich gespalten. Die Bundeskanzlerin dürfte versuchen, ihre Macht nach bewährtem Muster zu zementieren, unter anderem durch das Bestimmen der zu diskutierenden Themen und das Weglächeln von Problemen - Ende offen.

Da sie stets für Überraschungen gut ist, wird sie auch dieses Mal versuchen, zusätzlich zu vielen Sachthemen ein oder zwei Kaninchen aus dem Hut zu zaubern. Dafür bietet sich vor allem die internationale Bühne an, wo sie in der Regel mehr Anerkennung findet als im eigenen Land. Dass damit die auf Deutschland zukommenden Probleme, wie Meinungsterror und explodierende Strompreise, nicht zu lösen sind, versteht sich von selbst.

Dabei muss die Bundesregierung penibel darauf achten, dass Deutschland nicht von anderer Seite in die Zange genommen wird. Ein Warnsignal, dass es dazu kommen dürfte, gibt es bereits: EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger legt ihr Amt nieder, ohne die Gründe zu nennen. Das lässt tief blicken. Damit verliert Deutschland eine gewichtige Stimme im EZB-Direktorium.

Auf diese Weise öffnet sich die Tür zur Vergemeinschaftung des Euroland-Vermögens um einen weiteren Spalt, und das, obwohl die EZB nach Artikel 123 des EU-Vertrags keine monetäre Staatsfinanzierung betreiben darf. Doch genau das tut sie auf dem Umweg über Anleihenkäufe, eingeführt durch den bisherigen EZB-Präsidenten Mario Draghi, von nun an auszuführen durch seine Nachfolgerin Christine Lagarde.

Das Ganze hat einen faden Beigeschmack. Denn es stellt den Versuch dar, die EU und im engeren Sinn die Eurozone auf Teufel komm raus überwiegend zulasten Deutschlands zu vereinheitlichen. Und ausgerechnet jetzt, da es darum geht, den größten Schaden abzuwenden, streiten sich die hiesigen Politiker um ihre Karrieren und Pfründen, wieder mal um die Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen und immer noch um die schwarze Null.

Das alles lenkt von einem Problem ab, das jetzt immer mehr in den Vordergrund rückt: Negativzinsen, das Vermächtnis von Mario Draghi, manifestiert in verzweifelten Versuchen der Sparer, ihr Geld doch noch irgendwie rentabel unterzubringen. Und erst recht manifestiert in langlaufenden Lebensversicherungen oder ähnlichen vermeintlich der Altersvorsorge dienenden Anlagen, deren Wert immer mehr in Richtung Null zu gehen droht. Ceterum censeo: Da sage noch jemand, zinsloses Gold und Silber seien keine Alternative. Tatsächlich sind sie es, allen aktuellen Preiseskapaden zum Trotz.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu



Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.

Neu bei gburek.eu: Was ist denn schon sicher?


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