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"Grüne Geldpolitik": Die Globalisten erobern die EZB

09.12.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Doch eine wirkungsvolle, eine überzeugende Machtkontrolle der EZB ist das nicht.

(1) Die Parlamentsabgeordneten verfügen in der Regel nicht über das erforderliche Fachwissen, um die Folgen bestimmter geldpolitischer Entscheidungen abschätzen zu können.

(2) Das "Demokratieproblem" kann wirksame Kontrolle verhindern: Gewählte Parteien und Regierungskoalitionen können, nachdem sie gewählt wurden, eine Politik betreiben, die nicht dem Wählerwillen entspricht.

Diese "Mißrepräsentation" der Wahlbürger kann sich bis in das EU-Parlament fortsetzen. Wenn das aber der Fall ist, kann es geschehen, dass die EZB geldpolitische Entscheidungen trifft, die vom EU-Parlament nicht beanstandet werden, obwohl sie nicht im Sinne der nationalen Wahlbürger liegen.

(3) Die geldpolitischen Maßnahmen der EZB, sind sie erst einmal vollzogen, können nicht mehr oder wenn, dann nur mit hohen Kosten, rückgängig gemacht werden. Beispiel Null- und Minuszinspolitik. Hat man sie erst einmal eingeführt, gewöhnt sich die Volkswirtschaft rasch daran. Eine Rückkehr zu "normalen Zinshöhen" löst hohe Anpassungskosten im Wirtschaftsgefüge aus, die zu Finanzund Wirtschaftskrisen führen können - und deshalb wird die bereits eingeführte Null- und Minuszinspolitik fortgeführt und nicht korrigiert, obwohl das langfristig große volkswirtschaftliche Schäden herbeiführt.

Vor dem Hintergrund dieser wenigen Überlegungen sollte bereits deutlich geworden sein, dass die EZB in der Praxis weitgespannte Handlungsspielräume besitzt, die kaum oder gar nicht wirksam von den Wahlbürgern kontrolliert und sanktioniert werden können. Eine Folge ist: Der EZB-Rat folgt früher oder später seinen eigenen Gesetzen, beziehungsweise er wird vereinnahmt von den Wünschen und Forderungen machtvoller "Sonderinteressengruppen" - zu denen zum Beispiel die Banken- und Finanzindustrie, "Big Business" und natürlich auch politische Ideologen zählen.


Geldpolitischer Klimaschutz

Die Französin Christine Lagarde ist seit dem 1. November 2019 EZB-Präsidentin. Eine Besetzung, die doch einige Fragen aufwirft. Eigentlich hätte die EZB-Präsidentschaft an Deutschland gehen müssen, wenn es nach dem Länderproporz gegangen wäre. [Der erste EZB-Präsident war der Niederländer Wim Duisenberg (1999-2003), dann folgte der Franzose Jean-Claude Trichet (2003- 2011), und auf ihn folgte der Italiener Mario Draghi (2011-2019).] Nicht zuletzt ist die Ernennung der Französin auch deshalb umstritten, weil sie 2016 in Frankreich rechtskräftig verurteilt worden ist wegen Fahrlässigkeit im Amt.

Gleich zu Beginn ihrer Amtszeit hat Lagarde bereits wissen lassen, sie wolle die EZB einer "Strategieüberprüfung" unterziehen (wie sie letztmalig im Jahr 2003 durchgeführt wurde). Eine zentrale Neuerung, über die Frau Lagarde nachdenken will, lautet: Die EZB soll das Ziel "Klimaschutz" in ihre Geldpolitik aufnehmen. Wie kann das geschehen? Indem die EZB die Kreditkosten für klimaschädliche beziehungsweise kohlenstoffintensive Industriezweige verteuert, die als umweltfreundlich erachtete Produktionsweisen mit günstigeren Kreditkosten subventioniert.

Das kann auf verschiedenen Wegen umgesetzt werden:

(1) Die EZB kauft ihm Rahmen ihres Schuldpapier-Aufkaufprogramms Anleihen von Unternehmen, die sich durch klimaschonende Produktion auszeichnen. Diesen Unternehmen werden so Kreditkostenvorteile gewährt gegenüber Unternehmen, die CO2-intensiv produzieren.

(2) Ebenfalls denkbar ist, dass klimaschonende Unternehmen eine Zinsvergünstigung erhalten: Banken können die Kredite, die sie an diese Firmen geben, zu besonders günstigen Konditionen bei der EZB refinanzieren.

(3) Die Euro-Staaten erhalten verbilligte EZB-Kredite, mit denen dann klimaschonende Industrien subventioniert werden können.


Die dunkle Seite der Eingriffe

Das Vorhaben der EZB, den Klimaschutz in die Geldpolitik einzubinden, hat - und das dürfte wenig überraschend sein - sehr weitreichende Folgen, die viele Probleme verursachen. Einige davon seien im Folgenden skizziert:

(1) Die EZB geht über ihr vorgegebenes Mandat hinaus, selbstermächtigt sich: In ihren vertraglichen Grundlagen steht nichts von geldpolitischer Klimaschutzaufgabe. Die Mandatsausweitung, die Lagarde erreichen möchte, wäre im Grunde ein weiteres Beispiel dafür, dass vertragliche Regeln im Euroraum - die ja gemacht wurden, um den politischen Missbrauch von und durch Institutionen wie der EZB zu verhindern - missachtet und willkürlich beiseitegeschoben werden.

(2) Im Zuge einer "grünen Geldpolitik" beeinflusst die EZB die Kredit- und damit auch die Kapitalkosten von Firmen und ganzen Industrien. Vor diesem Hintergrund stellen sich ein paar ganz praxisrelevante Probleme:


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