Jenseits von "Bazooka" und "Wumms"
10.01.2021 | Manfred Gburek

Eines muss man Scholz lassen: Seinem stets beruhigenden Charme bei öffentlichen Auftritten ist kaum jemand gewachsen. Wie denn auch? Gilt es doch, den Bundesbürgern klar zu machen, dass die Abschaffung der "schwarzen Null" etwas grundsätzlich Gutes sei, nämlich ein umfangreiches Programm zur Belebung der Konjunktur. Die dadurch entstehenden Löcher im Bundeshaushalt seien temporär und würden später wieder zugemacht. Aber wie? Darüber streiten sich die Geister. Zur Debatte stehen - und zwar überparteilich - verschiedene Steuern und Abgaben. Welche, wird sich überwiegend in der kommenden Legislaturperiode entscheiden.
Es ist indes längst noch nicht ausgemacht, welche Sprünge die Konjunktur in den kommenden Monaten und Jahren nach unten und nach oben vollziehen wird. Nehmen wir ein einfaches Beispiel aus jüngster Zeit. Da hat die DZ Bank ermittelt, dass die privaten Haushalte in Deutschland auf einem Geldvermögen in Höhe von 7,1 Billionen Euro sitzen, nach einem kräftigen Anstieg um 5,9 Prozent 2020 im Vergleich zu 2019, entsprechend 393 Milliarden Euro. Sparquote: 16 Prozent, so hoch wie noch nie.
Die Bundesbürger haben in erster Linie deshalb so viel gespart, weil sie traditionell gern den sprichwörtlichen Notgroschen zur Verfügung haben. Dieses Verhalten ist nachvollziehbar, heißt es doch, im Fall des Falles auf das Ersparte zurückgreifen zu können.
Der Unterschied zu Sparbuch-Olaf ist allerdings gewaltig: Während dieser de facto - Stabilitätspakt ade - Geld über Schulden und Steuern fast unbegrenzt aus dem Vollen schöpfen kann, stehen dem durchschnittlichen deutschen Michel nur begrenzte Geldbeträge zur Verfügung. Schlimmer noch: Diese sind zu einem erheblichen Teil quasi eingemauert, vor allem in Form von Kapitallebensversicherungen und entsprechenden privaten Rentenversicherungen, seit Jahrzehnten gesetzlich durchgedrückt von der Versicherungslobby, also letzten Endes von Allianz, Ergo & Co.
Wie der Gesetzgeber gegen die Interessen der Sparer agiert, zeigt sich nicht nur im Großen und Ganzen, sondern auch in scheinbaren Kleinigkeiten. Ein markantes Beispiel: die Abgeltungsteuer. Sie beträgt 25 Prozent, bezogen auf Zinsen, Dividenden, Kursgewinne und einige weniger wichtige Erträge. Hinzu kommt der Soli in Höhe von 5,5 Prozent. Lassen wir die Kirchensteuer beiseite, ergibt sich eine Belastung von 26,375 Prozent.
Aber war da nicht noch etwas? Genau: Seit Jahresbeginn gilt der Soli für die meisten Bundesbürger nicht mehr. Prima, ist man geneigt zu reagieren - gäbe es dazu nicht mehr Ausnahmen als Regeln: Angefangen bei der Möglichkeit, alternativ zur Abgeltungsteuer in bestimmten Fällen den persönlichen Einkommensteuersatz zu wählen, bis zu Spitzfindigkeiten aus dem großen Reich der Bürokratie. Deshalb seien hier einige von ihnen zitiert, wie sie in den vergangenen Tagen von Banken und Sparkassen an ihre Kunden versandt wurden:
"Es gibt Sachverhalte, die Ihre auf Erträge und Gewinne gezahlten Steuern nachträglich verringern oder erhöhen können: Aus Wertpapiergeschäften entstandene Verluste, anrechenbare Quellensteuer, während des Jahres eingereichte Freistellungsaufträge, während des Jahres eingereichte oder widerrechtliche Nichtveranlagungsbescheinigung, Stornobuchungen. Damit wir Ihre Gewinne und Verluste laufend im Überblick haben, merken wir sie in sogenannten Verlustverrechnungstöpfen vor. Es gibt mehrere Verrechnungstöpfe." Und so weiter.
Spätestens, wenn man beim Lesen hier angekommen ist, dürfte das Interesse an solchen Töpfen geschwunden sein. Dann sollte ein versierter Steuerfachmann weiterhelfen. Denn es geht nicht allein darum, einfach nur das Elster-System der Finanzämter mit Daten zu füttern, sondern um die Einbindung der Steuern in die eigene Finanzstrategie.
Hört man sich derzeit in Berlin um und fragt man gut informierte Whistleblower nach Steuerplänen, sind Antworten erwartungsgemäß dürftig bis nichtssagend.
Klar, schließlich weiß ja noch niemand, welche Partei zur Bundestagswahl im nächsten Herbst die Oberhoheit gewinnen und welche ihr dabei helfen wird. Doch wenigstens zweierlei steht schon jetzt fest: Die kommende Bundesregierung wird von einer Koalition dominiert; und die durch die Corona-Krise stark dezimierten öffentlichen Kassen können nur dann wieder hinreichend gefüllt werden, wenn die Konjunktur in einen Boom mündet. Olaf Scholz, bislang primär als Ausgaben-Minister in Aktion, dürfte sein Amt dann einem Einnahmen-Minister zur Verfügung stellen.
Zum Schluss aus aktuellem Anlass noch der Hinweis auf ein im vergangenen Jahr erschienenes Buch, ein niederschmetterndes Psychogramm über den scheidenden US-Präsidenten Donald Trump, geschrieben von dessen Nichte Mary L. Trump, einer promovierten klinischen Psychologin. Titel: "Zu viel und nie genug - Wie meine Familie den gefährlichsten Mann der Welt erschuf".
© Manfred Gburek
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Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.
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