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Warum Freiheit einen freien Markt für Geld braucht

31.10.2022  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Wie aber auch immer unsere Interpretation ausfällt: In beiden Fällen gibt es Anlass, die Folgen der Fiat-Geldverwendung bis zum Ende zu durchdenken. Wie bereits angeklungen, mögen Staaten, die Fiat-Geld verwenden, keinen Wettbewerb zwischen ihren Währungen. Denn er engt ihren Missbrauchsspielraum mit der Notenpresse ein: Wenn eine Währung zu stark inflationiert wird, fliehen die Menschen in eine andere, weniger inflationäre Währung. Die Staaten (wir wie sie heute kennen) haben daher einen Anreiz, den Schulterschluss zu üben, ein internationales Fiat-Geld-Kartell zu bilden.

Das kommt beispielsweise in der Idee zum Ausdruck, feste Wechselkurse zwischen den Währungen zu installieren, geldpolitische Kooperation in der Zinspolitik zu betreiben, Liquiditätshilfen zwischen den Zentralbanken zu vereinbaren. Der logische Endpunkt, auf den eine solche Kartellierung der Staaten beziehungsweise deren Zentralbankpolitik hinstrebt, ist die Schaffung einer zentral gelenkten Welt-Fiat-Währung, früher oder später verbunden mit einer Art Weltregierung.

Sie sagen, das sei aber ein wenig weit hergeholt, überspitzt? Nun, im Euroraum wurde die Währungsvereinheitlichung im Kleinen bereits realisiert. 1999 tauschten 11 Staaten ihre Währungen gegen eine supranationale Währung, den Euro ein. Die Hoheit über ihr Geld ging damit an die Europäische Zentralbank - eine Institution, deren Kontrolle den nationalen Parlamenten beziehungsweise den nationalen Bürgern de facto entzogen ist.

Der Währungswettbewerb im Euroraum ist ausgeschaltet. Und was im Kleinen möglich ist, ist prinzipiell natürlich auch im Großen machbar. Vorschläge, wie sich eine Welt-Fiat-Währung aus der Taufe heben lässt, gibt es zuhauf. Die Schaffung des Euro ist dabei quasi die "Blaupause": Erst bindet man die Währungen mit festen Wechselkursen aneinander, dann fixiert man die Wechselkurse, schließlich wird die nationale Währung in eine supranationale Währung mit neuem Namen eingetauscht.

Zwar ist die Schaffung einer Welt-Fiat-Währung derzeit kein Titelthema in den Medien. Aber der Plan, digitales Zentralbankgeld auszugeben, wird wohl dem politischen Drang nach einer Welt-Fiat-Währung noch großen Schub verleihen. Mit dem Schaffen von digitalem Zentralbankgeld wird nicht nur das Bargeld verdrängt - und ein verbliebenes Fluchtfenster für die Geldverwender geschlossen. Digitales Zentralbankgeld wird sehr wahrscheinlich die verbliebenen privatwirtschaftlichen Elemente des Kredit- und Geldsystems zu Grabe tragen und die staatliche Machtstellung im monetären System auf ungeahnte Größenordnungen bringen.

Sind erst einmal alle Zahlungen nur noch über Konten abzuwickeln, die bei der Zentralbank gehalten oder von ihr eingesehen werden, ist das Verschmelzen der nationalen digitalen Zentralbankgelder in ein einheitliches digitales Welt-Zentralbankgeld ein recht einfaches Unterfangen - und George Orwells "1984" könnte zu einer fast schon arglosen Schilderung eines totalitären Überwachungsregimes verblassen.


Die Möglichkeit der Umkehr

Die Staaten haben es zwar geschafft, die Hoheit über die Geldproduktion zu erlangen und das Goldgeld gegen ihr eigenes Fiat-Geld zu ersetzen. Aber daraus sollte man nicht schließen, dass derartige Entwicklungen nicht korrigierbar wären. Dazu drei Beispiele aus der Währungsgeschichte.

Erstes Beispiel: In den USA gab es frühzeitig den Versuch, eine Art Zentralbank nach europäischem Vorbild zu errichten. Im Jahr 1791 wurde die First Bank of the United States gegründet. Aber nach 20 Jahren schaffte der US-Kongress sie wieder ab - weil man der Auffassung war, eine solche Institution sei schädlich, befördere Korruption, diene wenigen Sonderinteressengruppen auf Kosten vieler. Im Jahr 1816 gab es einen erneuten Versuch in den USA, eine Zentralbank zu errichten. Aber auch die daraufhin gegründete Second Bank of the United States wurde nach 20 Jahren geschlossen - auf Drängen des US-Präsidenten Andrew Jackson (1767-1845).⁵

Zweites Beispiel: Als gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Napoleonischen Kriege begannen, suspendierte die Bank von England die Gold-Einlösbarkeit des britischen Pfunds. Doch nach 24 Jahren, im Jahr 1821, wurde sie wiederhergestellt und ganz offiziell ein Goldstandard verkündet. Er währte bis 1914, also immerhin 93 Jahre.

Drittes Beispiel: In vielen US-Bundesstaaten wurden in den letzten Jahren die Mehrwert- und Kapitalertragssteuer auf Edelmetalle abgeschafft, um sie als Zahlungsmittel attraktiv zu machen; um Bürgern und Unternehmern Gold- und Silbergeld als Alternative zum US-Dollar zu eröffnen.

Diese drei Beispiele zeigen: (1) Eine einmal errichtete Zentralbank kann auch wieder abgeschafft werden. (2) Eine Abkehr vom Sachgeld bedeutet nicht, dass eine Volkswirtschaft nicht wieder zum Sachgeld zurückfinden kann. (3) Die Idee, dass die Menschen sich die Freiheit bei der Geldwahl geben, kann eine Renaissance erleben.


Ein freier Markt für Geld

Das gibt Anlass für Optimismus. Denn die Beispiele zeigen letztlich nichts anderes, als dass es keine überzeugenden ökonomischen und ethischen Gründe gibt, warum der Staat das Geld monopolisieren sollte. Ganz im Gegenteil. Das staatliche Fiat-Geld ist mit schweren ökonomischen und ethischen Defekten behaftet. Glücklicherweise gibt es eine überzeugende Alternative zum staatlichen Fiat-Geld: einen freien Markt für Geld.

Ein freier Markt für Geld bedeutet, dass jeder die Freiheit hat, das Geld nachzufragen, das er für seine Zwecke am besten ansieht; und dass jeder die Freiheit hat, seinen Mitmenschen ein Gut anzubieten, das diese als Geld zu verwenden wünschen. Im freien Markt bestimmen die Geldnachfrager, was als Geld verwendet wird. Sie wählen dasjenige Gut als Geld, von dem sie meinen, dass es im Tauschverkehr mit anderen das Beste ist. Nehmen wir an, die Menschen entscheiden sich für Gold als Geld. Was wären die Folgen?

Die weltweit oberirdisch verfügbare Goldmenge ist fortan Geld - beziehungsweise das Gold, das in Form von Münzen und Barren, die für Geldzwecke verwendet werden, verfügbar ist. Die Güterpreise würden in Feinunzen, besser: in Goldgramm ausgezeichnet. Die Abkürzung dafür könnte AUR (vom lateinischen Aurum) sein, wobei 1 AUR 1 Gramm Feingold entspräche.

Goldlagerstellen entstehen, die den Geldverwendern Lager-, Zahlungs- und Versicherungsdienste anbieten. Dafür zahlen die Goldhalter den Goldlagerstätten eine Gebühr. In einem freien Markt für Geld gibt es natürlich Kredite, Derivate, Börsengänge, M&A-Aktivitäten und auch alles andere, was man heute kennt - auch mit Goldgeld lassen sich Lastschriften, Internet-Banking etc. in gewohnter Weise am Computer oder über das Smartphone elektronisch/digital abwickeln.


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