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Der Euro - Ausweg(e) aus einer historischen Fehlentscheidung

06.01.2023  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Mark Banco

Was daraus entstehen kann, lässt sich illustrieren mit einem kurzen Blick auf eine überaus erfreuliche Episode in der deutschen Geldgeschichte. In der Hansestadt Hamburg wird im Jahr 1619 die "Hamburger Bank" gegründet. Bei ihr kann man Silbermünzen und Silberbarren einlagern, und im Gegenzug räumt die Hamburger Bank dem Kunden ein entsprechendes Guthaben in der "Mark Banco" ein: 1622 entsprach ein Mark Banco einem Silbergewicht von 8,66 Gramm. Die Mark Banco dient als Recheneinheit, mit der die Kaufleute ihre Geschäfte bargeldlos, per Überweisung abwickeln. Die Hamburger Bank wird damit zur ersten Girobank Deutschlands.

1770 gibt es eine Bankreform, durch die die Mark Banco zu einem Feinsilberstandardgeld gemacht wird: Die Mark Banco repräsentiert fortan nicht mehr nominale Silbermünzen, sondern ungemünztes Feinsilber, also reines Silbergewicht. Bis 1871 wird die Marc Banco verwendet, diente also mehr als 250 Jahre als verlässliches Geld. Sie wird erst mit der Reichsgründung abgeschafft, bei der im vereinten Deutschland ein Goldstandard etabliert und das Silbergeld demonetisiert wird.

An der Erfolgsgeschichte der Mark Banco könnte in den USA nun angeknüpft werden. Das beginnt dann, wenn Edelmetall-Depositenbanken ihre Dienste anbieten. Bei ihnen kann man dann physische Edelmetalle einlagern. Die Depositenbank schreibt das Edelmetall-Guthaben - denken wir an Gold als frei gewähltes Geld - auf einem Konto gut und zwar, dem Beispiel der Mark Banco folgend, in einer Recheneinheit, sagen wir "Goldgramm".

Mit der modernen Technik entsteht ein "digitalisierter Edelmetallstandard". Es kann weiter wie bisher gezahlt werden: per Lastschrift, Internet-Banking, per Apple-Pay oder Paypal bequem zahlen - statt in US-Dollar in Goldgramm. Beispielsweise zeichnet Amazon die zum Verkauf stehenden Güter nicht nur in US-Dollar (oder Euro oder Schweizer Franken) aus, sondern auch in Goldgramm - oder in Kryptowährungen.


Cyber-Geld

Was sich in einem freien Markt für Geld durchsetzt, lässt sich vorab nicht sagen. Vielleicht wählen ja die Menschen kein Edelmetall, sondern eine Kryptowährung - wie zum Beispiel den Bitcoin. Der Bitcoin ist ein digitales Zahlungsmittel, das auf der Blockchain aufbaut. Die Blockchain ist ein dezentrales Kontenbuch, das auf vielen Computern abgespeichert ist. Die Blockchain ist eine Technologie, die den freien Währungswettbewerb immens befördern kann.

Die Britische Münzanstalt, die "Royal Mint", hatte bereits ein Projekt auf den Weg gebracht. Die Idee war, das bei ihr gelagerte Edelmetall per Blockchain handelbar zu machen. Wer also bei der Royal Mint zum Beispiel Gold einlagert, dem wird das eingelagerte Gewicht in der Einheit "Royal Mint Gold" (RMG) auf seinem Konto gutgeschrieben. 1 RMG entspricht dabei 999,9 Feingoldgehalt. Die Perth Mint in Australien arbeitet an einem ähnlichen Angebot. De facto stellen die Münzanstalten damit ein Gold-basiertes Handels- und wohlmöglich auch Zahlungssystem bereit.

Wir sollten an dieser Stelle festhalten: Der technologische Fortschritt erlaubt es, den etablierten Fiat-Währungen ernste Konkurrenz zu machen. Und dass daraus ein besseres Geld, ein praktikables Geld- und Zahlungsverkehrssystem erwachsen kann, liegt auf der Hand. So gesehen kommt man zur begründeten Hoffnung, dass der Weg hin zum Währungswettbewerb sich nicht mehr aufhalten lässt. Man könnte von einer wahren Demokratisierung des Geldes sprechen, die die Fiat-Währungen, einschließlich des Euro, herausfordert.

Natürlich werden Staaten und Zentralbanken versuchen, diesen Wettbewerb zu unterdrücken - ihn mit steuerlichen und regulatorischen Hürden zu entmutigen. Aber wahrscheinlich wird das dann ins Leere laufen, wenn die Menschen entdecken, dass das Geld, das der freie Markt hervorbringt, besser ist als das Fiat-Geld.


Ein freier Markt für Geld

Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren, damit ahnen Sie vermutlich bereits, wie meine Empfehlung ausfällt, um die Euro-Problematik zu lösen. Meine Empfehlung lautet nicht, den Euro aufzuspalten, oder Deutschland solle aus dem Euro austreten. Meine Empfehlung lautet vielmehr, einen freien Währungswettbewerb in Gang zu setzen. Der Euro (das gilt für jede Fiat-Währung) muss Konkurrenz bekommen. Das ist aus meiner Sicht der einzig gangbare Weg, um die schädlichen Wirkungen des Fiat-Geldes in den Griff zu bekommen.

Ein wichtiger Schritt dazu wäre, alle denkbaren Geldkandidaten - Edelmetalle, aber auch Kryptoeinheiten - von der Umsatz- und Kapitalertragssteuer zu befreien, damit sie keine steuerlichen Nachteile gegenüber dem Fiat-Euro haben; gleiches sollte auch bei der Verwendung von Fremdwährungen (wie US-Dollar und Schweizer Franken) gelten.

Anfänglich würden die Menschen die Wahlmöglichkeit vermutlich nutzen, um Teile ihrer Euro-Termin- und Spareinlagen dem gewünschten Geld anzuvertrauen. Späterfolgend werden auch Zahlungen mit dem freien gewählten Geld durchgeführt und langfristig entstehen Märkte für Kredite und Wertpapiere, denominiert im frei gewählten Geld.

Würde die EZB weiter marode Staatshaushalte und Banken mit neu gedruckten Euro finanzieren, wertet die Einheitswährung nach innen und außen ab. Die Geldnachfrager verabschieden sich daraufhin zusehends vom Euro. Das setzt die EZB unter Druck, ihre inflationäre Politik zu begrenzen. Wenn sie von ihrer Inflationspolitik nicht ablässt, wechseln die Geldnachfrager in eine andere Währung. Die Nachfrage nach Euro schwindet und die Einheitswährung wird im Extremfall aus dem Markt ausscheiden, wertlos werden.


Schluss

Damit bin ich am Ende meiner Ausführungen angekommen. Das friedvolle, kooperative und produktive Zusammenleben der Menschen ist nicht voraussetzungslos. Gutes Geld ist eine unverzichtbare Zutat. Der Fiat-Euro ist aber leider kein gutes Geld. Er verursacht nicht nur wirtschaftliche Probleme, er ist letztlich auch mit dem Ideal einer freien Gesellschaft nicht vereinbar. Der Lösungsweg, den ich vorgestellt habe, besteht in einem Beenden der Euro-Monopolstellung, indem man einen Währungswettbewerb, einen freien Markt für Geld, zulässt.

Der freie Markt wird gutes Geld hervorbringen, weil niemand freiwillig schlechtes Geld nachfragen wird. Geld, das im freien Markt entsteht, wird besser sein, als es das staatlich monopolisierte Fiat-Geld jemals sein kann. Gutes Geld ist eine notwendige Bedingung für ein kooperatives und produktives Europa, in dem die Menschen in Wohlstand und Frieden leben können. Wer ein solches Europa anstrebt, für den ist der freie Markt für Geld ein natürlicher Verbündeter. Ich hoffe, meine Ausführungen waren für Sie an- und auch ein wenig aufregend.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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