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Richard Mills: Wird die Fed durch eine zu frühe Zinssenkung eine Inflationswelle auslösen? (Teil 1/2)

09.09.2025
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Quelle: Apollo Global Management


Wenn wir den Chart verkleinern, sehen wir "Ausläufer", die sich von 1966 bis 1973 und von 2014 bis 2021 fast spiegelbildlich ähneln. Die Inflationsrate steigt in keinem der beiden Zeiträume über 3,5%. Nun zu den Bergen. Der erste Inflationsberg bildet sich zwischen 1973 und 1975, flacht dann für einige Jahre ab, bevor zwischen 1978 und 1982 ein zweiter Berg entsteht. Die Inflation erreichte in diesem Zeitraum 1980 mit 14% ihren Höchststand.

Es ist wichtig, den Unterschied zwischen der grünen Linie, die die Inflation zwischen 2014 und 2025 darstellt, und der schwarzen Linie, die die Inflation der 1970er und 1980er Jahre darstellt, zu verstehen. Was waren die "politischen Fehltritte", die Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre zur Entstehung der zweiten Inflationswelle führten?

Laut Fortune "senkte die Fed in den 1970er Jahren die Zinsen nach einem ersten Inflationsanstieg zu früh, woraufhin die Preise aufgrund von Ölkrisen und Lohnforderungen, die sich auf die gesamte Wirtschaft auswirkten, erneut in die Höhe schossen. Dies zwang die politischen Entscheidungsträger dazu, die Zinsen wieder anzuheben, was die USA in wiederholte Rezessionen stürzte und die Glaubwürdigkeit der Fed über Jahre hinweg schädigte."

Damit Sloks Theorie zutrifft, müsste die Inflation in den nächsten fünf Jahren steigen und einen zweiten Berg bilden, ähnlich wie zwischen 1978 und 1982. Genauer gesagt: Wenn sich das Muster fortsetzt, würde die Inflation ab Herbst 2025, also jetzt, einen weiteren Höhepunkt erreichen. Damit Slok Recht behält, müsste die Fed außerdem bereits in diesem Monat die Zinsen senken. Seiner Ansicht nach ist dies der politische Fehltritt, der zur zweiten Welle steigender Inflation führt.

In seinem Newsletter "Daily Sparks" vom 31. August wies Slok auf die Inflationserwartungen aufgrund von Zöllen, der Abwertung des Dollar und Meinungsverschiedenheiten innerhalb des FOMC hinsichtlich der Frage hin, wie man die steigende Inflation mit dem Rückgang der Beschäftigung in Einklang bringen kann (die Fed hat vor dem Hintergrund steigender Inflation selten die Zinsen gesenkt).

Die Fed begeht wohl einen ähnlichen politischen Fehler wie in den 1970er Jahren, als sie nach einem ersten Inflationsanstieg zu früh die Zinsen senkte – wie wir am Anfang des Artikels mit den Inflationszahlen für Juli beschrieben haben. Slok warnte davor auf dem Jackson Hole Symposium im August, wo er sagte, dass die Fed strukturelle Verzerrungen durch Zölle und Einwanderungspolitik sehe.

(Zölle sind inflationär, weil sie Importeure dazu zwingen, eine zusätzliche "Steuer" auf Importe zu zahlen, die letztendlich an die Verbraucher weitergegeben wird. Einwanderungsbeschränkungen sind inflationär, weil sie Arbeitskräfte aus der Wirtschaft abziehen. Der Wegfall von Arbeitskräften treibt die Löhne in Branchen wie Landwirtschaft, Bauwesen und Gastgewerbe in die Höhe.)

"Wenn diese Kräfte die Inflation aufrecht erhalten und Powell die Zinsen senkt, wie er es unter dem Druck des Weißen Hauses tun muss, könnte er laut Slok anfällig für einen politischen Fehler im Stil der "Stop-and-Go"-Politik der 1970er Jahre werden – der Hintergrund für den zweiten Inflationsberg.

In einem solchen Szenario, das an die 70er Jahre erinnert, könnte die Inflation sprunghaft ansteigen, wenn die Fed ihre Politik vorzeitig lockert, was zu den schmerzhaften Korrekturmaßnahmen führen würde, die unter Powells Vorgänger Paul Volcker zu beobachten waren, der die Zinsen aggressiv anhob und schwere Double-Dip-Rezessionen überstand."
– Fortune

Bevor wir diesen Abschnitt verlassen, noch ein paar Worte zur wirtschaftlichen Lage in den 1970er und 80er Jahren. Als die Inflation 2022 ein 40-Jahres-Hoch erreichte, sahen sich viele, darunter auch wir, gezwungen, einen Blick zurück in die Geschichte zu werfen, um herauszufinden, wann dies zuletzt geschehen war.

Im Jahr 1979 stand der damalige Vorsitzende der US-Notenbank, Paul Volcker, vor einer großen Herausforderung: Wie konnte man die Inflation eindämmen, die die Wirtschaft fast das ganze Jahrzehnt lang heimgesucht hatte? Seit dem Zweiten Weltkrieg waren die Preise für Waren und Dienstleistungen jährlich um durchschnittlich 3,2% gestiegen, aber nach der Ölkrise 1973 hatten sie sich auf 7,7% im Jahr mehr als verdoppelt. Die Inflation erreichte 1975 mit 9,1% den höchsten Stand seit 1947. Obwohl die Preise im folgenden Jahr wieder sanken, erreichte die Inflation 1979 (bedingt durch die Energiekrise von 1979) erschreckende 11,3% und stieg 1980 sogar auf 13,5%.

Nicht nur die Inflation schoss in die Höhe, auch das Wirtschaftswachstum stagnierte und die Arbeitslosigkeit war hoch und stieg von 5,1% im Januar 1974 auf 9% im Mai 1975. In diesem Umfeld von geringem Wachstum und Hyperinflation kam es zu einer "Stagflation".

Volcker wird weithin für die Eindämmung der Inflation gelobt, aber gleichzeitig wird ihm vorgeworfen, die Rezession von 1980 bis 1982 verursacht zu haben. Er tat dies mit denselben Mitteln wie die aktuelle Federal Reserve: durch eine Anhebung des Leitzinses. Nur war er dabei wesentlich aggressiver. Von durchschnittlich 11,2% im Jahr 1979 erhöhten Volcker und sein Gouverneursrat durch eine Reihe von Zinserhöhungen den Leitzins im Juni 1981 auf 20%. Dies führte zu einem Anstieg des Leitzinses auf 21,5%, was der Auslöser für die folgende Rezession war.

Aber wir müssen etwas zurückgehen. Volcker wird für die Rezession von 1982 verantwortlich gemacht, aber es war der vorherige Fed-Vorsitzende William Miller, der ihn dazu gezwungen hatte. Miller, der von 1977 bis 1979 Vorsitzender war, gilt als zu nachsichtig gegenüber der Inflation, da er sich weigerte, die Zinsen anzuheben, um die Nachfrage zu dämpfen. Er überließ Volcker die Drecksarbeit.


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