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Kupfer: Das Ende eines mittelfristigen Zyklus

28.10.2005  |  Eugen Weinberg
  • Die Kombination von knappem Angebot und hoher Nachfrage insbesondere aus dem asiatischen Raum haben dafür gesorgt, dass sich der Kupferpreis in den letzten drei Jahren nahezu verdreifacht hat. Alle positiven Effekte sind damit aus unserer Sicht bereits eingepreist. Absolut und relativ zu anderen Rohstoffen befindet sich der Kupferpreis auf einem Niveau, das diesen für Gewinnmitnahmen kurz- bis mittelfristig verwundbar machen.

  • Die preistreibenden Ängste vor Ressourcenknappheit sind dagegen u.E. unbegründet, da die Lebensdauer der Weltkupferressourcen weiterhin weit über 100 Jahre beträgt. Auch sind die wirtschaftlich abbaubaren Reserven aus unserer Sicht erheblich höher als offiziell ausgewiesen, wie auch die neuesten Berichte aus den USA signalisieren.

  • Angebotsseitig ist zu konstatieren, dass sich die Lagerbestände an den Metallbörsen auf einem historisch niedrigen Niveau befinden, was kurzfristige Ausschläge wahrscheinlich werden lässt. Jedoch können die Metalllager von diesem Niveau aus nur noch steigen. Für eine signifikante Angebotsausdehnung in der Größenordnung von rund 10% spricht, dass in diesem Jahr viele große Kupferminen erweitert und auch neue Minenprojekte in Betrieb genommen werden sollen. Die hohen Schmelz- und Raffinierungskosten deuten bereits auf eine ausreichende Konzentratversorgung und möglicherweise einen Produktionsüberschuss hin. Die angespannte Lage am Markt für raffiniertes Kupfer sollte sich im Laufe des Jahres deutlich beruhigen.

  • Fallende Stahlpreise signalisieren außerdem eine Verlangsamung des weltweiten Wachstums der Metallnachfrage. Die langfristige Zyklizität spricht demnach für ein baldiges Ende der Kupferrallye. Eine große Backwardation von über fünf Prozent auf drei Monate deutet bereits auf eine relativ schnelle Entspannung hin.

  • Wir gehen im Moment von einer nachhaltigen Verbesserung der Versorgungssituation und steigenden Liefermengen aus. Dies sollte zu einer heftigen Korrektur auf schätzungsweise 2650 US$ pro Tonne (bzw. 1,20 US$ pro lbs.) in den nächsten Monaten führen. Allerdings glauben wir nicht, dass der Kupferpreis in diesem Zyklus auf seinen historischen Durchschnitt bei knapp unter 2000 US$ pro Tonne (90 US$ pro lbs.) fällt. Steigende Produktionskosten, Kapazitätsknappheiten und weiterhin starke Nachfragedynamik aus China sollten eine dauerhaft preisstützende Wirkung haben.


Gewinnung und Verarbeitung

Kupfer ist eines der ältesten von Menschen genutzten Metalle und hat mit seinem Namen sogar zwei Epochen der Menschengeschichte, der Kupferzeit und dem Bronzezeitalter, Pate gestanden. Da Kupfer leicht zu verarbeiten ist, einen niedrigen Schmelzpunkt besitzt und auch in Reinform vorkommt (ein sog. gediegenes Element), wurde es bereits vor 10.000 Jahren vom Menschen verwendet. Obwohl Blei und Zink am Anfang des 20. Jahrhunderts bedeutend höhere Anteile am weltweiten Metallverbrauch als andere Nichteisenmetalle besaßen, ist Kupfer heutzutage nach Eisen und Aluminium in Gewichtseinheiten das drittwichtigste Metall überhaupt. Seine hohe Elektrizitäts- und Wärmeleitfähigkeit sowie seine Korrosionsfestigkeit und Haltbarkeit machen Kupfer zu einem festen Bestandteil moderner Elektronik, Elektro- und Bautechnik.

Der Anteil gediegenen oxidierten Kupfers in der Natur ist allerdings sehr niedrig und viel häufiger wird Kupfer aus Eisensulfiderzen gefördert, in denen es zusammen mit anderen Metallen wie Zink, Silber oder Nickel vorkommt. Dabei sind sulfidische Erze auch leichter zu bearbeiten als oxydische Erze. Heutzutage stammen über 80% aus sulfidischen Erzen mit einem Gehalt von 0,5-4% Kupfer. In seinem Gewinnungsprozess durchläuft Kupfer dabei mehrere Stadien. Zuerst wird es direkt an der Kupferlagerstätte mit pyro-metallurgischen und elektrolytischen Techniken behandelt und zu einem pulverähnlichen Konzentrat oder einem Kondensat aufbereitet. Das Konzentrat enthält rund ein Drittel Kupfer, ein Drittel Eisen und ein Drittel Schwefel und ist oft das Endprodukt der Minengesellschaft. Dieses wird an die Schmelzer verkauft und durch Blasenmethoden im Schmelzofen zu Blister und Anoden mit einem Kupfergehalt von über 99% eingeschmolzen. Die kupferhaltigen Eisenoxiderze (rund 20% der Produktion) durchlaufen dagegen einen sog. SX-EW Prozess (Lösemittel-/ Elektro-Gewinnung), wobei ein Großteil der Produktion direkt in die letzte Bearbeitungsphase zur Raffinerie geschickt wird. In den Raffinerien durchlaufen die Anoden einen elektrolytischen Raffinierungsprozess und werden zum hochgradigen (99,99%) Raffinadekupfer, sog. Kathoden, verarbeitet. Dies ist das Hauptprodukt der Kupfergewinnung und gleichzeitig das einzige börsennotierte Handelsprodukt. Unter Kupferpreis verstehen wir in unserer Analyse den Preis für Kupferkathoden an der LME und der COMEX. Nach der Raffinierung wird Kupfer zu industrietauglichen Endprodukten wie Kupferblech oder Elektrokabel verarbeitet.

Da Kupfer seine Eigenschaften beim Recycling behält und dieser Prozess zu keinen Qualitätsverlusten führt, kommt ein großer Teil der Produktion aus dem Wiedereinschmelzen des Kupferschrotts. Mit den steigenden Kupferpreisen, fallenden Kupfererzgehalten und steigenden Produktionskosten spielt Kupferschrott eine zunehmend größerer Rolle. Mittlerweile beträgt der Anteil dieser Sekundärproduktion über 10% der Gesamtproduktion. Ein weiterer wichtiger Rohstoff stellt aus diesem Grund Altkupfer, z.B. in Form von Drähten, Blechen, Rohren und Granulaten, dar. Auch andere Formen von Rohkupfer sowie Recyclingmaterialien, wie kupferhaltige Schlacken, Stäube und Schlämme finden, ihre Verwendung.

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Nachfragestruktur

Unter den farbigen Metallen kommt dem roten heutzutage die größte wirtschaftliche Bedeutung zu. Kupfer zeichnet sich durch hervorragende elektrische und thermische Leitfähigkeit bei gleichzeitig sehr gutem Umformverhalten und höchster Korrosionsbeständigkeit sowie langer Haltbarkeit aus. Dieses einzigartige Eigenschaftsprofil erklärt die Vielzahl der Anwendungen und die große Verbreitung von Kupfer in der modernen Technologie. Als das Metall mit der höchsten elektrischen Leitfähigkeit findet Kupfer seine Anwendung in der Herstellung von Kabeln für die Übertragung von elektrischer Energie und Daten sowie bei der Herstellung von Telefonleitungen und Netzwerken. Auch in der Herstellung von Computern und Halbleitern kommt Kupfer zum Einsatz. Seine hohe thermische Leitfähigkeit macht die Anwendung von Kupfer in Kühlschränken und Klimaanlagen für den schnellen Wärmetausch fast unausweichlich. Jedoch sind die klassischen Anwendungen im Baubereich, wie z.B. Bedachungen und Installationsrohre, weiterhin für über ein Drittel der Nachfrage verantwortlich. Allerdings nimmt der Anteil von innovativen High-Tech Produkten mit Kupfer, wie z.B. Trägestreifen, Unterwasserbreitbandkabel oder die hochreine Kupfermatrix von Supraleitern, in der Gesamtnachfragestruktur ständig zu. Die Automobilindustrie kommt ebenfalls nicht ohne Kupfer aus: In jedem PKW sind durchschnittlich rund 20 kg Kupfer enthalten, doppelt soviel wie noch vor 20 Jahren, die Tendenz ist weiter steigend.

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Die Gesamtnachfrage nach Kupferraffinade hat sich in den letzten 30 Jahren mehr als verdoppelt und beträgt aktuell rund 17 Millionen Tonnen pro Jahr. Allerdings blieb dabei der Kupferverbrauch in den entwickelten westlichen Ländern und Japan praktisch unverändert. Ähnlich wie die Märkte für andere Rohstoffe wird die Entwicklung am Kupfermarkt von der starken Nachfrage aus dem asiatischen Raum dominiert, auf den die Nachfragesteigerung in den letzten 30 Jahren fast ausschließlich zurückging. Während der Anteil asiatischer Schwellenländer am Gesamtprimärverbrauch vor 30 Jahren bei lediglich 4% lag, sind es heute über 40 % des Gesamtvolumens. Dabei übernimmt allmählich die Volksrepublik China die Vorreiterrolle der Tigerstaaten Taiwan, Südkorea und Singapur aus den 80er und 90er Jahren. Im Jahre 2003 ist China dabei zum ersten Mal zum weltweit größten Kupferverbraucher aufgestiegen und hat die USA von Platz eins verdrängt. Die zweistelligen Wachstumsraten bei Kupferverbrauch sollten aus unserer Sicht auch in der Zukunft anhalten, da während einer Industrialisierungsphase, in der sich China momentan befindet, die Nachfrage nach Industriemetallen schneller als das Bruttoinlandsprodukt wächst.

Mit Ausnahme Indiens mit seinem stark dominierenden Agrarsektor sind andere asiatische Länder sehr stark exportorientiert. Diese extreme Orientierung der Schwellenländer Asiens auf die Ausfuhr von Industrieerzeugnissen erfordert eine erheblich höhere Verbrauchsintensität bei Industriemetallen im Vergleich zu den dienstleistungsorientierten westlichen Volkswirtschaften. Dabei stieg der Pro-Kopf-Kupferverbrauch in den Tigerstaaten in den letzten beiden Jahrzehnten so stark, dass sich hieraus für die neuen Wachstumsmärkte China und Indien ein gewaltiger Nachholbedarf ableiten lässt.

Neben der anziehenden Nachfrage aus dem Industriesektor steigt mit einem wachsenden Pro-Kopf-Einkommen auch die Konsumneigung der Bevölkerung und somit auch die Kupfernachfrage. Historische Untersuchungen bestätigen die These, dass zwischen der Entwicklung des Wohlstandes in den Schwellenländern und ihrem jeweiligen Pro-Kopf-Kupferverbrauch eine nahezu perfekte positive Korrelation besteht. Die Höhe des Kupferverbrauchs wird daher parallel zu einem steigenden Wohlstand zunehmen. So hat sich im Laufe der Industrialisierung der durchschnittliche Pro-Kopf-Kupferverbrauch weltweit in den letzten 50 Jahren mehr als verdoppelt. Im industrieorientierten asiatischen Raum war die Entwicklung sogar noch stärker ausgeprägt. Das Bestreben der chinesischen Bevölkerung nach besseren Lebensstandards führt derzeit zu einem steigenden Pro-Kopf-Verbrauch von Industriemetallen. Die boomende Nachfrage nach Wohnungen und Büros, modernen Autos und Rechnern, die einen immer weiter steigenden Anteil an Kupfer enthalten, führt zu einer Nachfrageexplosion nach diesem Metal. Wir glauben, dass Indien und China dem Weg der früheren Tigerstaaten Asiens folgen werden und sich der Pro-Kopf-Kupferverbrauch in den nächsten Jahren steil nach oben entwickeln wird. Dabei könnten die Verbrauchniveaus sogar diejenigen entwickelter Länder, wie den USA oder Japan, übertreffen, da diese Volkswirtschaften stärker industriellastig als dienstleistungsorientiert sind.

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Im Gegensatz zu den relativ kleinen Staaten Taiwan, Singapur und Südkorea steht der raschen Industrialisierung und Verbreitung neuer Technologien in China und Indien eine wesentliche natürlich Hürde entgegen, nämlich die enorme Landesfläche. Die Erschließung der von den Ballungszentren entfernten Provinzen und Städten ist zusätzlich zu den großen Distanzen durch die fehlende Infrastruktur erschwert. Heute ist die Entwicklung einer Region nur bei Vorhandensein von gut entwickelten Strom-, Telefon, und Straßennetzen möglich.
Im Gegensatz zu den westlichen Ländern verfügen asiatische Staaten trotz ihrer höheren Wachstumsraten noch nicht über eine entsprechende Infrastruktur. Das dramatische Wirtschaftswachstum in diesen Ländern sollte aus unserer Sicht langfristig zu einer entsprechenden Anpassung von Produktionskapazitäten und Infrastruktur an das Niveau der industrialisierten Länder führen. Demzufolge sollte der in China und Indien vorhandene Nachholbedarf an Infrastrukturentwicklung in den kommenden Jahren realisiert werden und die dramatischen Unterschiede bezüglich der Transport- und Energieinfrastruktur im Laufe dieser Entwicklung erheblich abnehmen. Dies gilt um so mehr, als die Regierungen von beiden Ländern sich der Dramatik der Folgen einer nicht ausreichenden Erweiterung der Infrastruktur auf die künftige Wachstumsdynamik offensichtlich bewusst sind. Im hohen Tempo werden marktwirtschaftliche Erweiterungsprogramme geschmiedet, wobei man hauptsächlich auf marktwirtschaftliche Methoden, wie Privatisierung und Deregulierung der zuvor staatlich kontrollierten Sektoren, setzt. Zusätzlicher Straßenbau und die Deregulierung des Telekommunikationssektors und der Häfen sollten u.E. die Hindernisse für eine effiziente Stromversorgung und einen optimalen Informations- und Güteraustausch in den kommenden Jahren erheblich reduzieren.

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Wir rechnen damit, dass die Nachfrage nach Kupfer in den kommenden Jahren aufgrund des hohen Wirtschaftswachstums in den Schwellenländern Asiens weiterhin stark bleibt. Schon jetzt ist Asien für rund die Hälfte der Gesamtnachfrage weltweit verantwortlich. Dabei ist die Pro-Kopf-Nachfrage in China und Indien auch im Vergleich zu ihren Nachbarstaaten noch weit unterdurchschnittlich und Indien ist z.B. bislang noch für weniger als 2% der Nachfrage aus Asien verantwortlich.

Dabei erweist sich die Nachfrage aus dem asiatischen Raum als relativ unempfindlich gegenüber den dramatischen Preissteigerungen. Die Abkühlung der Kupfernachfrage ist trotz entsprechender Maßnahmen noch nicht in dem von der chinesischen Regierung erhofften Ausmaß eingetreten. Auch in diesem Jahr dürfte der Nachfragezuwachs in China zweistellig ausfallen. Allerdings muss man bedenken, dass die Kupfernachfrage historisch sehr zyklisch war und einer rasanten Erholung ein ebenso starker und schneller Preisverfall gefolgt ist. Ob der jetzige Nachfragezyklus bald zu Ende geht, hängt unter anderem davon ab, ob die chinesische Regierung in ihren Versuchen, die heiß gelaufene Wirtschaft zu bremsen, Erfolg hat und auch davon, ob die Preise auf einem relativ hohen Niveau von über 1,40 USD pro lbs. über einen längeren Zeitraum bleiben und somit das Nachfragewachstum bremsen.




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