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Interview mit Tom Woods: US-Geldgeschichte, Zentralbanken und Gold

14.03.2018  |  Mike Gleason
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Es steckt viel mehr dahinter. Wir wollen nicht nur Konsum. Das wollen wir eigentlich nicht. Wir wollen Produktion, wir wollen Investitionen. All das wird unterschlagen beim kindischen Anliegen, die Leute zum Geldausgeben zwingen zu wollen.

Wenn Menschen sparen, machen sie Ressourcen verfügbar für Investitionszwecke. Sie ermöglichen den Investoren den Bau eines neuen Ladengeschäfts, neuer Fabriken; sie ermöglichen die Beschäftigung mit Forschung und Entwicklung. Indem die Menschen auf Ausgaben verzichten, geben sie Ressourcen frei, die von Unternehmern genutzt werden. Sie tun etwas Wichtiges in der Ökonomie.

Es ist nicht so, dass wir die Menschen unbedingt künstlich dazu ermutigen sollten, dass sie rausgehen und heute einfachmal Zahnbürsten kaufen. Wir wollen, dass langfristige Projekte unternommen werden. Nur so bekommt man langfristiges Wachstum. Wenn man zudem aus rein logischer Sicht über eine solche Position nachdenkt … nehmen wir an, ich habe 10 Dollar und ich werde sie für drei Gallonen Milch ausgeben, weil das gut ist, weil ich denke, damit der Wirtschaft durch den Kauf von Konsumgütern zu helfen…. Gut, es hilft dem Milchverkäufer.

Wenn man diese Idee, dass es nur auf die Ausgaben für Konsumgüter ankäme, weiterspinnt, dann müsste auch der Milchverkäufer losziehen und, sagen wir, ein billiges Hemd bei Walmart kaufen. Die Person bei Walmart müsste dann losziehen und sich ein Paar Sandalen kaufen; die Person, die Sandalen verkauft, müsste losziehen und sich ein Zeitschriften-Abo kaufen. Aber jeder dieser Schritte wäre Konsum, Konsum, Konsum, Konsum.

Würde die Wirtschaft so funktionieren, wären wir fast unverzüglich wieder in die Barbarei. Es gäbe schließlich keine Gehälter oder Löhne mehr - die sind kein Konsum. Es gäbe keine Unternehmensinvestitionen - die sind kein Konsum. Es gäbe keine Kapitalerhaltung, denn die ist kein Konsum. Also würde alles um uns herum zu bröckeln beginnen; nichts würde erhalten werden, es gäbe keine Investitionen für die Zukunft.

Wer eine allein auf Konsum basierte Ökonomie durchsetzen will, wird das sofort merken; man erkennt, dass der Konsum nicht die Triebkraft der Wirtschaft ist. Dieses “70 % der Wirtschaftsleistung ist Konsum“ ist Unsinn. Das ist eine falsche und unsinnige Berechnung, die einen gewaltigen Teil dessen, was sonst noch passiert, außen vor lässt - all die Zwischenschritte in der Produktion vom Rohmaterial zum Fertigprodukt machen ja einen großen Teil der Produktion aus. Diese werden aus den Zahlen gänzlich rausgelassen. Nichts von dem würde passieren. Keiner jener Teilschritte in der Produktion, keine Kapitalerhaltung, nichts davon würde weiterlaufen, falls wir nur von Konsum besessen wären. Das möchte doch keiner.

Aber ja, man versucht, uns dazu zu bewegen, dass wir losziehen und Geld ausgeben. Und man bestraft die Menschen, die sparen möchten. Das ist wahr. Natürlich lässt sich auch nicht sehr viel dagegen tun. Man bringt uns in eine sehr schwierige Lage, und die Menschen sehen sich gezwungen, sogar noch spekulativer mit ihrem Geld umzugehen, weil sie kaum für ihre eigene Zukunft vorsorgen können. Das ist wirklich erschreckend. Wir sollten nicht zulassen, dass sich die sogenannten Experten als die Retter der Wirtschaft darstellen können, während sie den Durchschnittbürger wirklich kaputtmachen.


Mike Gleason: In der akademischen Welt sind Sie sozusagen ein schwarzes Schaf mit Blick auf Freiheitsideale und öffentliche Warnungen vor zu starken staatlichen Markteingriffen sowie den Theorien Keynes, die das heutige wirtschaftliche und politische Denken größtenteils dominieren.

Wie kommt es, dass die Österreichische Schule eine solche Minderheit in der Mainstream-Finanzwelt bleibt, besonders im Hochschulumfeld? Zum Bespiel Volkswirtschaftler wie Richard Ebeling, den wir glücklicherweise hier interviewen konnten, bekommen nicht viel Anerkennung verglichen mit jemand wie, sagen wir, Paul Krugman. Weshalb ist das so?


Tom Woods: Einerseits liegt das daran, wie die akademischen Kreise funktionieren: Staatlichen Lösungen wird hier ganz klar der Vorzug gegeben. Man beißt nicht die Hand, die einen füttert. Zweitens liegt das an der Art und Weise, wie akademisches Wissen aufgebaut wird. Das ist kein linearer Prozess, bei dem das Wissen jedes Jahr leicht anwächst und quasi im Diagramm darstellbar wäre. Hier gibt es eher bestimmte Denkweisen…. Vielleicht können Sie mir helfen, aber ich hasse das Wort “Paradigma“. Es ist ein schreckliches Wort, doch hier muss ich es wohl benutzen.

Es gibt ein Paradigma. Nehmen wir zur Verdeutlichung vielleicht Isaac Newton und seine Art der Physik. Man dachte lange über Physik so wie Isaac Newton darüber gedacht hatte, und so machten es alle. Anschließend war es aber nicht so, dass zwei Prozent davon durch Einsteins Physik ersetzt wurden und der Rest von 98 % weiter Newtons Physik blieb. Oder später 10 % Einstein und 90 % Newton, dann 30 % Einstein und 70 % Newton. So funktioniert es eben überhaupt nicht. Von einen Tag auf den anderen wurde die Physik Einstein! Die Geschichte des Denkens und Wissens verläuft nicht sanft. Ein Paradigma wird von einem anderen abgelöst.

Und die Österreichische Schule war einst, und es ist komisch, das heute so zu sagen, aber sie war wirklich das herrschende Paradigma, oder eines der herrschenden - eine ganze Weile lang. Es war die Österreichische Schule, die ab den 1870ern die großen theoretischen Erkenntnisse zum Grenznutzen hatte. Vieles von dem, was die Österreichische Schule zu sagen hatte, war überaus Mainstream und galt als akzeptabel.

Nach der Großen Depression kamen die smarten Abzocker und meinten “Die Große Depression beweist, dass der auf sich gestellte freie Markt all diese Probleme erzeugt, weshalb wir das nicht mehr zulassen dürfen.“ Es war aber nicht der freie Markt, es war ein vollkommen manipulierter Markt. Jedes Land der Welt hatte seine “1920er-Jahre" gehabt, wo die Zentralbank das Geldangebot manipulierte und die Zinssätze künstlich niedrig hielt. Das sind die Zutaten für den Konjunkturzyklus! Und genau das ist das eigentliche Anliegen der Österreichischen Schule.

Schließlich erlebten wir die Ablösung eines Paradigmas durch eine anderes. Zwar hat der Keynesianismus auch Federn lassen müssen; die ließ er in den 1970ern, da er die Stagflation nicht erklären konnte. Doch spätestens seit der Finanzkrise kam er mit neuer Kraft wieder.


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