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Der "Goldene Schutzschirm"

28.10.2018  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Der Goldpreis handelt "unter Wert" und macht das 'Goldgeld' damit zu einer attraktiven Versicherung, gerade auch für Anleger aus dem Euroraum, die bestrebt sind, ein "Euro-Klumpenrisiko" zu vermeiden.

Was auch immer der Auslöser gewesen sein mag - steigende US-Zinsen, Konjunktursorgen, "Italien-Krise" oder wachsende "Brexit"- Unsicherheit: Der Goldpreis hat angezogen. Während die Aktienmärkte nachgeben, die Renditen auf den US-Zinsmärkten anziehen und der Außenwert des US-Dollar steigt, legt der Goldpreis in US-Dollar, aber auch in nahezu allen anderen Währungen, deutlich zu. Die Botschaft: Gold wird als "sicherer Hafen" nachgefragt, denn es ist das "ultimative Zahlungsmittel", das die Zentralbanken durch ihre Geldmengenvermehrung nicht entwerten können, und das kein Kredit- und Zahlungsausfallrisiko trägt - anders als Einlagen bei Banken.

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Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen.
(1) Geldmenge ist indexiert und repräsentiert eine "breit definierte" Geldmenge. (2) Geschätzt mittels Mehrfaktorengleichung.


Während es derzeit keinen Mangel an Faktoren gibt, die für eine steigende Goldnachfrage sprechen, lautet die letztlich entscheidende Frage: Ist der aktuelle Goldpreis "fair", oder ist er vielleicht noch zu hoch? Eine Antwort auf diese Frage zu finden, ist bekanntlich keine leichte Aufgabe. Denn anders als beispielsweise bei Aktien, Anleihen oder Immobilien gibt es für das Gold oder Silber (wie übrigens auch für alle anderen Währungen) keine verlässliche Bewertungsformel.

Einige wenige Anhaltspunkte für die Bewertung lassen sich nichtsdestotrotz geben. Beispielsweise liegt es nahe, dass zwischen dem Goldpreis und der (weltweiten) Geldmengenausweitung ein langfristiger Verbund besteht: Steigt die Geldmenge, steigen (meist zeitverzögert) auch die Güterpreise in der Volkswirtschaft, einschließlich des Goldpreises.

Dieser Eindruck wird in Abb. 1 a bestätigt: Seit Mitte der 1990er Jahren steigt die weltweite Geldmenge, begleitet von einem steigenden Goldpreis (in US-Dollar gerechnet). Der Verbund ist zwar alles andere als "perfekt" (und der Geldmengenanstieg war deutlich stärker als der Goldpreisanstieg), aber zumindest richtungsgemäß ist der Befund plausibel.

Die Graphik deutet am äußeren Rand an, dass der Goldpreis "eher billig" zu sein scheint. Bezieht man noch den Marktzins und die Kreditprämien mit ein, so ergibt sich folgendes Bild (Abb. 1 b): Der Goldpreis müsste, wenn der Langfristverbund zwischen Goldpreis, Geldmenge, Zins und Kreditprämien Bestand hat, derzeit bei etwa 1.450 USD/oz stehen (beziehungsweise mindestens bei 1.270 USD/oz) - also deutlich über dem aktuellen Preis von 1.230 USD/oz. Wie erklärt sich diese "Preislücke"?

In der oben angeführten Schätzung werden nicht alle relevanten Einflussfaktoren eingefangen. Das kann (gerade auch für kürzere Zeitphasen) Abweichungen zwischen dem tatsächlichen und dem geschätzten Preis erklären. Die Politiken der Zentralbanken in den letzten Jahren dürfte von ganz besonderer Bedeutung gewesen sein: Sie haben ein "Sicherheitsnetz" unter die Finanzmärkte gespannt und so die Kreditausfallsorgen der Marktakteure erfolgreich vertrieben. Dabei ist es ihnen sogar auch noch gelungen, die Inflationserwartungen niedrig zu halten.

Beides zusammen - eingeschläferte Kreditausfallängste und ausgebliebene Inflationssorgen - haben die Nachfrage nach Gold zu Absicherungszwecken verringert und dadurch vermutlich auch den Preis belastet - in einer Weise, die die obige Schätzung nicht adäquat eingefangen hat. Folglich liegt der Schluss nahe: Solange das Vertrauen der Menschen in die Fähigkeit der Zentralbanken, das Wirtschafts- und Finanzsystem zu stützen, Bestand hat, kann die "Unterbewertung" des Goldes anhalten - möglicherweise sogar länger, als so manchem "Goldfan" lieb sein kann.



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