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Handelsklarheit

09.08.2025  |  Steve Saville
Zumindest vorübergehend herrscht etwas Klarheit auf dem Gebiet des internationalen Handels, da Anfang dieser Woche ein Handelsabkommen zwischen der US-Regierung und der EU angekündigt wurde, das die meisten Importe abdeckt. Wie schon das frühere Abkommen zwischen den Regierungen der USA und Japans beinhaltet auch dieses Abkommen enorme und fiktive Dollarbeträge an versprochenen Investitionen und Ausgaben.

In diesem Fall handelt es sich um fiktive Beträge in Höhe von 750 Mrd. US-Dollar für den Kauf von US-Energie durch die EU über einen Zeitraum von drei Jahren und 600 Mrd. US-Dollar für Investitionen der EU in den USA. Die mit den Abkommen verbundenen Investitions-/Ausgabenbeträge sind erfundene Zahlen, die nichts mit der Realität zu tun haben, weil:


1) Die Parteien, die die Vereinbarungen treffen, sind nicht diejenigen, die die Investitionen/Ausgaben tätigen würden. Beispielsweise ist die EU keine juristische Person, die in den USA investiert oder Energie aus den USA bezieht.


2) Damit eine Investition in den USA getätigt wird, muss ein Investor davon überzeugt sein, dass die Investition eine angemessene Rendite erzielen wird. Daher wird der zu investierende Betrag wie bisher festgelegt: anhand der prognostizierten Rendite der Investition unter Berücksichtigung des Risikos.


3)Die einzige Möglichkeit für die EU, die Menge der aus den USA bezogenen Energie deutlich zu steigern, wäre eine Änderung der Energiehandelsrouten. Genauer gesagt müsste ein Großteil der Energie (Öl, LNG und Kohle), die derzeit aus den USA in andere Länder als die EU geliefert wird, in die EU umgeleitet werden, und ein erheblicher Teil der derzeitigen Energieimporte der EU müsste in andere Länder umgeleitet werden.

Dies würde zu erheblichen Mehrkosten führen, von denen niemand außer der Energieversorgungsbranche profitieren würde. Vielleicht ist das der Grund, warum der Aktienkurs von Flex LNG (FLNG) in den ersten beiden Tagen dieser Woche sehr stark war und nach oben ausgebrochen ist.

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Nebenbei bemerkt ist es in der Regel so, dass, wenn ein Land oder eine Region Maßnahmen ergreift, die den Handel behindern, der Handel nicht zum Erliegen kommt, sondern sich verlagert. Dieses Konzept wurde in der UPS-Gewinnkonferenz am Dienstag dieser Woche hervorgehoben.

In dieser Telefonkonferenz stellte UPS zunächst fest, dass es im Mai und Juni zu einem Rückgang des durchschnittlichen täglichen Volumens auf der Handelsroute China-USA um 34,8% gekommen war, und merkte dann an: "... im zweiten Quartal stieg das Volumen auf unseren Handelsrouten von China in den Rest der Welt um 22,4%, und wir haben unsere Kapazitäten zwischen Indien und Europa fast verdoppelt, um der wachsenden Exportnachfrage auf dieser Handelsroute gerecht zu werden."


4) Durch ihre Vorgehensweise bei den Übernahmeversuchen von US Steel durch Nippon Steel hat die US-Regierung deutlich gemacht, dass sie keine zusätzlichen ausländischen Investitionen in den USA wünscht.

Die Realität sieht so aus, dass die jüngsten Handelsabkommen zwar riesige Zahlen enthalten, die angeblich zusätzliche ausländische Investitionen in den USA widerspiegeln, diese Abkommen jedoch keine Investitionen nach sich ziehen werden, die nicht ohnehin getätigt worden wären. Die angepriesenen Zahlen dienen ausschließlich PR-Zwecken. Die jüngsten Abkommen haben zwar für etwas mehr Klarheit gesorgt, doch insgesamt bleibt die Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Handel weiterhin hoch.

Ein Grund dafür ist, dass die Regierungen der USA und Chinas bis zum 12. August eine der folgenden Maßnahmen ergreifen müssen: a) eine neue Vereinbarung über Handelsbedingungen einschließlich Zollsätzen und Exportbeschränkungen treffen, b) die Laufzeit einer Mitte Mai vereinbarten vorübergehenden Regelung verlängern oder c) zu den absurden Zollsätzen und Beschränkungen zurückkehren, die vor der Vereinbarung von Mitte Mai galten. Es wird allgemein mit einer Verlängerung der aktuellen Bedingungen um 90 Tage gerechnet.

Ein weiterer Grund für die anhaltend hohe Unsicherheit im Handelsbereich ist, dass Trump die Frist für Russland verkürzt hat, um ein Friedensabkommen mit der Ukraine zu schließen oder mit sekundären Sanktionen rechnen zu müssen (das wären Sanktionen gegen Länder, die russische Produkte importieren). Die neue Frist, die Anfang dieser Woche genannt wurde, beträgt etwa 10 Tage.

Das wird interessant, denn a) wird es vor Ablauf dieser Frist kein Friedensabkommen geben, b) ist China der Hauptimporteur russischer Produkte und c) bezieht Indien etwa 45% seines Öls aus Russland. Die USA können China nicht für den Import russischer Produkte bestrafen, da die chinesische Regierung durch ihre Kontrolle über die Versorgung mit Seltenen Erden über die ultimative Waffe im Handelskrieg verfügt. Die USA könnten jedoch Indien mit sekundären Zöllen bestrafen, aber was würde das bringen?

Tatsache ist, dass das gesamte derzeit weltweit produzierte Öl von jemandem gekauft wird. Die einzige Möglichkeit für Indien, den Verbrauch von russischem Öl zu stoppen, wäre also, Öl zu nehmen, das derzeit anderswo verbraucht wird, was zu einer Versorgungslücke an anderer Stelle führen würde, die mit... russischem Öl gefüllt werden müsste.

Es gibt einfach keine Möglichkeit, den weltweiten Verbrauch von russischem Öl zu verhindern, und alle Versuche, dies zu tun, hätten nur minimale Auswirkungen auf Russland, könnten aber in anderen Ländern/Regionen zu großen Problemen führen.


© Steve Saville
www.speculative-investor.com



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Dieser Artikel wurde am 6. August 2025 auf www.tsi-blog.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


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