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Weltbanktreffen im Rahmen der Erwartungen - Euro unter leichtem Druck

18.04.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.4370 (07.35 Uhr), nachdem Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.4350 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 82.90. In der Folge notieret EUR-JPY bei 119.15, während EUR-CHF bei 1.2850 oszilliert.

Der Euro steht unter leichtem Druck. Das "Crescendo" der Herabstufungen der letzten Woche wirkt einerseits marktpsychologisch belastend, aber mehr noch verhindert diese Politik der Ratingagenturen, die weder Erfolge der Defizitreduzierung noch der Handelsbilanzdefizitreduzierung oder der strukturellen Neuausrichtung goutiert, Kapitalzuflüsse, die das realwirtschaftliche Bild der europäischen Defizitländer hätten längst positiv beeinflussen sollen.

Die Wahlen in Finnland waren dem Euro schlussendlich auch nicht zuträglich. In Finnland ergab sich bei den Parlamentswahlen ein deutlicher Rechtsruck. Die "True Finns" Partei, die der Eurozone skeptisch gegenüber steht, wurde mit 19% drittstärkste Partei. Sie wird sich mit ihren Positionen bei einer Regierungsbeteiligung bezüglich der Eurozone nicht durchsetzen können. Dennoch bestätigt die Wahl in Finnland, dass die Bevölkerungen der erfolgreichen Länder der Eurozone ihr Eigenwohl vor das Wohl der Eurozone setzen. Die Tatsache, dass das Eigenwohl mit dem Wohl der Eurozone verbunden ist, wird offensichtlich ausgeblendet. Ganz schön smart …

Bei dem Weltbank/G-20 Treffen in Washington stand das Thema der öffentlichen Defizite im Mittelpunkt.

Insbesondere die potenten Schwellenländer forderten stärkere Reduzierungen der Defizite ein. Neben den europäischen Sündern standen die USA im Mittelpunkt der Kritik. Der IWF schätzt das öffentliche Defizit der USA im laufenden Jahr auf 10,8% des BIP.

Der Unterschied zu den europäischen Ländern liegt darin, dass in Europa massive strukturelle Veränderungen seit Ende 2009 (!!!!) vorgenommen wurden. Die Probleme der aktuellen Defizithöhe sind damit heute in der Eurozone eher konjunktureller Art, nicht mehr maßgeblich struktureller Art! Dieser Unterschied zu den USA ist prägnant. Er wird jedoch in "professioneller" Art und Weise von den Ratingagenturen ignoriert. "Chapeau!" Erst fordert man massivste Reformen seitens der Agenturen ein und dann wundert man sich über die kontraktive Wirkung ….

Die Position der USA blieb "lauwarm". US-Treasury Secretary Geithner betonte, dass man zu Fiskalreformen mit dem Ziel, Ausgaben zu reduzieren und Einnahmen zu erhöhen, bereit sei. Entscheidend sei aber, dass die konjunkturelle Erholung nicht gefährdet werde. Na, das sollte die Agenturen aber hellhörig werden lassen! Heißt es hier aus den USA: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass?

Brasiliens Finanzminister Mantega attackierte die USA: "Ironischerweise sind einige der Länder, die für die tiefste Krise seit der Großen Depression verantwortlich sind und ihre eigenen Probleme noch nicht gelöst haben, sehr ehrgeizig, dem Rest der Welt Verhaltensmaßregeln zu verschreiben!" Wir mögen Herrn Mantega ….


Wenden wir uns den Veröffentlichungen vom letzten Freitag zu:

Die Verbraucherpreise der Eurozone schlagen die von uns favorisierte Richtung (Jahresausblick)
ein. Per März stellte sich der Anstieg im Jahresvergleich auf 2,7% nach zuvor 2,4%. Im Monatsvergleich kam zu es zu einer Zunahme um 1,4%. Die Prognose auf Jahresbasis lag bei 2,6%. Aus der Kernrate lässt sich auch kein Komfort mehr beziehen. Hier kam es zu einer Zunahme um 1,3% im Monatsvergleich und 1,5% im Jahresvergleich.

Der Blick auf den Chart belegt die Stringenz der inflationären Entwicklung seit Mitte 2009. Das Thema Inflation ist seit März 2010 auf unserer Agenda, deutlich vor der von der Deutschen Bank im Februar 2011 ausgelösten medialen Debatte. "Food for thought!"

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Die Handelsbilanz der Eurozone lieferte per Februar ein Defizit in Höhe von -1,5 Mrd. Euro nach zuvor -15,6 Mrd. Euro.

Exporte legten im Jahresvergleich um 23,1% zu. Importe verzeichneten einen Anstieg in Höhe von 26,0%. Dieses Wachstum ist Ausdruck der konjunkturellen Belebung in der Eurozone.

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Die US-Verbraucherpreise tendieren in die gleiche Richtung wie die europäischen Pendants. Per März ergab sich im Monatsvergleich ein Anstieg um 0,5%. Auf Basis des Jahresvergleichs kam es zu einer Zunahme um 2,7% nach zuvor 2,2%.

Auf Basis der Berechnungen von John Williams "Shadow Goverment Statistics", der die US-Berechnungsgrundlage von 1990 heranzieht (vor der Boskin Kommission), stellte sich der Preisanstieg auf 6% (die Verarmung der US-Gesellschaft in den letzten 20 Jahren ist Beleg für die kreative Gestaltung der Verbraucherpreise nach 1990 unter Clinton).

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Die Konjunkturdaten aus den USA waren allesamt positiv überzeugend!

Der "NY Empire State Manufacturing Index" stellte sich per April auf 21,7 nach zuvor 17,5 Punkten (Prognose 16,9) und markierte damit den höchsten Stand seit circa einem Jahr. Der Auftragsindex schoss von 5,8 auf 22,3 Punkte hoch. Gleiches gilt für den Beschäftigungsindex, der von 9,1 auf 23,1 Punkte zulegte.

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Die Industrieproduktion nahm per Berichtsmonat März um 0,8% im Monatsvergleich zu. Die Prognose lag bei lediglich 0,5%. Als Folge ergab sich ein Anstieg der Kapazitätsauslastung von zuvor 76,9 auf 77,4%.

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Auch die Verbraucherstimmung setzte einen positiven Akzent. Das gilt zumindest für die Erwartungshaltung. Das Verbrauchervertrauen nach Lesart der Uni Michigan nahm von zuvor 67,5 auf 69,6 Punkte zu. Die Prognose war bei 68,5 Zählern angesiedelt.

Fakt bleibt jedoch, dass das Indexniveau nicht überzeugen kann und weiterhin als Ausdruck einer unterproportionalen Entwicklung interpretiert werden muss.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.3950 - 1.3980 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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