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Euro verliert an Boden - Abstand und Nüchternheit zu EZB-Wendung belastet Euro

10.06.2008  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.5590, nachdem im Handel in Fernost Tiefstkurse bei 1.5559 markiert wurden. Mithin hat sich ein signifikanter Einbruch ausgehend von den Tageshöchstkursen bei 1.5843 im europäischen Handel ergeben. In dem Zuge dieser Entwicklung kam es zu Kursverlusten bei EUR-GBP bis auf 0.7888, bei EUR-CHF bis auf 1.6054 und EUR-JPY bis auf 165.97. Der Hintergrund dieses Einbruchs des Euros im Tagesverlauf ist darin zu sehen, dass bei nüchterner Betrachtung der zinspolitischen Wendung der EZB, die den Finanz- und Energiemarkt ab Donnerstag 14.30 Uhr erschütterte, keine nachhaltigen unterstützenden Aspekte für den Euro in dieser Wendung der EZB zu erkennen sind.

Die potentielle Zinserhöhung wäre nicht Resultat ökonomischer Stärke. Sie dürfte die konjunkturelle Abschwächung in der Eurozone tendenziell verstärken. Das beträfe insbesondere die südlichen europäischen Staaten. In der Folge würden die strukturellen Probleme im Nord-Süd-Gefälle der Eurozone forciert. Ein Anstieg des Euros auf der solitären Basis der Zinsbetrachtung wirkte ebenso in diese Richtung, da die internationale Konkurrenzfähigkeit dieser südlichen Länder der Eurozone weiter unterminiert würde. Der Mangel an Wahrnehmung der Korrelation des schwachen USD mit den steigenden Energiepreisen kann das Vertrauen in die Weisheit des EZB-Rats schlussendlich nicht untermauern und ist Ausdruck einer wenig wünschenswerten Marktferne im EZB-Rat. Ergo bietet die Wendung der EZB keine belastbaren Katalysatoren für eine nachhaltige Befestigung des Euros.

Das Thema Zinserhöhungen wird aktuell auch in den USA gespielt. Herr Fisher von der Fed ist hier einer der publikumwirksamen Protagonisten, der den Stabilitätspolitiker gibt. Nun ist die Situation in den USA durchaus anders zu beurteilen als in der Eurozone. Fakt ist, dass die Zinssenkungen in den USA real negative Zinsen in erheblichen Ausmaß implementiert haben. Das Verbraucherpreisniveau liegt aktuell bei 3,9% und der Zielsatz der Fed Funds ist bei 2% angesiedelt. In der Eurozone liegt der Reposatz bei 4% und der Anstieg der Verbraucherpreise bei 3,6% (Kernrate April1,6%). Mithin ist eine vollständig andere Ausgangssituation in den USA im Vergleich zur Eurozone gegeben, die nachhaltige Berücksichtigung erfordert. Derzeit unterstützt die Verbalakrobatik der Fishers der Fed den USD. Alles ist halt relativ und die Gedanken sind wie gewöhnlich frei.

Gestern erfuhr der USD von der Datenfront Unterstützung. Der Index der "Pending Home Sales" anhängige Hausverkäufe) legte unerwartet per April um 6,3% zu. Analysten hatten einen Rückgang um 0,6% unterstellt. Damit ergab sich im Jahresvergleich ein Rückgang um "nur" 13,1% nach zuvor 20,1% per März.

Wir freuen uns mit dem Markt über diese Entwicklung, die auf ersten Blick Hoffnung auf Stabilisierung in Aussicht stellt. Hinsichtlich der US-Arbeitsmarktentwicklung ist jedoch keine Grundlage für Euphorie gegeben. Das Risiko, dass diese Entwicklung per April eine "Eintagsfliege" ist, ist erheblich. Merke: Auch Krisen atmen!

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Heute erwarten wir die Veröffentlichung der US-Handelsbilanz per April. Analysten prognostizieren ein Defizit in Höhe von 59,9 Mrd. USD nach zuvor 58,21 Mrd. USD. Unverändert ergibt sich keine nachhaltige nominale Verbesserung. Gleichwohl sind qualitative Verbesserungen (steigende Exporte) in den letzten Monaten erkennbar, deren nominale Wirkung unter anderem durch den Anstieg der Energiepreise bisher verhindert wurde.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das nach dem Unterschreiten der Unterstützung bei 1.5650 den USD erneut favorisiert. Der Ausflug in Richtung 1.5843 hat sich als zunächst nicht haltbare Irritation erwiesen. Erst ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.5820 - 50 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank






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