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Die EU wird zur Transfer-Union

27.03.2011  |  Klaus Singer
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Der frühere Chefvolkswirt der EZB, Otmar Issing, kritisiert die Ankäufe von Staatsschuldtiteln: Anleihekäufe binden sehr viel Geld, bringen wenig Entlastung und sind mit dem Demokratieprinzip nicht vereinbar. Das wichtigste Recht eines Parlaments, über die staatlichen Finanzen zu entscheiden, wird ausgehöhlt, "...wenn wesentliche Entscheidungen in demokratisch nicht ausreichend legitimierten europäischen Institutionen fallen," sagte Issing. Er hat recht.

Und schon steht der nächste Kandidat zur Rettung an. Portugal dementiert zwar weiterhin, Hilfe aus Brüssel in Anspruch nehmen zu müssen. Aber das Land ist zerstritten über einen Sparkurs und mittlerweile ohne Regierung. Die mögliche ESFS-Hilfe für Portugal wird auf 75 Mrd. Euro taxiert.

Und in Spanien steigt die Nervosität, da spanische Banken stark in Portugal engagiert sind.

Überhaupt "Spanien": Nach Angaben von Eurointelligence schätzt der Gründer der größten Immobilien-Web-Seite in Spanien den Kapitalbedarf spanischer Banken auf 80 bis 100 Mrd. Euro (6 bis 8% des BIP). Die spanische Zentralbank geht von 15,2 Mrd. Euro aus. Die Differenz wird damit erklärt, dass die Immobilien-Portfolios der Banken großteils noch zu Preisen vor der Krise bewertet sind, die aktuellen Preise liegen aber rund 40% tiefer.

Erinnern Sie sich noch, wie der Euro im ersten Halbjahr 2010 anlässlich der Griechenland-Krise abstürzte und erst knapp unter 1,20 gegen den Dollar Halt fand? Als es im November in Irland "brannte", fiel Euro/Dollar zwar auch noch, aber die Reaktion blieb doch moderat. Jetzt haben sich die "Märkte" wohl so sehr an den Zustand der Euro-Zone gewöhnt, dass eine Währungsreaktion auf Portugal bisher ausgefallen ist. Aber wir können sicher sein, dass die "Märkte" alsbald daran gehen werden, die jetzt in Brüssel getroffenen Vereinbarungen einem intensiven Test zu unterziehen - so nach dem Motto, die vereinbarten Summen wollen wir sehen.

Im Kern geht es bei den diversen EU-Rettungstöpfen immer nur um eines: Die Rettung der europäischen Banken. Diese argumentieren, sie würden sich ja gerne per "Haircut" an der Sanierung der notleidenden Schuldnerländer beteiligen - nur jetzt passt gerade es überhaupt nicht, später vielleicht, viel später. Zunächst müssten sie mal die Kapitalanforderungen von Basel III erfüllen, und das kann dauern (bis 2020).

Und vorher ist ja noch der Stress-Test der EU, dessen Ergebnisse im Sommer veröffentlicht werden sollen. Ich würde mich nicht wundern, wenn dieser dieses Mal, anders als im Vorjahr, erhebliche Probleme offenbart. Nicht weil man nicht schon wieder einen Test machen wollte, der nur die Bezeichnung "Betrug" verdient, sondern weil man damit schön untermauern kann, wie notwendig der permanente Krisenmechanismus ESM ist und wie wenig sich die Banken einen "Haircut" leisten können.

Standard & Poor´s hat schon mal einen Stress-Test gemacht und 99 Finanzinstitute (Anteil von 70% an der europäischen Bankenbranche) unter die Lupe genommen: In einem Szenario eines "steilen wirtschaftlichen Abschwungs" in den Jahren 2011 bis 2015 müssten sich alleine 22 Institute 161 Mrd. Euro frisch besorgen, um mit einer Kernkapitalquote von sieben % Zweifeln an ihrer Liquidität zu begegnen. Insgesamt würde ein solches Szenario bei den europäischen Banken einen Kapitalbedarf von bis zu 250 Mrd. Euro auslösen. Am stärksten betroffen wären griechische, irische, spanische und portugiesische Institute. Zugleich würde die Schuldenaufnahme der EU-Staaten in diesem Fall binnen fünf Jahren um mehr als 20% steigen.

Was folgt aus der politischen Betrachtung für den Anleger? Die Willfährigkeit der Brüsseler Politbürokraten ist ein weiteres Signal an das Finanzsystem, dass man jede Liquidität bereit stellt, die benötigt wird. Damit lässt sich herrlich "zocken" und die Assetpreise weiter hoch treiben.

Erwähnte Charts können über diesen Link eingesehen werden: www.timepatternanalysis.de


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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