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Luftballons auf der Suche nach Nadeln

02.10.2015  |  John Mauldin
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Andererseits - ganz im Ernst - wurde die Blase von Millionen unerfahrenen Privatanlegern verursacht, die alle neu am Aktienmarkt und viel zu stark fremdfinanziert waren, gemeinsam in Panik verfielen und dann gleichzeitig versuchten, da wieder herauszukommen. Eine solche Blase sollte kaum Auswirkungen auf die US-Aktien haben. Wenn dieser Crash tatsächlich das Signal für die kurz bevorstehende harte Landung der chinesischen Wirtschaft wäre, wäre ich beunruhigt. Aber wie ich letzten Monat schrieb, zeigen die Daten aus dem Reich der Mitte zwar, dass das Wachstum sich verlangsamt, aber wahrscheinlich noch immer über 4% liegt - also noch nicht im katastrophalen Bereich.

In unserem neuen Video "China on the Edge" (welches diese Woche veröffentlicht wurde - klicken Sie hier, um es zu sehen) gehen wir auf die enormen Umwälzungen ein, die das Land gerade erlebt. Xi Jinping weiß, dass er die Abhängigkeit von Exporten verringern und eine Volkswirtschaft aufbauen muss, die vor allem auf inländischer Nachfrage beruht.

Dieser Übergang hat allein aufgrund von Chinas Größe globale Auswirkungen. Andererseits legen die mir vertrauenswürdig erscheinenden Daten aus dem China Beige Book und anderen Quellen nahe, dass es der Wirtschaft besser geht, als die meisten westlichen Beobachter glauben. Bisher war die Regierung von Präsident Xi der Herausforderung gewachsen.

Wenn China tatsächlich der letzte Luftballon sein sollte, dann müsste er von etwas zum Platzen gebracht werden, das wir im Moment nicht vorhersehen: einen Militärputsch, einen breiten Bauernaufstand, militärische Auseinandersetzungen mit den USA, einen enormen Bilanzskandal der Unternehmen etc. Ich sage keines dieser Ereignisse voraus - ich erwähne sie gerade deshalb, weil sie so unwahrscheinlich sind.

Stehen China große Herausforderungen bevor? Mit Sicherheit. Aber ich denke, im Großen und Ganzen wissen wir, mit wem wir es zu tun haben, und die Märkte sind bereit dafür. Ich denke, der letzte Ballon wird anderswo platzen. In den nächsten Abschnitten gehe ich kurz auf einige der anderen Möglichkeiten ein, die mir einfallen. Ich sage nicht, dass etwas davon auf jeden Fall eintreten wird - aber es sind reale Möglichkeiten, die eine Reihe von weiteren Problemen auslösen könnten.


Die deutsche Ingenieurskunst geht zu weit

Das Management von Volkswagen hat seinen Luftballon vergangene Woche selbst zum Platzen gebracht. Falls Sie es noch nicht gehört haben: Das Unternehmen hat offenbar 11 Mio. Dieselautos mit einer Software ausgestattet, die Autobesitzer und Prüfstellen hinsichtlich der Abgaswerte gleichermaßen belügt.

Die Dummheit dieser Aktion ist einfach überwältigend. Das war kein Unfall, kein einzelner fehlgeleiteter Programmierer. Experten sagen, dass viele Mitarbeiter des Unternehmens davon gewusst haben müssen. Bis zu welcher Etage des Managements dieses Wissen reichte, ist noch unklar. Der mittlerweile ehemalige Geschäftsführer, Martin Winterkorn, behauptet, nicht gewusst zu haben.

Ich verstehe nicht, wie um alles in der Welt die Verantwortlichen auf die Idee gekommen sind, sie könnten damit davonkommen. Die Klagen, der Schaden, den das Ansehen der Marke genommen hat und die Geldstrafen werden mindestens für die nächsten Jahre die gesamte Energie des Unternehmens fordern. Es besteht auch durchaus die Möglichkeit, dass sie das Ende des gesamten Konzerns bedeuten werden.

Volkswagen ist das größte Unternehmen der größten Volkswirtschaft Europas. Der Konzern beschäftigt 600.000 Mitarbeiter und hat einen großen Anteil an den deutschen Exporten. Und die Exporte sind es, die Deutschland de facto zur Führungskraft in Europa machen.

Ganz zu schweigen davon, dass sich 40% des Vermögensbestandes von Volkswagen in einer unternehmenseigenen Finanzierungsgesellschaft befinden, die dem Konzern das nötige Kapital für die Auto-Finanzierungen bereitstellt, welches sie wiederum auf dem Markt für kurzfristige Kredite besorgt. Diese Art der kurzfristigen Schuldverschreibungen haben die amerikanische GMAC, eine Tochterfirma von General Motors, und andere Finanzierungsgesellschaften während der letzten Kreditkrise in Schwierigkeiten gebracht. Man muss also aufpassen.

Wenn es für Volkswagen zum Schlimmsten kommt, wird das spürbare Auswirkungen auf Deutschland, Europa und den Euro haben. In den Medien gibt es bereits Spekulationen über ähnliche Vorgehensweisen bei anderen deutschen Herstellern. Sollte das wahr sein, dann ist alles möglich.


Sturmwarnung für Schieferöl

Gut, nun zum nächsten Ballon. In meinem Artikel "Riding the Energy Wave" schrieb ich vor einigen Wochen, dass neue Technologien die Produktionskosten für Schieferöl und -gas in den USA senken. Außerdem höre ich von Freunden Geschichten über Versteigerungen von Bohrgeräten zu einem Fünftel des eigentlichen Wertes, über die steigende Zahl an Arbeitern, die auf der Suche nach einem Job auch geringere Löhne akzeptieren und über sinkende Bohrkosten.

Es gibt Gewinner und Verlierer. Einige der überschuldeten Unternehmen sind in großen Schwierigkeiten - genauso wie ihre Kreditgeber und Aktionäre. Die Unternehmen mit Zugang zu Kapital können jedoch florieren.

Erinnern Sie sich an die bisherige Entwicklung: Rohöl stand Mitte 2014 bei fast 100 US-Dollar je Barrel. Dann begann der Preis zu fallen und kollabierte schließlich regelrecht, als die OPEC im November verkündete, dass sie die Fördermenge nicht verringern würde.

Zu diesem Zeitpunkt schrieben viele der Schieferölunternehmen bereits rote Zahlen. Einige von ihnen hatten einen Teil ihrer Produktion abgesichert, als die Preise noch höher waren, doch glücklich war niemand. Eine Zeit lang wurde viel über Kreditausfälle und Pleiten diskutiert, doch dann verschwand das Thema wieder. Warum?

Die Antwort darauf fand ich in einem Artikel von Neil Cunningham auf OilPrice.com. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres brachte die US-amerikanische Schieferölindustrie 44 Milliarden Dollar in Form von Aktien und neuen Krediten auf. Die Unternehmen konnten die Kreditlaufzeiten verlängern oder ihre Schulden refinanzieren, indem sie neue Kredite aufnahmen, um die alten Schulden zu tilgen. Die Kreditgeber waren bereit, zu kooperieren, vor allem da sie in den ersten beiden Quartalen 2015 noch davon ausgingen, dass die Ölpreise wieder steigen würden.

Ja, Sie haben das richtig gelesen. Nachdem der Kollaps 2014 bei vielen Unternehmen zu einer Nahtoderfahrung geführt hatte, waren die Investoren und Kreditgeber dennoch bereit, weitere 44 Milliarden Dollar in den Sektor zu pumpen. Dieser fast religiöser Glaube an die Ölpreise ist rührend - da muss man einfach Mitgefühl haben. Aber der Aufschwung der Ölpreise war nicht von Dauer und jetzt stecken die gleichen Unternehmen schon wieder in der Klemme.


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