Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Die neue Silber-Hausse

29.04.2016  |  Adam Hamilton
- Seite 2 -
Trotz des allgemein bärischen Trends kam es am Silbermarkt in den letzten dunklen Jahren zu einigen starken Rallys. Eine davon entstand, als Silber im April 2013 innerhalb von nur zwei Handelstagen 18,1% verlor und bei der darauf folgenden Kurserholung 32,6% stieg. Mit dieser Aufwärtsbewegung drang der Silberkurs viel weiter in Bullenmarkt-Territorium vor, als das beim aktuellen Aufwärtstrend bislang der Fall ist. Doch die Silber-Rally Mitte 2013 und die darauf folgenden Rallys beruhten zum größten Teil auf Käufen zum Eindecken von Short-Positionen.

Spekulationen an den Silber-Terminmärkten sind ein extrem riskantes Spiel. Beim aktuellen Kursniveau von 17 $ je Unze ist dort für einen Silber-Kontrakt, der 5.000 Unzen kontrolliert und einen Wert von 85.000 $ hat, nur eine Sicherheitsleistung in Höhe von 4.800 $ nötig. Wenn dieser Mindestbetrag völlig ausgereizt wird, entspricht das einer Hebelwirkung von 17,7! Schon eine Kursbewegung von nur 5,6% in die falsche Richtung würde das gesamte riskierte Kapital eines Spekulanten vernichten und ihn zwingen, mehr Geld nachzuschießen.

Zum Vergleich: An den Aktienmärkten beträgt die maximal zulässige Leverage seit 1974 durchgängig 2,0. Die Spekulanten an den Terminbörsen, die sich praktisch Silber geliehen haben, um es zu verkaufen und später zu günstigeren Preisen zurückzukaufen, riskieren schon dann die völlige Zerstörung ihres Kapitals, wenn der Silberkurs nur um wenige Prozente steigt. In diesem Fall müssen sie also aggressiv Long-Positionen erwerben, um ihre Short-Positionen einzudecken. Diese Dynamik war der Treibstoff der Silber-Rallys der letzten Jahre.

Short-Covering ist jedoch eine flüchtige und kurzzeitige Erscheinung. Die Spekulanten kaufen schließlich nur deswegen Silber-Futures, um ihre Shorts glattzustellen, weil der Silberkurs sich besser entwickelte, als sie erwarteten und sie ihr Kapital retten müssen - nicht weil sie von den bullischen Fundamentaldaten des Edelmetalls überzeugt sind. Dieser unfreiwillige, mechanische Vorgang kann sich nicht endlos fortsetzen, denn die Gesamtzahl der Short-Kontrakte im Besitz der Spekulanten ist begrenzt. Sobald die Positionen alle eingedeckt sind, verschwindet der Kaufdruck.

Der nächste Chart zeigt, wie sich die Gesamtzahl der Long- und Short-Positionen der Spekulanten an den Futures-Märkten bei jeder starken Rally des Silberkurses in den letzten Jahren verhielt. Zwischen 2013 und 2015 ließen sich die Käufe von Long-Kontrakten in der Mehrzahl auf die Eindeckung von Short-Positionen zurückführen. Bei der enormen Erholungsbewegung Mitte 2013, zu er es kam, nachdem am Silbermarkt fast ein Crash verzeichnet worden war, und die technisch betrachtet den letzten Bullenmarkt darstellt, wurden 20.500 Short-Kontrakte eingedeckt. Das allein hatte diesen enormen Kurssprung zu Folge. Die Gesamtzahl der Long-Positionen nahm unterdessen sogar ab!

Im Gegensatz zu den Spekulanten auf der Verkaufsseite, die gezwungen sind, ihre extrem riskanten, fremdfinanzierten Short-Positionen glattzustellen, erwerben die Spekulanten auf der Käuferseite ihre ebenso riskanten und genauso stark fremdfinanzierten Long-Kontrakte auf freiwilliger Basis. Sie müssen ihre Positionen nicht ausbauen und tun das nur, wenn sie überzeugt sind, dass der Silberkurs weiter steigen wird. Mitte 2013 fehlten diese Käufer von Silber-Futures auf der Long-Seite.

Auch 2014 wurde der allgemeine Trend hauptsächlich vom Short-Covering bestimmt. Es gab zwei signifikante Rallys, bei denen Silber 14,6% bzw. 14,2% zulegte. Im Zuge der ersten Rally wurden 22.600 Short-Kontrakte eingedeckt, während sich die Zahl der Long-Positionen um 1.900 Kontrakte verringerte. Während der zweiten Rally begannen einige der Spekulanten dagegen, aus Überzeugung Long-Positionen einzugehen, doch das Verhältnis von Eindeckungskäufen zum Glattstellen von Shorts und beabsichtigten Käufen von Long-Kontrakten lag noch immer bei 1,4:1. Short-Covering allein reicht niemals aus, um eine langfristige Hausse zu erzeugen!

Die Silber-Rallys im letzten Jahr verliefen ähnlich. Ein Anstieg um 19,2% zu Beginn des Jahres basierte beispielsweise auf der Eindeckung von 41.700 Shorts, wohingegen im gleichen Zeitraum nur 1.600 Long-Kontrakte zugekauft wurden. Das entspricht einem Verhältnis von 26,1:1! Einer der Gründe, warum ich gegen Ende 2015 in Bezug auf Silber so bullisch wurde, war die Tatsache, dass die Short-Positionen der Spekulanten an den amerikanischen Terminbörsen Anfang Juli höchstwahrscheinlich einen absoluten Rekordstand von 81.600 Kontrakten erreichten. Leerverkäufe so gigantischen Ausmaßes konnten nicht dauerhaft tragfähig sein.

Die Daten aus den Commitments of Traders Reports reichen bis ins Jahr 1999 zurück und innerhalb dieser 16,5 Jahre war das die größte je verzeichnete Menge an Short-Kontrakten am Silbermarkt. Die Zahl der Spekulanten, die bereit waren, zum bei Weitem größten Teil fremdfinanzierte Wetten auf weitere Kursverluste abzuschließen, obwohl Silber bereits in der Nähe mehrjähriger Tiefs notierte, musste in jedem Fall begrenzt sein. Wie erwartet folgte auf diesen Rekordwert auch bald die entsprechende Eindeckung der Positionen, und während 19.700 Short-Kontrakte glattgestellt und 15.000 Long-Kontrakte zugekauft wurden, legte Silber 14,4% zu.

Das Verhältnis zwischen Short-Covering und dem Eingehen echter Long-Positionen lag damals bei 1,3:1 und verbesserte sich damit zusehends, doch die Investoren kehrten noch nicht an den Markt zurück und so verlief sich die Silber-Rally bald wieder im Sande. Grund dafür war die überraschende Warnung vor einem bevorstehenden Zinserhöhungszyklus der Federal Reserve, die dazu führte, dass die Spekulanten den Goldpreis durch extreme neue Leerverkäufe zum Absturz brachten. Silber wurde in diesen Mahlstrom der irrationalen Angst am Goldmarkt mit hineingerissen. Den Treibstoff für die signifikanten Silber-Rallys der letzten Jahre lieferte jedes Mal das Short-Covering.

Da ist es schon fast ironisch, dass die Spekulanten insgesamt auch die Zahl ihrer Long-Kontrakte erhöhten, während der Silberkurs im Laufe seines Bärenmarktes zwischen 2013 und 2015 unterm Strich immer weiter fiel. Es gab zahlreiche Spekulanten, die erkannten, dass das weiße Metall zu diesen Preisen ein unglaubliches Schnäppchen darstellte. Es wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt gleichzeitig genügend Silber gekauft, um den Widerstand des Abwärtstrends zu durchbrechen und dadurch neues Kapital an den Markt zu locken.

Der neue, diesjährige Bullenmarkt unterscheidet sich jedoch grundlegend von allen Silber-Rallys der vergangenen Jahre. Obwohl die Zahl der glattgestellten Short-Positionen mit 20.900 Kontrakten mit den Werten früherer Rallys vergleichbar war, kauften die Spekulanten gleichzeitig auch fast genauso viele Long-Kontrakte zu (20.400)! Damit lag das Verhältnis fast bei 1:1, was in den letzten Jahren nie der Fall gewesen war. Auch insgesamt wurden mehr Long-Kontrakte gekauft als bei jedem anderen Preisanstieg der vergangenen Jahre - ein sehr bullisches Zeichen.

Die aus technischer Sicht letzte Silber-Hausse Mitte 2013 beruhte allein auf Short-Covering, während sich das Verhältnis zwischen der Eindeckung von Shorts und den Käufen von Long-Kontrakten aus Überzeugung beim aktuellen Aufschwung schon jetzt die Waage hält. Ich rechne zudem damit, dass die neusten COT-Daten, die wenige Stunden nach der Veröffentlichung dieses Essays bekanntgegeben werden, zeigen werden, dass deutlich mehr neue, freiwillig erworbene Long-Kontrakte dazugekommen sind. Die neue Silber-Hausse ist völlig anders, als die Kursentwicklung der Jahre 2013-2015!

Die Spekulanten auf der Long-Seite sind unterdessen so bullisch geworden, dass sie ihre Positionen nach Angaben des letzten COT-Berichts auf 114.800 Kontrakte ausgebaut haben - mit ziemlicher Sicherheit ein absoluter Rekordwert und definitiv der höchste Stand, der in den 17,3 Jahren seit der Erfassung der Daten durch die CFTC jemals erreicht wurde. Die umfangreichen Käufe von Long-Kontrakten haben dazu geführt, dass der Silberkurs sehr stark aus seinem jahrelangen Abwärtstrend ausgebrochen ist, wodurch wiederum neue Käufer an den Markt gelockt wurden.


Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!



Weitere Artikel des Autors


Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"