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Angebot und Nachfrage am Goldmarkt: Die große Illusion (Teil 2/2)

27.12.2016  |  Jan Nieuwenhuijs
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Meiner Meinung nach treffen die Begriffe "Überschuss" und "Defizit" auf den Goldmarkt überhaupt nicht zu. Es kann kein Defizit geben, denn es wird immer ein Angebot bestehen - zumindest zum richtigen Preis. Manchmal behauptet ein keynesianischer Ökonom, dass es nicht genügend Gold gäbe, um das Edelmetall als globale Reservewährung zu verwenden. Die Wirtschaftsexperten der österreichischen Schule erwidern darauf, dass es immer genügend Gold geben wird, entscheidend sei allein der Preis. Ich schließe mich letzteren an - das Argument der Vertreter der österreichischen Wirtschaftslehre bestätigt auch die Annahme, dass am Goldmarkt kein Defizit bestehen kann.

Es gibt weitere Belege, die dafür sprechen, dass die von GFMS angeführte "Nettobilanz" eigentlich bedeutungslos ist. Obwohl es 2009 angeblich einen Überschuss von 394 Tonnen gab, stieg der Preis in jenem Jahr 25%. Aus wirtschaftlicher Sicht ergibt das keinen Sinn, denn ein Überschuss sollte einen Preisrückgang zur Folge haben. Es ist äußerst vielsagend, dass die von GFMS genannten Angebots- und Nachfragezahlen oft eine negative Korrelation zum Goldpreis aufweisen. Das war beispielsweise 2005, 2006, 2009, 2010 und 2014 der Fall. Es lässt sich daher feststellen, dass die Angebots- und Nachfragestatistiken von GFMS nicht nur unvollständig sind, die daraus resultierende "Nettobilanz" ist mit Blick auf den Goldpreis auch äußert irreführend. Es folgen einige Charts, die das deutlich machen.

Wenn wir die "Nettobilanz" mit dem Goldpreis zum Ende des jeweiligen Jahres vergleichen, sehen wir, dass die Korrelation oft umgekehrt ist. Grüne "Nettobilanz"-Balken zeigen eine positive, d. h. erwartungsgemäße Korrelation, rote Balken zeigen eine negative Korrelation. (Bitte beachten Sie, dass die linke Achse zur übersichtlicheren Darstellung umgekehrt ist. Defizite stehen im oberen Teil, Überschüsse im unteren. Wie Sie sehen, stimmt die "Nettobilanz" fast in der Hälfte der Fälle nicht mit der Preisentwicklung überein.

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Abb. 12: Goldmarkt-"Nettobilanz" nach Angaben von GFMS im Vergleich zum Goldpreis. Über die Art der Korrelation zwischen Nettobilanz und Goldpreis im Jahr 2014 lässt sich streiten. Meiner Ansicht nach war sie negativ, weil der Goldpreis in US-Dollar stabil blieb, in allen andern bedeutenden Währungen jedoch deutlich zulegte, obwohl GFMS einen Überschuss gemeldet hatte.


Obwohl die "Nettobilanz" oft nicht zur jeweiligen Preisentwicklung passt, schreibt GFMS in der Gold Survey 2009 auf Seite 9:

"Was die Nettobilanz betrifft, so wurde am Goldmarkt 2015 das dritte Jahr in Folge ein Überschuss verzeichnet, daher ist es nicht überraschend, dass sich die Baisse fortsetzte."

Auf Seite 14 heißt es:

"Der erwartete Rückgang der globalen Minenproduktion und eine schrittweise Erholung der Nachfrage werden 2016 zur Verringerung des Überschusses führen, den Goldpreis dadurch unterstützen und so die Grundlage für bessere Aussichten schaffen."

Die GFMS-Analysten wollen den Anschein erwecken, dass zwischen ihrem "Überschuss" oder "Defizit" und dem Goldpreis ein Zusammenhang besteht, doch eine Prüfung der Fakten zeigt, dass dem nicht so ist. Stellen wir nun die ebenfalls in Abb. 1 aufgeführten Werte des "physischen Überschusses/Defizits" und den Goldpreis gegenüber. Hier ist die negative Korrelation noch deutlicher ausgeprägt.

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Abb. 13: "Physischer Überschuss/physisches Defizit" am Goldmarkt nach Angaben von GFMS, verglichen mit dem Preis.


Diese Gegenüberstellung demonstriert, dass jede positive Korrelation zwischen Preis und "Überschuss" oder "Defizit" in der GFMS-Bilanz reiner Zufall ist. Wenn einem bewusst ist, dass die Daten unvollständig sind, ist das auch kein Wunder. Interessanterweise wurde der nächste Chart in der Gold Survey 2016 veröffentlicht, doch bei GFMS hat man die linke Achse nicht umgekehrt und Überschüsse bzw. Defizite nicht eindeutig ausgewiesen. Infolgedessen scheinen die größten Überschüsse (2006, 2007, 2009 und 2010) mit der Preisentwicklung übereinzustimmen, obwohl in Wirklichkeit das Gegenteil der Fall ist.

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Abb. 14. © GFMS.


GFMS veröffentlicht darüber hinaus auch Angebots- und Nachfragestatistiken für Silber. Hinsichtlich seiner monetären Eigenschaften ist das weiße Metall mit Gold vergleichbar. Am Silbermarkt ist der Zusammenhang zwischen "Überschuss"/"Defizit" und dem Preis noch weniger erkennbar.


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