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Der Wärmetod des Wirtschaftsuniversums

08.11.2017  |  Dr. Keith Weiner
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Wir nähern uns auf diesem Weg nun unserer Aussage vom Anfang, dass das Einkommen die Kosten des Schuldendienstes übersteigen muss. Andernfalls droht dem Wirtschaftsuniversum der Wärmetod. Wir haben nun bewiesen, dass das Einkommen langsamer wächst als die Gesamtverschuldung. In einem weiterem Schritt wollen wir beweisen, dass das Einkommen auch langsamer wächst als die Zinskosten.

Normalerweise würden die zu zahlenden Zinsen proportional zur Gesamtverschuldung steigen. Es scheint daher ein glücklicher Umstand zu sein, dass wir uns, wie wir gleich sehen werden, nicht in einem normalen Universum befinden. Wir leben in einer seltsamen Welt, die durch etwas geprägt ist, das schon Karl Marx in seinem Kommunistischen Manifest forderte:

"5. Zentralisierung des Kredits in den Händen des Staats durch eine Nationalbank mit Staatskapital und ausschließlichem Monopol."

Die Zentralbank ist für die sogenannte Geld- und Währungspolitik zuständig. Das Endergebnis dieser Politik waren während der letzten 36 Jahre sinkende Zinssätze. Eine ganze Artikelreihe über die zerstörerischen Folgen des fallenden Zinsniveaus finden sie hier.

Vor dem Hintergrund des drohenden Wärmetodes scheinen uns die sinkenden Zinsen jedoch Hoffnung auf Rettung zu versprechen. Offensichtlich sind die monatlich fälligen Zinszahlungen bei einem zu 1% verzinsten Kredit sehr viel günstiger, als wenn die gleiche Kreditsumme zu 10% verzinst wird. Aus diesem Grund sind viele Ökonomen heute der Ansicht, dass es gar kein Problem gibt. Ihren Aussagen nach sind "die Zinskosten im Verhältnis zum BIP heute nicht höher als vor mehreren Jahrzehnten, als die Gesamtverschuldung viel niedriger war".

Das mag stimmen und wir wollen auch nicht darüber streiten, ob das Nettoeinkommen heute noch den gleichen Anteil am BIP hat wie früher (allerdings würden wir jederzeit eine Unze reines Gold gegen einen gammligen Dollarschein wetten, dass das Nettoeinkommen im Verhältnis zum BIP gesunken ist).

Wir wollen anders argumentieren. Wenn man auf sinkende Zinsen angewiesen ist, um die Schulden bedienen zu können, was geschieht dann, wenn die Zinssätze auf Null fallen? In der Physik passiert bei Null gar nichts mehr, buchstäblich nichts. Am absoluten Nullpunkt endet jede Bewegung, selbst auf molekularer Ebene. Was geschieht in einer Wirtschaft, wenn die Zinsen - wir meinen hier die langfristigen Anleihezinsen - auf Null fallen?

Was geschieht, wenn Unternehme Kredite zu 0% aufnehmen können? Offensichtlich sinken in diesem Fall die Zinskosten auf Null. Wenn Unternehmen kostenlos Kapital leihen können, können sie nun auch für Aktivitäten Kredite aufnehmen, die keinerlei wirtschaftlichen Mehrwert generieren!

In einem normalen Universum liegen die Zinsen immer über 0%. Letzte Woche schrieben wir zu diesem Thema:

"Ein Dollar, der im nächsten Jahr gezahlt werden muss, ist weniger wert als ein Dollar, der heute zur Verfügung steht. Wir sind schließlich sterbliche Wesen. Um nächstes Jahr überhaupt noch am Leben zu sein, müssen wir bis dahin jeden einzelnen Tag überleben. Es gibt also einen natürlich Grund für unsere Zeitpräferenz, d. h. für den Wunsch, ein bestimmtes Gut lieber in der Gegenwart als in der Zukunft zu haben. Wir können nicht wissen, was bis dahin geschieht. Es könnte etwas dazwischenkommen, z. B. eine Krankheit, die uns zwingt andere Konsumentscheidungen zu treffen als geplant.

Ein anderer Grund ist natürlich das Risiko. Ein Unternehmen kann aus ganz verschiedenen Gründen unprofitabel werden, beispielsweise weil es von einem anderen Wettbewerber verdrängt wird oder weil sich die Vorlieben der Verbraucher ändern.

Ein Dollar, der im nächsten Jahr zahlbar ist, ist also aus verschiedenen Gründen weniger wert als ein Dollar, der heute zahlbar ist. Ein Dollar, der erst in zehn Jahren gezahlt werden muss, ist noch weniger wert. Künftige Zahlungen müssen entsprechend diskontiert werden. Diese Rate steht in enger Verbindung mit dem Zinssatz und hat sehr ähnliche Ursachen."


Ein Zinssatz von 0% verletzt dieses wirtschaftliche Grundprinzip. Niemand kann sich so verhalten, als hätte er keine Zeitpräferenz, doch genau das verlangt ein Nullzins. Davon abgesehen ist auch der Nullzins selbst nicht nachhaltig. Wenn man davon ausgeht, dass die Kreditsummen an sich zurückgezahlt werden müssen, selbst in noch so kleinen Schritten, ist der Schuldendienst an einem gewissen Punkt nicht mehr zu bewältigen und der Zinssatz muss weiter sinken.

Solange der Zinssatz positiv ist oder zumindest bei Null liegt, muss ein Unternehmen mit seinen Krediten Aktivitäten finanzieren, bei denen es einen positiven Ertrag generiert (selbst wenn es nur Aktienrückkäufe sind). Sobald die Zinsen negativ werden, kann das Unternehmen allerdings auch Kapital zerstören, solange die Zerstörungsrate geringer ist als der Zinssatz.

Angenommen, ein Unternehmen vernichtet jährlich 1% des Kapitals seiner Investoren. Das wäre schon schlimm genug. Doch was geschieht, wenn das Unternehmen dieses Kapital zu Zinsen von -2% leihen kann? Dann machen die Investoren einen Verlust von 2% im Jahr, aber das Unternehmen verbucht dennoch ein positives Ergebnis von 1%. Und was gewinnbringend ist, setzt sich im großen Stil im gesamten Wirtschaftsuniversum durch.

Bei Negativzinsen verlieren Investoren Jahr für Jahr einen kleinen Teil ihres Kapitals. Gleichzeitig unterstützen sie damit Unternehmen, die dieses Kapital zerstören. Negativzinsen sind also keineswegs nachhaltig. Sinkende Zinssätze können zwar die Kreditkosten senken, doch sie lösen nicht das Problem der sinkenden Grenzproduktivität der Schulden. Der Wärmetod des Wirtschaftsuniversums rückt damit jeden Tag ein Stück näher.

Aus diesen Überlegungen können wir das folgende Grundgesetz der Wirtschaft ableiten:

Wenn die Grenzproduktivität der Neuverschuldung kleiner ist als 1, ist die Wirtschaftsentwicklung nicht nachhaltig. Der Wärmetod des Wirtschaftsuniversums ist dann unvermeidlich.

Beachten Sie in diesem Zusammenhang bitte auch, dass die Grenzproduktivität der Schulden bereits in den 1950er Jahren bei weniger als 1 lag. Wir vermuten, dass dieses Phänomen entweder um die Zeit von 1933 begann, als Präsident Roosevelt in den USA den privaten Goldbesitz konfiszieren ließ, oder dass sein Anfang mit der Gründung der US-Notenbank Fed im Jahr 1913 in Zusammenhang steht. Allerdings verfügen wir nicht über entsprechende Daten, die so weit zurückreichen.

Kurz vor der Finanzkrise von 2008 fiel die Grenzproduktivität der Schulden unter 0,1. Selbst jetzt, trotz des Wiederaufschwungs nach der Krise, liegt sie noch immer deutlich unter 0,4 - Tendenz fallend.

Es ist an der Zeit, dass sich der Mainstream wieder mit der Rolle von Gold im Währungssystem befasst. An einem freien Geld- und Kreditmarkt ist die Grenzproduktivität der Neuverschuldung nicht rückläufig und die Zinsen sinken nicht auf absurd niedrige Werte. Und wenn der Markt wirklich frei wählen kann, wird er Gold bevorzugen.


© Keith Weiner
Monetary Metals


Der Artikel wurde am 6. November 2017 auf www.monetary-metals.com veröffentlicht und in Auszügen exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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