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Anomale Erholung

07.05.2021  |  John Mauldin
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John Mauldin: Ich habe meine "Durchwursteln"-Metapher hier vor etwa einem Jahr geändert. Ich denke, dass wir durch dieses Jahrzehnt eher hindurchstolpern werden, weil, wie Milton Friedman sagte, es nichts Dauerhafteres gibt als ein temporäres Regierungsprogramm. Wir werden in diesem Jahr weit über eine Billion an außerbudgetären Ausgaben und weitere Billionen an regulärem Haushaltsdefizit verzeichnen. Wir werden bis 2025 mit 40 Billionen Dollar verschuldet sein. Das ist ein Schulden-BIP-Verhältnis von 180%. Das erscheint wie Japan und Europa.


David Bahnsen: Nun, John, wenn die Verschuldung 180% des BIPs erreicht, und ich bin mir nicht sicher, dass wir so hoch kommen, dann sieht das nicht wie Europa aus. Dann müsste Europa wohl eher zu uns aufschließen.

John Mauldin: Sie haben schlimmere Probleme als wir. Sie liegen weit hinter der Impfkurve. Und das ist nicht gut für uns, weil die Welt insgesamt geimpft werden muss. All diese Todesfälle bremsen die Wirtschaft. Wenn wir also in diesem Jahrzehnt ein Wachstum von 2% erreichen könnten, würde ich das sofort buchen und Danke sagen.


Unpolitische Antworten

David Bahnsen: Lassen Sie uns unseren Zuhörern ein wenig Geschichte bereitstellen. Japan erlebte eine selbst induzierte Vermögensblase, deren vorherrschenden Merkmale Wahnsinn und Euphorie rund um Immobilien- und Vermögenswertpreise in den späten 1980er Jahren waren. Nach dieser Blase, die heftig platzte, befand sich Japan in einer Deflationsspirale, die es mit exzessiven, man könnte sagen notwendigen, aber dennoch unglaublichen Mengen an Staatsschulden zu behandeln beschloss. Das verschlimmerte dann die deflationäre Schuldenspirale, aus der sie sich seit langem heraus zu kämpfen versuchten, die Währungsabwertung, etc.

Und jetzt sitzen wir hier und kämpfen gegen das Wachstum der Schulden im Verhältnis zum BIP. Europa kämpft damit seit der Finanzkrise. Japan hatte in den 1980er Jahren eine Blase, die geplatzt ist. War das der Vorläufer unserer Situation? Die Immobilienkrise? Waren es 30, 40 Jahre Haushaltsdefizite? Wie sind wir in diese Lage gekommen? Und Sie sind wie ich. Ich denke, Sie sind sehr wohl in der Lage, eine unpolitische Antwort zu geben. Das ist nur eine objektive wirtschaftliche Frage. Wie sind wir in dieser Lage aufgewacht?

[Lesen Sie diesen Absatz noch einmal. Ich hatte eine Erleuchtung, die ich Ihnen in einem zukünftigen Artikel mitteilen werde.]


John Mauldin: Ich gebe beiden Parteien die Schuld. Es ist eine gleichberechtigte Schuldzuweisung. Meiner Meinung nach lag der Fehler darin, dass Greenspan die Zinsen zu lange zu niedrig hielt und dann zuließ, dass die Banken es bei den Subprime-Hypotheken übertrieben. Auf diese Weise haben wir unsere eigene Finanzkrise verursacht. Sie haben die Subprime-Krise verursacht, weil sie die Bedingungen dafür geschaffen haben. Dann kamen Yellen und Powell, und sie machen heute dasselbe.


David Bahnsen: Lassen Sie mich kurz auf die Schuld der Greenspan-Fed an der Finanzkrise eingehen. Sind Sie damit einverstanden, zu sagen, dass die Fed eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingungen für die Krise war? Oder glauben Sie wirklich, dass sie sich in einer singulären Position befanden?

John Mauldin: Nicht ausreichend. Die Rating-Agenturen waren dabei, ebenso wie die Hypothekengesellschaft und die Investmentbanken. Es war eine Gruppenleistung. Wenn sich Greenspan in die Immobilienblase hineingekniet hätte, und ich weiß nicht, wie er das politisch hätte tun können, außer die Art und Weise zu ändern, wir wir die Inflation messen, um die Immobilienpreise einzubeziehen. Politisch gesehen, wäre das nicht möglich gewesen.


David Bahnsen: Wenn Sie mich fragen, wie Greenspan es politisch geschafft haben könnte, dann teilweise deshalb, weil er zugab, dass es etwas wie Blasen gibt. Die Zentralbank scheint immer noch zu leugnen, dass eine Blase erkennbar ist, bis sie geplatzt ist, was ich empirisch gesehen sehr schwer zu glauben finde. Es gibt ein technisches Argument bezüglich Wohnungspreise und Owner Equivalent Rent (OER) innerhalb der Inflationsmessungen.

Es besteht jedoch auch das moralische Risiko, dass unsere Zentralbank außerhalb des Doppelmandats unter der Autorität des Kongresses arbeitet, der, wie ich glaube, 1998 begann, nicht im Jahr 2000, nicht während der Immobilienkrise und sicherlich nicht während all der Dinge, die Bernanke und Powell seit der Krise getan haben; sondern 1998, als das reale BIP-Wachstum über 5% lag und der Markt brummte. Wir hatten eine Krise des russischen Rubel hinter uns.

Im Jahr zuvor hatten wir gerade eine Währungskrise in Thailand hinter uns. Greenspan senkte den Leitzins in einer rauschenden Wirtschaft unter dem Vorwand, es sei ein präventiver Schritt. Aber was er wirklich tat, war, den Aktienmarkt am Laufen zu halten.


John Mauldin: Und eine Blase zu erzeugen.


David Bahnsen: Und ich denke, der Greenspan-Put wurde kodifiziert. Und es ist nicht mehr fair, ihn als Greenspan-Put zu bezeichnen, weil Bernanke ihn auch benutzt hat.

John Mauldin: Hier haben Dinosaurier wie ich Probleme. Ich kann mir Maßstäbe ansehen, die zeigen, dass der Markt heute genauso überbewertet ist wie im Jahr 2000. Powell kann nicht noch deutlicher werden. Er wird sich nicht darum sorgen, dass die Inflation auf 3% steigt. Er wird da durchblicken, weil er sagt - und ich denke, dass er Recht hat - dass es vorübergehend sein wird [über 1 bis 2 Jahre], weil unser Startpunkt ein niedriger Wert ist. Dann erklärt er, und hier liegt er falsch, dass sie die Zinsen nicht anheben werden, bis wir wieder auf eine Arbeitslosenzahl kommen, die wir seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nur zweimal verzeichneten.

Einmal während der Vietnam-Ära, als wir eine halbe Million Soldaten nach Vietnam schickten. Also ja, wir haben sie in der Armee beschäftigt und diese Leute zählen nicht. Und das andere Mal fand während der Trump-Ära statt, als die Wirtschaft boomte. Jerome Powell sagt heute, dass das normal ist, dass wir dort sein sollten, und dass wir die Zinsen niedrig halten werden, bis wir wieder auf diese Zahl kommen. Ich denke einfach, dass ist der Gipfel der Dummheit. Irgendwann man man anfangen, den Fuß vom Pedal zu nehmen.


Huhn oder Ei

David Bahnsen: John, ich möchte, dass Sie mir sagen, wo ich falsch liege, denn ich könnte falsch liegen. Vielleicht auch nicht. Wir sind uns völlig einig, aber das ist ein wirklich guter Punkt, den Sie da ansprechen, wie immer. Ich werde sehr kritisch, wenn sich Republikaner in Gesprächen über Steuerpolitik vertiefen, wenn wir die Ausgabenpolitik noch nicht angesprochen haben.


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