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Produktionsverlagerungen führen zu neuen Abhängigkeiten

23.03.2023  |  Vertrauliche Mitteilungen
Bei der Vorstellung des Jahresabschlusses 2022 ließ BASF-Chef Martin Brudermüller klar durchblicken, daß der Konzern in Deutschland zwar auch in Zukunft investieren wolle, aber nicht in jedem Bereich. Für manche Produkte, so Brudermüller sinngemäß, fehle es in Deutschland einfach an der Nachfrage und/oder konkurrenzfähigen Produktionsbedingungen.

Dies gelte z.B. für die Produktion von Ammoniak, für die man recht viel Erdgas brauche. BASF wird deshalb in Ludwigshafen eine von zwei Produktionsanlagen für Ammoniak stilllegen. Mit der auch weiterhin betriebenen Anlage in der belgischen Hafenstadt Antwerpen könne BASF dann immer noch den Eigenbedarf an Ammoniak decken.

Es ist gerade in Deutschland eine bedrohliche Mischung aus hohen Energiepreisen, einer zähen Bürokratie und teilweise alles erdrückenden Umweltauflagen, die immer mehr Betriebe abwandern läßt. Für die dennoch im Land verbleibenden Unternehmen bedeutet dieses, daß immer mehr Vorprodukte nicht mehr hierzulande bezogen werden können, sondern importiert werden müssen. Daraus ergeben sich nicht nur neue Abhängig keiten und Unsicherheiten bezüglich der Lieferketten, sondern auch die einst glänzende deutsche Außenhandelsbilanz wird zunehmend belastet.

Ammoniak ist beispielsweise ein wichtiger Ausgangsstoff für viele chemische Produkte. Er wird u.a. zu Stickstoffdünger und Harnstoff verarbeitet oder er dient als Basischemikalie für verschiedene Produkte wie Nylon oder Polyurethane. Seine Herstellung ist sehr energieintensiv, so daß sich die durch den Ukrainekrieg (und die Inflation, die mit dem Ukrainekonflikt rein gar nichts zu tun hat) in die Höhe geschossenen Energiepreise hier besonders negativ bemerkbar machten und machen.

In Deutschland stellen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zwölf Unternehmen Ammoniak her, von denen BASF bisher der größte Produzent war. Die Jahresproduktion lag in 2021 bei rund 2,5 Millionen Tonnen und wurde in 2022 im Jahresschnitt um ein knappes Drittel zurückgefahren. Ende 2022 stand praktisch jede zweite der zwölf Anlagen still. Und nicht nur der einen BASF-Anlage droht nun das endgültige Aus.

Weil Ammoniak, wie bereits gesagt, ein wichtiger Grundstoff für die chemische Industrie ist, sind sich die Experten noch nicht darüber einig, ob in Zukunft tatsächlich deutlich mehr Ammoniak als bisher nach Deutschland eingeführt werden wird, oder ob nicht gleich ganze Produktionsschritte ins Ausland verlegt werden. Dies könnte z.B. bedeuten, daß Düngemittel nicht mehr hierzulande hergestellt werden, sondern komplett im Ausland, wodurch eventuell neue Abhängigkeiten drohen.

Dies gilt auch für Harnstoffe, die beispielsweise für die AdBlue-Produktion gebraucht werden. Einer Flüssigkeit, ohne die die modernen Dieselmotoren in Personen- und Lastkraftwagen gar nicht mehr betrieben werden können.

In den letzten Wochen, das sei in diesem Zusammenhang aber auch gesagt, sind die Erdgaspreise bekanntlich wieder stark gesunken. Sollte diese Entwicklung bis zum bald bevorstehenden Frühjahr anhalten, erwarten die meisten Marktbeobachter zumindest für Düngemittel wieder einen deutlichen Preisrückgang bei einer gleichzeitig auch wieder in Europa lohnenden Produktion. Doch Vorsicht bleibt hier angeraten. Denn sollte sich die chinesische und/oder europäische Wirtschaft wieder schneller und stärker als erwartet erholen, könnte allein dies schnell wieder zu deutlich höheren Energiepreisen führen.

Die fest beschlossene Schließung der einen Ammoniak-Anlage sowie einer weiteren Anlage zur Herstellung von TDI (ein wichtiges Vorprodukt u.a. bei der Herstellung von Schaumstoffen, Klebstoffen und Beschichtungen) wird alleine bei BASF mehr als 2500 Arbeitsplätze kosten. Und anders als bei Ammoniak wird BASF dann in Europa über keine TDI-Anlage mehr verfügen.

Die europäischen Kunden müssen dann mit TDI beliefert werden, das in den USA, China oder Südkorea hergestellt wurde. Neue Abhängigkeiten drohen damit auch hier!


© Vertrauliche Mitteilungen
Auszug aus den "Vertrauliche Mitteilungen", Nr. 4539



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