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Ignorierte rote Repo-Signale = noch eindeutigerer Rückenwind für Gold

07:00 Uhr  |  Matt Piepenburg
Märkte sind vieles, doch im Kern sind sie ein Paradox.


Von komplex…

Damit meine ich, dass sie unglaublich und vorsätzlich komplex konstruiert sind. Das macht sie zu einer Art exklusivem Umfeld, das von angeblichen Kadern versierter Experten (?) geführt wird, die in dieser Komplexität geschult sind und sich darin wohlfühlen.

Die außerordentlich komplexen Mechanismen wie verschachtelte Derivat-Konstrukte oder Währungs- und Zins-Swaps, das Hedging von Futures-Kontrakten an der New Yorker COMEX oder das labyrinthartige Hin und Her von Liquidität und Sicherheiten im Repo- und Reverse-Repo-System sind in der Tat von geradezu betäubender Komplexität.


…zu einfach

Aber genau da liegt das Paradoxon, denn trotz dieser bewussten und abgeschirmten Komplexität funktionieren diese Märkte – vom einfachsten ETF-Kauf bis hin zu den verworrensten forderungsbesicherten Wertpapieren – nach einem super einfachen Prinzip, nämlich: Liquidität.

Oder noch einfacher gesagt, dreht sich alles um eine Frage: Gibt es genug Geld, um diese Systeme am Laufen zu halten?

Und selbst wenn man nie die Zeit hatte, jede Marktbereinigung von den ersten persischen Handelshütten oder römischen Währungszusammenbrüchen über die großen Crashs im Frankreich des 18. Jahrhunderts, Amerika des 19. Jahrhunderts oder die jüngeren Geister von 2008 zu studieren, bleibt die zentrale Erkenntnis dieselbe:Jede Marktkrise ist im Kern eine Liquiditätskrise.

Kurz gesagt: Liquidität ist entscheidend.


Motoren brauchen Öl, Märkte brauchen Cash

Liquidität – oder Cashflow – ist wie der Ölstand in einem Motor. Jeder, der schon einmal ein Auto besessen oder gefahren hat, weiß, dass es kein gutes Zeichen ist, wenn das Armaturenbrett das rote Warnlicht für einen niedrigen Ölstand anzeigt.

Wenn nicht zügig mehr Öl nachgefüllt wird, wird die Warnung rasch zu einem Motorstillstand.

Was viele Anleger vielleicht nicht erkennen: Diese ansonsten unsterblichen Märkte für Risikoprodukte sind voller "Warnungen für einen niedrigen Ölstand", die nur wenige thematisieren, die Gold jedoch sehr wohl registriert.


Warnsignale im Repo-Markt: Langweilig, aber wichtig

Nehmen wir die aktuelle Standard-Repo-Fazilität, ein Thema, das so langweilig und komplex ist, dass es leicht ignoriert oder missverstanden wird.

Im einfachsten Sinne ist der Repo-Markt der Ort, an dem große Banken ("Primary Dealers") sich gegenseitig Übernachtkredite verschaffen, also Liquidität, damit ihre Bankmotoren weiterlaufen.

Hier schließen sie sogenannte Rückkaufvereinbarungen ab. Partei A bittet Partei B um Cash und bietet dafür über Nacht hinterlegte Sicherheiten in Form von vermeintlich sicheren US-Staatsanleihen an.

Am nächsten Tag zahlt Partei A den Kredit zurück und kauft ihre Sicherheiten zu einem etwas höheren Preis beziehungsweise Zinssatz als der von der Fed festgelegten Fed Funds Rate (FFR) zurück, auch bekannt als "Repo-Satz".

Solche Repo-Geschäfte halten das Räderwerk des Bankensystems, die Renditen der Geldmärkte und selbst die Leverage-Instrumente von Hedgefonds gut geölt und reibungslos am Laufen, solange FFR und Repo-Sätze aufeinander abgestimmt, erschwinglich und somit "liquide" sind.

Steigen die Repo-Sätze jedoch spürbar über die angeblich beruhigende Fed Funds Rate, ist das ein Warnlicht auf dem Armaturenbrett. Es zeigt, dass das Vertrauen in die hinterlegten Sicherheiten unter den Gegenparteien sinkt und dass künftige Liquidität ins Stocken gerät.

Oder, noch einfacher ausgedrückt: Steigende Repo-Sätze deuten auf eine Verknappung der Liquidität hin, was für Banker so etwas ist wie das Auftauchen einer Haifischflosse im Meer für einen Wochenendschwimmer.


Nervöse "Experten"…

Kürzlich traf sich eine Gruppe von Marktteilnehmern, gewissermaßen die "Schwimmer" im Becken (also die Primary Dealer und ihre Vertreter), im Hause der New York Fed hinter verschlossenen Türen und in ausgesprochen nervöser Stimmung.

Warum?

Weil sie Haifischflossen um sich herum sehen und die Ölwarnleuchte auf dem Armaturenbrett blinkt.

Die Repo-Sätze lösen sich vom FFR (steigen darüber), was bedeutet, dass die Kreditkosten zwischen Insidern immer schmerzhafter werden.

Das wiederum heißt, dass die Liquidität versiegt und der Motor der US- sowie der globalen Märkte, die buchstäblich jedes Asset und jeden Marktteilnehmer betreffen, langsam anfängt zu qualmen, zu klappern und abzuwürgen.

Wenn die Repo-Sätze von einem bloßen Anstieg in einen gefährlichen Spike übergehen, wie im September 2019, kommt der Motor vollständig zum Erliegen. Und die Reparaturrechnung, sprich die von der Fed einzuschießende Liquidität, wird dann außergewöhnlich hoch.



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