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Eurozone kur vor dem K.O. - Prognosen aus dem Jahresausblick werden storniert!

23.07.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.50 Uhr) bei 1.2110, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im asiatischen Handel bei 1.2106 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 78.12. In der Folge notiert EUR-JPY bei 94.60, während EUR-CHF bei 1.2010 oszilliert.

Seit dem Beginn der Krise im Jahr 2007 haben wir uns sachlich engagiert und warteten immer wieder mit bedeutenden Daten auf, die in den Medien und von anderen "Outlets“ sträflich vernachlässigt wurden.

So wie wir lange vor der Krise (2004) vor dem MBS-Debakel mit sachlichen und unbestechlichen Argumenten und Daten warnten und sportich ignoriert und belächelt wurden (außer von dem Vorstand der BLB, danke an dieser Stelle), haben wir auch vor falscher Krisenpolitik durch die politischen Eliten der Eurozone gewarnt.

Dank dieser Politik sind die positiven Fakten der Eurozone, auf die wir gebetsmühlenartig verwiesen haben, vollständig ignoriert wurden.

Wie bei der "Cash Burn Rate“ am Neuen Markt oder bei der "MBS Allokation“ ergab sich auch bei der Eurodefizitkrise innerhalb Europas und vor allen Dingen Deutschlands in meiner Profession lange Zeit eine klare Mehrheit, die durch ihr Verhalten die Position Londons und New Yorks gegen die Eurozone stillschweigend billigten oder sogar forcierten. Hier muss sich jeder nach seinem Maß an Verantwortung für die aktuelle Lage fragen und fragen lassen …

Wie in der MBS Krise war der Forex Report eines der ganz wenigen "Outlets“, der sich diesen Avancen zur Fehlallokation des Produktionsfaktors Kapital widersetzten. Warum rede ich von einer Fehlallokation? Wenn diejenigen, die keine Reformen unternehmen und die aggressivsten Schuldner sind, an Märkten diejenigen schlagen, die Zukunftsfähigkeit schaffen, dann hat das eben nichts mit Markteffizienz zu tun.

Wir haben in den letzten 15 Monaten vor einer konjunkturellen Verunfallung der Eurozone bei unangemessener Politik aus der Eurozone heraus gewarnt. Wir sind einmal mehr nicht gehört worden.

Das Kind ist mittlerweile in den Brunnen gefallen. Mit der aktuellen Entwicklung der Krise wird die Investitionstätigkeit in den Reformländern zusammenbrechen. Damit werden dann auch die fiskalischen Reformziele wie bereits bei Griechenland verfehlt. "Unsere Freunde“ in London und New York werden diese Chancen, die Eurozone ultimativ an den Märkten hinzurichten, nicht auslassen.

Die letzte Stufe der aggressiven Spekulation gegen die Eurozone begann mit unfundierten Gerüchten gegen SocGen und BNP als auch Frankreich am 1. August 2011. Knapp ein Jahr später steht die Eurozone nicht mangels struktureller Reformen, sondern hinsichtlich der konjunkturellen Ausdörrung der Reformländer vor dem Aus.

Die Ausdörrung wurde erst durch mangelnde Solidarität und starrsinniger deutscher Ordnungspolitik und der Lust am Bestrafen für Fehlverhalten möglich als aich durch die Latenz der Spekulation, die die Riskoaversion gegen die Eurozone und die Reformländer auf hohem Niveau zementierte.

Es freut uns natürlich, dass Herr Schäuble jetzt Spanien stark redet und Zuversicht verbreitet. Es wird aber wohl zu spät sein.

Wir müssen nur eine Frage stellen: Wer wird jetzt in Spanien in die Realwirtschaft investieren, wenn der Finanzmarkt die Kapitalmarktunfähigkeit Spaniens aggressiv betreibt? Die Rendite für Spaniens Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren steht heute früh bei 7,45%. Wenn ncht in die Wirtschaft investiert wird, sinkt der Kapitalstock der Wirtschaft, es kommt zu weiterem Aufbau der Arbeitslosigkeit. Die Negativspirale dreht sich heftig und zügig.

Wenn Spanien scheitert, wird auch Portugal scheitern. Wenn Portugal scheitert, wird Irland mit einer starken Exportabhängigkeit nicht reüssieren. Herr Hollande darf sich dann auch Gedanken machen, ob Frankreich stehen kann, wenn es um Frankreich herum dramatisch abwärtsgeht. Das gilt ebenso für Italien trotz überzeugendem Staatsvermögens und sehr guter Reformpolitik.

Ach so, kann Deutschland dann eigentlich noch mit seinem Exportmodell erfolgreich sein? Deutschland hat mit Irland die höchste Fallhöhe bei einer Verunfallung der europäischen Wirtschaft und der Weltwirtschaft. Wie war das noch mit der Verantwortung für den deutschen Steurzahler … Die Entschleunigung der Weltwirtschaft nimmt derzeit zu. Der K.O. der Eurozone ist zunehmend eine Frage des Zeitpunkts und weniger des "Ob“.

Wir hatten zuletzt das Risiko des Scheiterns der Eurozone auf 20% beziffert. Nach den jüngsten Entwicklungen liegt dieses Risiko jenseits der 40% Marke mit zunehmender Tendenz.

Als Konsequenz sind die Prognosen aus dem Jahresausblick 2012 nicht mehr haltbar. Das gilt für die makroökonomischen Prognose als auch die Marktprognosen. Nach dem 12. September 2012 (Entscheidung Bundesverfassungsgericht) werden wir mit neuen Daten aufwarten. Vorher ist ein solider Ansatz zu riskant. Auf hoher See und vor Gericht ist man halt in Gottes Hand.

Bis zum 12. September wäre nur bei einer dramatischen Wende der Politik der Eurozone und vor allen Dingen Deutschlands mit einer Entspannung zu rechnen. Da diese Wende hinsichtlich der rechtlichen Lähmung Deutschlands als auch der Positionen der FDP und CSU nahezu ausgeschlossen ist, nimmt das Schicksal jetzt seinen Lauf.

Der Euro wird gegenüber dem USD weiter unter deutlichem Druck stehen - Kursziele sind hier zunächst im Bereich von 1,17 und dann in einer nächsten Zielzone bei 1.12 - 1.15 angesiedelt. Die Konjunktur wird in der Eurozone, aber auch weltweit dynamischer einbrechen als es bisher zu erwarten war. Damit nehmen die fiskalischen Schieflagen zu und verschärfen das Gesamtproblem. Riskoaktiva werden unter Druck bleiben. Mit dieser Krise wird uns zunächst ein leichter deflatorischer Hauch umgeben.

Damit ist ein "Outline“ geliefert - mehr folgt im September.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Erst ein nachhaltiges Überwinden der Widerstandszone bei 1.2530 - 60 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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