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Erdbebenkatastrophe in Japan hält die Märkte in Atem

14.03.2011  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Brentölpreis ist zum Wochenauftakt auf ein 2½-Wochentief von 111 USD je Barrel gefallen. Der WTI-Preis ist unter die Marke von 100 USD je Barrel gefallen. Aufgrund der Erdbebenkatastrophe in Japan dürfte es vorübergehend zu einem deutlich niedrigeren Rohölverbrauch im drittgrößten Ölverbrauchsland der Welt kommen. Dem steht ein höherer Bedarf an Dieselkraftstoff zur Stromerzeugung gegenüber, da es nach der Abschaltung von zahlreichen Atomkraftwerken zu Stromrationierungen kommen dürfte. In der Folge dürften sich die Crackspreads für Gasöl ausweiten. Auch Erdgas als weiterer alternativer Energieträger zur Stromerzeugung dürfte von dieser Entwicklung profitieren.

Die spekulativen Finanzanleger haben ihre Netto-Long-Positionen bei Rohöl in der Woche zum 8. März nochmals um 5,6 Tsd. auf ein Rekordniveau von 274.235 Kontrakte ausgeweitet. Somit besteht ein beträchtliches Korrekturpotenzial, sollten die Finanzanleger in Anbetracht der jüngsten Ereignisse damit beginnen, Longpositionen aufzulösen.

Solange die Folgen des Unfalls am Atomkraftwerk Fukushima nicht noch größer werden, dürfte sich Japan nicht mit einem möglichen Ausstieg aus der Atomenergie befassen. Auch dürften sich die Pläne der anderen Länder, die künftig ihren Anteil an Nuklearenergie ausbauen möchten, wie z.B. China, Indien, Russland, Ukraine oder USA, dadurch nicht ändern. Dennoch könnte dies die Stimmung am Uranmarkt deutlich eintrüben. Zum einen trifft dies empfindlich die Urannachfrage, denn Japan ist für mehr als 10% der weltweiten Atomenergienachfrage verantwortlich. Zum anderen hatte der durch das Erdbeben im Juli 2007 ausgelöste Vorfall am Kashiwazaki-Kariwa Atomkraftwerk in Japan den Rückgang der Uranpreise beschleunigt. Zu diesem Zeitpunkt notierte der Preis für ein Pfund Uranoxid U3O8 bei über 130 USD. Jetzt liegt der U3O8-Kassapreis nur etwa halb so hoch unter 70 USD.

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Edelmetalle

Der Goldpreis steigt zum Wochenauftakt im aktuellen Marktumfeld wenig überraschend auf rund 1.430 USD je Feinunze. Allerdings ist die allgemeine Flucht in den sicheren Hafen Gold bislang ausgeblieben. Die Netto-Long-Positionen spekulativer Finanzanleger zeigten sich in der Woche zum 8. März so gut wie unverändert. Mit 188,6 Tsd. Kontrakten liegen sie weiter auf dem höchsten Stand seit Anfang November.

Wie erwartet brachte das Treffen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone am Freitag in Brüssel nicht die überzeugende und umfassende Lösung der Schuldenkrise in den Euro-Peripherieländern. Allerdings kam es zu Fortschritten: So wurde ein "Pakt für den Euro" geschlossen und man einigte sich auf die Ausweitung des Volumens des EU-Rettungsschirms (EFSF). Darüber hinaus werden die Zinsen für die Finanzhilfen reduziert und der EFSF darf am Primärmarkt Staatsanleihen der in Schieflage geratenen Länder kaufen. Dennoch bleiben Unstimmigkeiten unter den Staats- und Regierungschefs bestehen und die Schuldenkrise ist bei weitem noch nicht ausgestanden. Das Thema dürfte die Märkte also noch eine ganze Zeit lang begleiten und den Goldpreis unterstützen.


Industriemetalle

Die Metallmärkte stehen zum Wochenauftakt im Bann des schweren Erdbebens in Japan und dessen Folgen. Japan zählt bei allen Metallen zu den fünf größten Nachfrageländern der Welt. Angesichts dessen halten sich die Metallpreise jedoch erstaunlich gut und geben nur moderat nach bzw. haben sich bereits wieder in positives Terrain vorgearbeitet.

Offensichtlich scheinen die meisten Marktteilnehmer den langfristigen Aussichten an den Metallmärkten mehr Gewicht beizumessen als den kurzfristigen Auswirkungen der Katastrophe. Zwar dürfte es in Japan kurzfristig betrachtet zu einer deutlich rückläufigen Rohstoffnachfrage kommen, da beispielsweise Autohersteller ihre Produktion vorübergehend gestoppt haben und im Zuge der angekündigten Stromrationierungen weniger Energie zur Verfügung steht. Mittel- bis langfristig gesehen sollte der Wiederaufbau zu einer höheren Rohstoffnachfrage führen.

Die spekulativen Finanzanleger haben laut Daten der CFTC im Falle von Kupfer in der Woche zum 8. März ihre Wetten auf steigende Preise deutlich reduziert. Die Netto-Long-Positionen fielen im Vergleich zur Vorwoche um 13% auf 22,3 Tsd. Kontrakte. Dies entspricht dem niedrigsten Wert seit Ende August. Die Finanzanleger haben damit maßgeblich zum Preisrückgang von Kupfer in der Beobachtungsperiode beigetragen. Da der Kupferpreis seinen Abwärtstrend nach dem Stichtag fortgesetzt hat, dürften die Netto-Long-Positionen mittlerweile weiter reduziert worden sein.


Agrarrohstoffe

Auch die Agrarmärkte stehen unter dem Eindruck der verheerenden Katastrophe in Japan. Ersten Schätzungen zufolge könnten 20% der Futtergetreideproduktion Japans zerstört worden sein, die in den Lagern auf ihre spätere Verwendung wartete. Japan ist der größte Maisimporteur der Welt und importiert fast vollständig Ware aus den USA. Zudem ist Japan der zweitgrößte Kunde der USA bei Weizen sowie der drittgrößte bei Sojabohnen. Allerdings wurden Hafenanlagen und andere Infrastrukturen zerstört, was die Anlandung und den Transport von Importen auf absehbare Zeit erschwert. Dennoch könnte Japan in den nächsten Wochen verstärkt Mais, Weizen und Sojabohnen einführen und somit zu einem weiteren Abbau der ohnehin bereits niedrigen weltweiten Lagerbestände beitragen.

Der Preis für Rohzucker hat in den letzten Tagen auf unter 30 US-Cents je Pfund nachgegeben. Die indische Zuckerindustrie drängt angesichts eines größeren Angebotsüberschusses und niedriger inländischer Preise auf zusätzliche Exporte und sieht hierfür einen Spielraum von bis zu 2 Mio. Tonnen Zucker. Die Regierung zögert die Entscheidung angesichts der hohen Inflationsrate und der niedrigen Lagerbestände hinaus. Bislang wurden lediglich 500 Tsd. Tonnen für den Export freigegeben.


CFTC Daten: Netto-Long Positionen spekulativer Finanzanleger vs. Preis

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Terminkurven ausgewählter Rohstoffe: aktuell, vor einer Woche und vor einem Monat

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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