Schweiz agiert - Euro in stabiler Verfassung!
18.08.2011 | Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen (07.35 Uhr) bei 1.4405, nachdem gestern im europäischen Geschäft Höchstkurse bei 1.4517 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 76.65. In der Folge notiert EUR-JPY bei 110.45, während EUR-CHF bei 1.1480 oszilliert.
Die SNB hat Maßnahmen gegen den Anstieg des CHF intensiviert. Die SNB zielt darauf ab, das Volumen der Sichteinlagen von 120 auf 200 Mrd. CHF aufzustocken. Man werde ausstehende Geldmarktpapiere von Banken aufkaufen und Devisenswaps nutzen. Damit wurden zunächst Erwartungen noch aggressiverer Maßnahmen enttäuscht. Das gilt jedoch nur für den ersten Blick.
Die Politik stützt die SNB in ihrem Bemühen, unsachliche Bewertungen des CHF zu verhindern, und steht bereit, in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit der SNB administrative Maßnahmen vorzubereiten, falls die getroffenen Entscheidungen der SNB nicht greifen. Dieser potentielle ordnungspolitische Ansatz verdeutlicht, dass seitens der Schweiz die Bereitschaft gegeben ist, unorthodoxe Maßnahmen zu verabschieden. Es wird aber auch offensichtlich, dass dem Markt eine Möglichkeit offeriert wird, durch realistischeres Verhalten eine Begrenzung des "Spielplatzes" zu verhindern.
Insgesamt ist die Beschlussfassung als sensibel zu klassifizieren. Grenzen sind klar aufgezeigt seitens der Schweiz. Es ist richtig, ganze Gesellschaften und Volkswirtschaften vor übertriebenem Spieltrieb der Teilnehmer der Finanzaristokratie zu schützen.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie man es zulassen konnte und kann, diese Finanzaristokratie in unregulierter oder gering regulierter Form entstehen zu lassen. Auch stellt sich die Frage, in wie weit die Finanzaristokratie eine politische Agenda vertritt? Bei der Deregulierung waren offensichtlich die Vertreter der Markteffizienztheorie verantwortlich …
Da die Defizite und nicht die nachhaltigen Strukturreformen der Eurozone so vehement im Zentrum der Betrachtung stehen, erlauben wir uns heute einen Blick auf die USA zu werfen. Wir bedienen uns des Zahlenwerks der US-Treasury, die die verfassungskonforme öffentliche Verschuldung tagtäglich berechnet.
Diese Zahlenkolonnen sind Ausdruck einer massiv verfehlten Haushaltspolitik. Reformen sind im Gegensatz zu der Eurozone vollständig Fehlanzeige. Ein Grund stellt die verfehlte Steuerpolitik dar. Dazu bieten wir einen Chart des "Contrary Investors" an, der den Prozentsatz der Einkommensteuern am BIP im Zeitraum ab 1947 abbildet.
Erkennbar ist, dass es drei Phasen gibt, in denen das Steueraufkommen in % des BIP so niedrig war. Dieses niedrige Steueraufkommen ist Folge von Bushs Senkungen und latenten Steuergeschenken zur Ankurbelung der Wirtschaft. Hier liegt ein Dilemma, das einmal mehr das strukturelle Problem der US-Wirtschaft und der US-Gesellschaft betrifft.
Die Forderungen nach noch mehr Steuersenkungen, um das Defizit zu senken, durch die Tea-Party Bewegung ist vor diesem Hintergrund nicht nur als ambitioniert zu betrachten. Es ist schon erstaunlich, dass derartige Problemfelder offensichtlich von Moody’s und Fitch nicht als kritisch bewertet werden. Wenn das die Zahlen europäischer Länder wären, würde die Nonchalance der Bewertung dann auch appliziert?
Kommen wir zu den gestrigen Veröffentlichungen (Charts: Moody’s Economy.com: Das Leistungsbilanzdefizit der Eurozone stellte sich in der saisonal bereinigten Fassung per Juni auf -7,4 Mrd. Euro nach zuvor -5,6 Mrd. Euro.
Die Verbraucherpreise der Eurozone lieferten im Monatsvergleich per Juli einen Rückgang um -0,6%. Im Jahresvergleich stellte sich der Preisanstieg auf 2,5% nach zuvor 2,7%. Beide Werte entsprachen den Prognosen.
Die US-Erzeugerpreise per Juli legten um 0,2% zu (Prognose 0,1%). Im Jahresvergleich stellte sich der Anstieg auf 7,2% nach zuvor 7,0%. Die Prognose lag bei 7,0%.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro favorisiert. Ein Unterschreiten der Tiefstkurse 1.3835 neutralisiert den positiven Bias.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank
Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.
Die SNB hat Maßnahmen gegen den Anstieg des CHF intensiviert. Die SNB zielt darauf ab, das Volumen der Sichteinlagen von 120 auf 200 Mrd. CHF aufzustocken. Man werde ausstehende Geldmarktpapiere von Banken aufkaufen und Devisenswaps nutzen. Damit wurden zunächst Erwartungen noch aggressiverer Maßnahmen enttäuscht. Das gilt jedoch nur für den ersten Blick.
Die Politik stützt die SNB in ihrem Bemühen, unsachliche Bewertungen des CHF zu verhindern, und steht bereit, in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit der SNB administrative Maßnahmen vorzubereiten, falls die getroffenen Entscheidungen der SNB nicht greifen. Dieser potentielle ordnungspolitische Ansatz verdeutlicht, dass seitens der Schweiz die Bereitschaft gegeben ist, unorthodoxe Maßnahmen zu verabschieden. Es wird aber auch offensichtlich, dass dem Markt eine Möglichkeit offeriert wird, durch realistischeres Verhalten eine Begrenzung des "Spielplatzes" zu verhindern.
Insgesamt ist die Beschlussfassung als sensibel zu klassifizieren. Grenzen sind klar aufgezeigt seitens der Schweiz. Es ist richtig, ganze Gesellschaften und Volkswirtschaften vor übertriebenem Spieltrieb der Teilnehmer der Finanzaristokratie zu schützen.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie man es zulassen konnte und kann, diese Finanzaristokratie in unregulierter oder gering regulierter Form entstehen zu lassen. Auch stellt sich die Frage, in wie weit die Finanzaristokratie eine politische Agenda vertritt? Bei der Deregulierung waren offensichtlich die Vertreter der Markteffizienztheorie verantwortlich …
Da die Defizite und nicht die nachhaltigen Strukturreformen der Eurozone so vehement im Zentrum der Betrachtung stehen, erlauben wir uns heute einen Blick auf die USA zu werfen. Wir bedienen uns des Zahlenwerks der US-Treasury, die die verfassungskonforme öffentliche Verschuldung tagtäglich berechnet.
Diese Zahlenkolonnen sind Ausdruck einer massiv verfehlten Haushaltspolitik. Reformen sind im Gegensatz zu der Eurozone vollständig Fehlanzeige. Ein Grund stellt die verfehlte Steuerpolitik dar. Dazu bieten wir einen Chart des "Contrary Investors" an, der den Prozentsatz der Einkommensteuern am BIP im Zeitraum ab 1947 abbildet.
Erkennbar ist, dass es drei Phasen gibt, in denen das Steueraufkommen in % des BIP so niedrig war. Dieses niedrige Steueraufkommen ist Folge von Bushs Senkungen und latenten Steuergeschenken zur Ankurbelung der Wirtschaft. Hier liegt ein Dilemma, das einmal mehr das strukturelle Problem der US-Wirtschaft und der US-Gesellschaft betrifft.
Die Forderungen nach noch mehr Steuersenkungen, um das Defizit zu senken, durch die Tea-Party Bewegung ist vor diesem Hintergrund nicht nur als ambitioniert zu betrachten. Es ist schon erstaunlich, dass derartige Problemfelder offensichtlich von Moody’s und Fitch nicht als kritisch bewertet werden. Wenn das die Zahlen europäischer Länder wären, würde die Nonchalance der Bewertung dann auch appliziert?
Kommen wir zu den gestrigen Veröffentlichungen (Charts: Moody’s Economy.com: Das Leistungsbilanzdefizit der Eurozone stellte sich in der saisonal bereinigten Fassung per Juni auf -7,4 Mrd. Euro nach zuvor -5,6 Mrd. Euro.
Die Verbraucherpreise der Eurozone lieferten im Monatsvergleich per Juli einen Rückgang um -0,6%. Im Jahresvergleich stellte sich der Preisanstieg auf 2,5% nach zuvor 2,7%. Beide Werte entsprachen den Prognosen.
Die US-Erzeugerpreise per Juli legten um 0,2% zu (Prognose 0,1%). Im Jahresvergleich stellte sich der Anstieg auf 7,2% nach zuvor 7,0%. Die Prognose lag bei 7,0%.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro favorisiert. Ein Unterschreiten der Tiefstkurse 1.3835 neutralisiert den positiven Bias.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank
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