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Risikoaversion geht leicht zurück - nur Korrektur oder Bodenbildung für Risikoaktiva?

27.09.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute Morgen (07.15 Uhr) bei 1.3530, nachdem gestern im europäischen Geschäft Tiefstkurse bei 1.3363 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 76.35. In der Folge notiert EUR-JPY bei 103.30, während EUR-CHF bei 1.2210 oszilliert.

Nach dem Weltbanktreffen klären sich einige Nebel. Die Weltgemeinschaft scheint ansatzweise zu alter Homogenität nach dem Muster 2008/2009 zurückzufinden, um die aktuellen Herausforderungen bezüglich der Eurozone zu meistern. Genau dieser homogene Ansatz war der Schlüssel zum Erfolg der Stabilisierung des Weltfinanzsystems und der Wiederbelebung der Weltwirtschaft, deren Zyklik unverändert durch höchste Qualität besticht, da Sättigungseffekte anders als 2007/2008 nicht gegeben sind. Da Fiskallagen den Konjunkturlagen folgen, ist die jetzt ansatzweise wiederkehrende Homogenität mindestens ermutigend.

Die japanische Regierung ist unter Umständen dazu bereit, einen Teil der Lasten aus einem Rettungsplan für Griechenland zu übernehmen. Voraussetzung sei laut Finanzminister Azumi ein Rettungsmodell der Europäer, das die Märkte beruhige und eine zumutbare Summe mit sich bringe. Der IWF bemüht sich, China in mehr finanzielle Verantwortung einzubinden und die Schlagkraft des IWF zu erhöhen. Die Gespräche um eine Erhöhung der Schlagkraft des EFSF ziehen Kreise. EZB-Ratsmitglied Nowotny bestätigte, dass eine Ausweitung des EFSF-Rettungsschirms diskutiert wird und wahrscheinlich ist. Reuters schreibt: In der Debatte um eine Stärkung des Euro-Rettungsschirms EFSF sickern neue Vorschläge durch.

Der TV-Sender CNBC berichtete am Montag von Plänen, die eine doppelte Verwendung von EFSF-Geldern vorsehen. Demnach sollen damit zum einen die Kapitalpolster der Banken aufgebessert werden. Zum anderen sollen sie als Gründungskapital für eine Zweckgesellschaft eingesetzt werden, die von der Europäischen Investitionsbank (EIB) ins Leben gerufen werden soll. Diese Zweckgesellschaft könne eigene Anleihen begeben, die als Sicherheiten bei der Europäischen Zentralbank (EZB) dienen könnten, sowie europäische Staatsanleihen aufkaufen, berichtete der Sender unter Berufung auf einen hochrangigen europäischen Finanzpolitiker.

Ziel ist es demzufolge, mit den finanziellen Mitteln des EFSF durch die Mobilisierung von Fremdkapital einen Effekt zu erzielen, der die Ausstattung des Hilfsfonds um ein Mehrfaches übersteigt. Laut CNBC soll diese sogenannte Hebelwirkung (Leverage) ein Verhältnis von bis zu acht zu eins erreichen, je nachdem wie viel Geld vom EFSF kommt. "Nach unseren Informationen machen die Pläne für eine Stärkung des EFSF bereits gute Fortschritte", hieß es in dem Bericht. Die Pläne seien bereits detailliert, womöglich aber nicht die einzigen, die diskutiert werden.

Insgesamt bietet der Nachrichtenpotpourri ein Umfeld, das Risikoaversion leicht zurückgehen lässt. Ob es sich hier nur um eine Korrektur im Sinne der Markttechnik handelt oder ob eine Bodenbildung bei der Bewertung der Risikoaktiva einsetzt, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar. Fehler in der Politik werden jedoch definitiv an den Märkten markant abgestraft und würden den Konjunkturzyklus erheblich gefährden. Die letzten Monate sind hier augenfälliger Prolog!!

Wenden wir uns dem US-Präsidenten zu. US-Präsident Obama warf den Staats- und Regierungschefs der Eurozone Versäumnisse vor. Die Schritte zur Bekämpfung der Schuldenkrise seien nicht so schnell ergriffen worden, wie es erforderlich gewesen wäre. Damit hat er nicht Unrecht. Das zögerliche Handeln, ebenso wie das unterdimensionierte Agieren ist Katalysator der aktuellen Ausprägung der Defizitkrise. So weit, so gut!

Dass Herr Obama Vorwürfe erhebt, ist jedoch "sportlich". Das Bild der USA ist schlicht weg und ergreifend prekär. Im Gegensatz zu den USA zeigt die Eurozone Handlungs- und Reformfähigkeit und Neuverschuldungssätze, die für die USA kurzfristig im Bereich des Wunschdenkens angesiedelt sein dürften.

Wer in einem brüchigen Glaspalast sitzt, der partiell die Infrastruktur der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts aufweist und dessen Land gekennzeichnet von politischer Ideologie (Tea Party) ist und damit das Risiko von Extremismus eröffnet, der sollte nicht mit Steinen werfen.

Nun mache die europäische Schuldenkrise der Welt Angst. Ja, dieses Statement ist korrekt.

Obama fürchtet eine Rezession in den USA für den Fall einer weiteren Verschlechterung der Lage in der Eurozone. Ja, das ist das Risiko! Es ist aber vor allen Dingen ein Risiko, weil die USA noch gar nicht bei dem Thema Problemlösung struktureller Art angekommen sind. Der Unterschied zur Eurozone könnte nicht deutlicher sein.

Der deutsche IFO-Index sank per Berichtsmonat September von zuvor 108,7 auf 107,5 Punkte. Analysten hatten einen Rückgang auf 106,5 Zähler erwartet. Die Bewertung der aktuellen Lage verzeichnete einen Rückgang von 118,1 auf 117,9 Punkte, während der Erwartungsindex von 100,0 auf 98,0 Punkte sank.

Damit war das Ergebnis deutlich besser als erwartet. Offensichtlich ist die reale Lage besser, als der Finanzmarkt es glauben machen will. Das gilt auch heute früh für den deutschen GfK-Konsumklimaindex, der unverändert per Oktober bei 5,2 Punkten liegt.

IFO: Aktuelle Lage:
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IFO: Erwartungen

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IFO-Gesamtindex:

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Der "Chicago Fed National Activity Index" (Sammelindex von 85 Einzelindikatoren der US-Wirtschaft) sank per August von zuvor +0,02 (revidiert von -0,06) auf -0,43 Punkte: Der aussagefähigere 3-Monatsdurchschnitt ging von -0,27 auf -28 Punkte zurück. Bei Werten unterhalb von -0,70 stellen sich laut Definition Rezessionsrisiken ein.

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Der Absatz neuen Wohnimmobilien sank in den USA in der annualisierten Darstellung von 302.000 auf 295.000. Damit ergab sich der schwächste Wert seit Februar 2011. Die Situation ist und bleibt prekär!

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD favorisiert. Erst ein Überwinden des Widerstandsfelds bei 1.3620 -50 liefert ein neues Szenario.

Viel Erfolg!

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© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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