Fitch kritischer gegenüber USA - Sikorski fordert Deutschland
29.11.2011 | Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (08.00 Uhr) bei 1.3355, nachdem im europäischen Handel Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3274 markiert wurden. Der USD stellte sich gegenüber dem JPY auf 78.00. In der Folge notiert EUR-JPY bei 104.20, während EUR-CHF bei 1.2290 oszilliert.
Während die Ratingagentur Moody’s das Scheitern der Superkommission zur Schuldenreduzierung bei der Bewertung der USA egal ist, ergibt sich bei Fitch ein anderer Unterton. Die Ratingagentur Fitch hat das AAA-Rating der USA bestätigt. Wir nehmen das zur Kenntnis und fragen uns, ob eine Totalverweigerung der Reformpolitik in Spanien oder Italien mit gleicher Nonchalance begleitet würde. Der Ausblick wurde hinsichtlich des Stillstands der Reformpolitik auf negativ gesetzt. Damit nähert sich Fitch Realitäten an.
Der polnische Außenminister Sikorski hat gestern in Berlin Klartext geredet. "Ich bin wahrscheinlich der erste polnische Außenminister in der Geschichte, der das sagt, aber hier ist es: Ich habe weniger Angst vor deutscher Macht als ich anfange, mich vor deutscher Inaktivität zu fürchten." Nicht nur Herr Sikorski, sondern auch der Finanzminister Rostowski erwarten von Deutschland eine klare Führungsrolle. In dem gestrigen Interview im Handelsblatt forderte der Finanzminister Polens eine Brandmauer für die Eurozone und damit auch die EU. Dabei sprach er sich sowohl für Eurobonds als auch einen aggressiven Einsatz der EZB aus.
Diese Äußerungen sind analog der Kritik auf G-20 Ebene. In einer Krise gilt es, zügig und nachhaltig oder sogar überdimensioniert zu handeln. Das ist um so mehr erforderlich, wenn nicht saubere Diskontierung, sondern spekulative Einflüsse die Krise verschärfen. Genau diesem Gebot ist man in der Eurozone und vor allen Dingen in Berlin nicht gefolgt. Die implizite Kritik aus Polen ist berechtigt. Der Appell ist bitter notwendig.
Positiv ist hinsichtlich der Verfassung der Finanzmärkte anzumerken, dass der erweiterte EFSF Rettungsschirm ab Januar einsatzfähig ist. Ab Januar können Krisenstaaten mindestens 750 Mrd. Euro abrufen. Neben der Erhöhung der Schlagkraft des erweiterten EFSF ergeben sich erweiterte Einsatzmöglichkeiten. Die Stützung von Banken kann durch den EFSF erfolgen. Der EFSF kann Staatsanleihen am Sekundärmarkt erwerben. Länder können vorbeugend Kredite beantragen. Gleichzeitig wird hinter den Kulissen an einer Vorbereitung der Fiskalunion gearbeitet. Per 9. Dezember dürfen wir mit ersten Ergebnissen rechnen. Daneben wird nachhaltige Reformpolitik umgesetzt. Diesbezüglich hatten wir an dieser Stelle gestern Belgien thematisiert. Insgesamt bewegt sich die Eurozone seit viertem Quartal 2009 auf einem Weg der Reformpolitik und adressiert die Schwachpunkte. Zusätzlich wirkt die Krise in Richtung einer stärkeren politischen Integration. Der Unterschied zu den USA und Japan könnte bezüglich der Reformpolitik nicht größer sein.
Wenden wir uns den gestrigen Veröffentlichungen zu:
Die Geldmenge M-3 verzeichnete im Jahresvergleich per Berichtsmonat Oktober einen enttäuschenden Anstieg um nur 2,6% nach zuvor 3,1%. Die Prognose lag bei 3,4%. Positiv ist die Entwicklung der Kreditvergabe an den privaten Sektor zu bewerten. Her stellte sich eine Zunahme im Jahresvergleich um 2,7% nach zuvor 2,5% ein (Prognose 2,5%). Der beigefügte Chart zeigt die Entwicklung der privaten Kreditvergabe.
Der deutsche GfK-Konsumklimaindex legte per Berichtsmonat Dezember vollkommen unerwartet von zuvor 5,4 (revidiert von 5,3) auf 5,6 Punkte zu. Die Prognose war bei 5,2 Zählern angesiedelt. Der Blick auf den Chart belegt, dass damit der höchste Wert seit Juni 2011 markiert wurde.
Dagegen enttäuschte der Absatz neuer Immobilien in den USA per Berichtsmonat Oktober. Hier ergab sich ein Rückgang auf annualisierter Basis von 313.000 auf 307.000. Weniger die Veränderung als das Niveau müssen als prekär eingestuft werden.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das zunächst den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.3420 - 50 neutralisiert den negativen Bias des Euros.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank
Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.
Während die Ratingagentur Moody’s das Scheitern der Superkommission zur Schuldenreduzierung bei der Bewertung der USA egal ist, ergibt sich bei Fitch ein anderer Unterton. Die Ratingagentur Fitch hat das AAA-Rating der USA bestätigt. Wir nehmen das zur Kenntnis und fragen uns, ob eine Totalverweigerung der Reformpolitik in Spanien oder Italien mit gleicher Nonchalance begleitet würde. Der Ausblick wurde hinsichtlich des Stillstands der Reformpolitik auf negativ gesetzt. Damit nähert sich Fitch Realitäten an.
Der polnische Außenminister Sikorski hat gestern in Berlin Klartext geredet. "Ich bin wahrscheinlich der erste polnische Außenminister in der Geschichte, der das sagt, aber hier ist es: Ich habe weniger Angst vor deutscher Macht als ich anfange, mich vor deutscher Inaktivität zu fürchten." Nicht nur Herr Sikorski, sondern auch der Finanzminister Rostowski erwarten von Deutschland eine klare Führungsrolle. In dem gestrigen Interview im Handelsblatt forderte der Finanzminister Polens eine Brandmauer für die Eurozone und damit auch die EU. Dabei sprach er sich sowohl für Eurobonds als auch einen aggressiven Einsatz der EZB aus.
Diese Äußerungen sind analog der Kritik auf G-20 Ebene. In einer Krise gilt es, zügig und nachhaltig oder sogar überdimensioniert zu handeln. Das ist um so mehr erforderlich, wenn nicht saubere Diskontierung, sondern spekulative Einflüsse die Krise verschärfen. Genau diesem Gebot ist man in der Eurozone und vor allen Dingen in Berlin nicht gefolgt. Die implizite Kritik aus Polen ist berechtigt. Der Appell ist bitter notwendig.
Positiv ist hinsichtlich der Verfassung der Finanzmärkte anzumerken, dass der erweiterte EFSF Rettungsschirm ab Januar einsatzfähig ist. Ab Januar können Krisenstaaten mindestens 750 Mrd. Euro abrufen. Neben der Erhöhung der Schlagkraft des erweiterten EFSF ergeben sich erweiterte Einsatzmöglichkeiten. Die Stützung von Banken kann durch den EFSF erfolgen. Der EFSF kann Staatsanleihen am Sekundärmarkt erwerben. Länder können vorbeugend Kredite beantragen. Gleichzeitig wird hinter den Kulissen an einer Vorbereitung der Fiskalunion gearbeitet. Per 9. Dezember dürfen wir mit ersten Ergebnissen rechnen. Daneben wird nachhaltige Reformpolitik umgesetzt. Diesbezüglich hatten wir an dieser Stelle gestern Belgien thematisiert. Insgesamt bewegt sich die Eurozone seit viertem Quartal 2009 auf einem Weg der Reformpolitik und adressiert die Schwachpunkte. Zusätzlich wirkt die Krise in Richtung einer stärkeren politischen Integration. Der Unterschied zu den USA und Japan könnte bezüglich der Reformpolitik nicht größer sein.
Wenden wir uns den gestrigen Veröffentlichungen zu:
Die Geldmenge M-3 verzeichnete im Jahresvergleich per Berichtsmonat Oktober einen enttäuschenden Anstieg um nur 2,6% nach zuvor 3,1%. Die Prognose lag bei 3,4%. Positiv ist die Entwicklung der Kreditvergabe an den privaten Sektor zu bewerten. Her stellte sich eine Zunahme im Jahresvergleich um 2,7% nach zuvor 2,5% ein (Prognose 2,5%). Der beigefügte Chart zeigt die Entwicklung der privaten Kreditvergabe.
Der deutsche GfK-Konsumklimaindex legte per Berichtsmonat Dezember vollkommen unerwartet von zuvor 5,4 (revidiert von 5,3) auf 5,6 Punkte zu. Die Prognose war bei 5,2 Zählern angesiedelt. Der Blick auf den Chart belegt, dass damit der höchste Wert seit Juni 2011 markiert wurde.
Dagegen enttäuschte der Absatz neuer Immobilien in den USA per Berichtsmonat Oktober. Hier ergab sich ein Rückgang auf annualisierter Basis von 313.000 auf 307.000. Weniger die Veränderung als das Niveau müssen als prekär eingestuft werden.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das zunächst den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.3420 - 50 neutralisiert den negativen Bias des Euros.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank
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