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High Noon in Shanghai

20.06.2008  |  Eugen Weinberg
In der ersten Juni Woche sind die Großhandelspreise in Indien um 11,05% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Dies war der stärkste Anstieg seit 13 Jahren. In China lag die Inflationsrate im Mai noch bei 7,7%, wobei in diesem Jahr die höchsten Inflationsraten seit 1996 verzeichnet wurden. Insbesondere nach der überraschenden Anhebung der Kraftstoff- und Strompreise ist in den kommenden Monaten mit anhaltendem Inflationsdruck zu rechnen. Die Inflation stellt derzeit eine der größten Gefahren für die aufstrebenden asiatischen Volkswirtschaften dar, wobei mögliche Zinsanhebungen und eine eventuelle Konjunkturverlangsamung auch für Industrierohstoffe verheerende Folgen haben könnten.


Energie

China hat gestern überraschend die Richtwerte für die Einzelhandelspreise von Ölprodukten angehoben. Die Richtwerte für Benzin und Diesel, die von Groß- und Einzelhändlern um bis zu 8% nach oben oder nach unten angepasst werden können, wurden um jeweils 1000 RMB bzw. 145 USD je Tonne angehoben, die für Flugbenzin sogar um 1500 RMB bzw. 218 USD. Dies entspricht einem Preisanstieg bei Benzin und Diesel zwischen 15 und 17% und 25% bei Flugbenzin. Die Massnahme ist wahrscheinlich auf die Besorgnis der Regierung zurückzuführen im Vorfeld der Olympischen Spiele mit einer Knappheit der Kraftstoffe im Lande konfrontiert zu werden.

Zur derzeitigen Spannung am Benzin- und Dieselmarkt hat weniger eine starke Nachfrage, sondern vielmehr die Zurückhaltung der Raffinerien beigetragen, wobei insbesondere kleine Raffinerien nicht mehr in der Lage waren, das Verlustgeschäft mit dem Verkauf der Ölprodukte zu künstlich niedrigen Preisen zu finanzieren. Auch die Großhändler, die in Erwartung höherer Preise hohe Lagerbestände an Kraftstoffen angehäuft haben sollten, werden durch die Preisanstiege stimuliert, diese zu reduzieren. Aus diesem Grund dürften aber die Importe Chinas in den kommenden Monaten eher fallen. Zwar sind die Kraftstoffpreise in China im internationalen Vergleich nach wie vor günstig.

Aber auch die Kaufkraft in China ist entsprechend niedriger als in Europa oder den USA. Wir rechnen damit, dass die starke Erhöhung der Preise eine negative Auswirkung auf das Ölverbrauchswachstum haben wird. Diese sollte dann endgültig die Trendwende am Ölmarkt einleiten. Kurzfristig könnte der Ölpreis nichtsdestotrotz anziehen, weil die geopolitischen Risiken hoch bleiben. Die Militärübung Anfang Juni wird von Experten als Vorbereitung auf einen möglichen Schlag auf die Atomanlagen im Iran angesehen, welcher kurzfristig einen schwer voraussehbaren Einfluss auf den Ölpreis haben könnte. Auch sind vom OPEC-Treffen in Dschidda am Wochenende, wenn überhaupt, eher positive Impulse für Öl zu erwarten, weil das begrenzte Potenzial für mögliche Produktionserhöhungen deutlich gemacht wird.

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Die Gaslagerbestände in den USA stiegen mit 57 Mrd. Kubikfuß fast punktgenau wie vom Konsens erwartet. Vor allem aber als Reaktion auf die fallenden Ölpreise ist der Gaspreis um 5% zurückgekommen, bis er sich bei 12,9 USD/MMBtu wieder stabilisieren konnte. Wir glauben, dass sich der Gaspreis im Sog der Ölpreise bewegen wird.


Edelmetalle

Die überraschende Stärke bei den Edelmetallen hält an. So konnte der Goldpreis zum ersten Mal seit fast einem Monat über 900 USD je Feinunze schliessen, und auch die Preise für Silber und Platinmetalle zogen an. Ausschlaggebend waren aus unserer Sicht einerseits die schwächeren US-Konjunkturdaten, die kurzfristige Zinserhöhungen seitens der Fed unwahrscheinlich machen und zur Schwäche beim US-Dollar beitragen. Andererseits treibt der zunehmende Inflationsdruck weltweit viele Anleger in den "sicheren Hafen" Gold, weil Gold als traditioneller Sachwert seinen Wert auch in einem inflationären Umfeld beibehalten sollte. Wir sehen einen starken Anstieg bei Gold erst im 4. Quartal.


Industriemetalle

Die größte europäische Kupferraffinerie, Norddeutsche Affinerie, geht davon aus, dass China einen Teil der strategischen Kupferreserven auf den Markt gebracht hat, um den Preisanstieg zu dämpfen. China agiert an Rohstoffmärkten oft opportunistisch und dieser Schritt wäre nachvollziehbar. Der Kupferpreis blieb zuletzt gut unterstützt durch die zahlreichen Streiks in den Kupferminen Lateinamerikas. So musste nun auch Southern Copper nach einem 10-tägigen Streik die Produktion auf Cuajone Mine in Peru zurückfahren. Wir sind davon überzeugt, dass die Streiks nur einen vorübergehenden Effekt auf den Kupferpreis haben und die Preise bald wieder unter 8000 USD fallen werden.

Die überraschende Anhebung der Strompreise um 4,7% ab Juli dürfte auch einen Einfluss auf die Produktion der Industriemetalle haben, die besonders energieintensiv sind, wie z.B. Aluminium. China ist der mit Abstand größte Produzent von Aluminium, hat jedoch keinen Energiekostenvorteil, wie z.B. Russland, Dubai oder Norwegen. Daher glauben wir, dass China bald zu einem Netto-Importeur von Aluminium wird, was die Preise beflügeln sollte.


© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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