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Bernanke setzt Rohstoffpreise unter Druck

16.07.2008  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Ölpreis ist gestern innerhalb kürzester Zeit deutlich unter Druck geraten. Binnen weniger Minuten gab der WTI-Preis um mehr als neun US-Dollar auf 136 USD je Barrel nach, stieg dann aber wieder auf 139 USD. Damit stellt sich erneut die Frage, ob damit das Ende der Hausse am Ölmarkt erreicht ist. Wir hatten wiederholt Vergleiche mit dem rasanten Anstieg der Nasdaq in den Jahren 1999-2000 gezogen. Damals hat der Technologieaktienindex noch die magische Marke von 5000 Punkten erreicht ehe er auf eine lange Talfahrt ging. Bei Rohöl sehen wir eine ähnliche Marke bei 150 USD je Barrel.

Die heftigen Kursschwankungen der vergangenen Tage legen den Schluss nahe, dass sich der Ölpreis der Spitze nähert, wobei aus unserer Sicht spätestens in den kommenden 2-3 Monaten eine langfristige Wende eingeleitet wird. Gestern standen vor allem Befürchtungen vor einer nachlassenden Nachfrage aus den USA im Mittelpunkt, nachdem der Fed-Vorsitzende Bernanke die Konjunkturrisiken wieder stärker betonte. Darüber hinaus rechnet die OPEC mit einer nachlassenden Ölnachfrage in diesem und im nächsten Jahr. Für das laufende Jahr erwartet man einen Anstieg um 1,03 Mio Barrel, das sind 70.000 Barrel weniger als noch vor einem Monat erwartet. Im nächsten Jahr soll die Nachfrage nur noch um 900.000 Barrel pro Tag zunehmen.

Gleichzeitig hat sich die Angebotssituation zuletzt etwas entspannt, nachdem Chevron die Escravos Ölpipeline in Nigeria mit einer Kapazität von 120.000 Barrel täglich wieder in Betrieb genommen und der Streik bei Petrobras keine nennenswerten Produktionsausfälle zu Folge hatte. Dennoch ist ein Anstieg des Ölpreises über 150 USD nach wie vor wahrscheinlich. Heute werden die Lagerbestandsdaten in den USA bekannt gegeben. Der Konsens rechnen mit einem Rückgang für Rohöl um 2,2 Mio., unveränderten Beständen bei Benzin und einer Zunahme von 2 Mio. Barrel bei Destillaten. Sollten die Lagerbestände für Rohöl, die vor 2 Wochen bereits rund 8% unter dem 5-Jahresdurschnitt lagen, weiter fallen, dürfte es dem Ölpreis wieder auf die Beine helfen.


Edelmetalle

Gold konnte gestern zunächst auf ein 4-Monatshoch von 988 USD je Feinunze steigen. Der kräftige Einbruch beim Ölpreis und die einsetzende Erholung beim US-Dollar, der zuvor ein Allzeittief gegenüber Euro markierte, führten im Handelsverlauf dazu, dass Gold seine Gewinne wieder komplett abgeben musste. Im Vergleich zu den anderen Rohstoffen konnte sich Gold damit sehr gut behaupten, weil sowohl die anderen Metalle als auch die Energieträger und Agrarrohstoffe überwiegend schwächer aus dem Handel gingen.

Sorgen um die Stabilität des US-Finanzsektors, ein schwacher US-Dollar, fallende Aktienmärkte, Inflationsängste und anhaltende geopolitische Risiken bilden einen perfekten Nährboden für weitere Kursgewinne bei Gold, so dass ein weiterer Anstieg in Richtung 1000 USD je Unze möglich ist. Außerdem schürren die Arbeitsniederlegungen in Südafrika, das mehr als ein Jahrhundert lang der größte Goldproduzent war, die Ängste vor einer eventuellen Einengung des physischen Marktes.

Mit einem nachhaltigen Anstieg über 1000 USD rechnen wir dennoch erst im vierten Quartal. Platin fiel gestern um 2% unter die Marke von 2.000 Dollar und steht heute weiter unter Druck. Schwache US-Einzelhandelsumsätze und eine zurückgehende Benzinnachfrage in den USA deuten auf eine geringere Nachfrage der Automobilindustrie nach Autokatalysatoren hin.


Industriemetalle

Die Industriemetalle konnten sich der gestrigen Korrektur an den Rohstoffmärkten nicht entziehen und gerieten auf breiter Front unter Druck. Am stärksten verlor Zink, welches an der LME um 8% auf 1.840 USD je Tonne nachgab und damit mehr als die Hälfte der Gewinne der vergangenen Tage wieder einbüßte. Die Meldung, dass die großen Zinkproduzenten noch keine Produktionskürzungen beschlossen haben, dürfte nur ein Auslöser für die heftige technische Reaktion gewesen sein. Ein weiterer Grund könnten mögliche Liquidationen bzw. die Schließung ausstehender Zink-Kontrakte bei einigen Fonds gewesen sein. Dennoch dürfte das Abwärtspotenzial bei Zink begrenzt sein, denn bei den Preisen sind viele Minen nicht rentabel und sollten auch den Betreib einstellen bzw. die Produktion reduzieren. Auch droht die Gefahr eines Streiks in einer peruanischen Mine.

First Quantum berichtet von einer Rekord-Kupferproduktion von 80.000 Tonnen im 2.Quartal. Für den Kupferpreis bleiben wir insgesamt negativ gestimmt und rechnen mit einem Rückgang unter 8.000 USD, weil trotz der Produktionsausfälle in Lateinamerika die schwache Nachfrage einen Überschuss in der 2. Jahreshälfte wahrscheinlich macht.

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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