Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Geschäftsklima in der Eurozone bricht ein!

31.07.2008  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.5595, nachdem gestern im europäischen Handel Tiefstkurse bei 1.5523 markiert wurden. Der USD notiert gegenüber dem JPY aktuell bei 107.90 und zeigt sich damit auf dem erhöhten Niveau in stabiler Verfassung. "Carry-Trades" sind gegenüber dem gestrigen Eröffnungsniveau kaum verändert. EUR-JPY stellt sich auf 168.25, während EUR-CHF bei 1.6315 oszilliert.

Nach einer Absprache zwischen Fed, EZB und SNB werden nicht mehr nur 1-Monats-USD-Tender (28 Tage), sondern auch 3-Monats-USD-Tender (84 Tage) angeboten. Für die EZB liegt das Gesamtvolumen der Tendergeschäfte bei 50 Mrd. USD. Bei der SNB stellt sich der Betrag auf 12 Mrd. USD.

Diese qualitative Maßnahme aus dem Zentralbankensektor unterstreicht einmal mehr, dass die globale Finanzkrise nicht abnimmt, sondern tendenziell zunimmt. Die mangelnde Funktionalität der Geldmärkte bedingt durch sich fortsetzenden Vertrauensverlust im Interbankengeschäft, erfordert diese verstärkten Zentralbankaktivitäten, die Laufzeitbänder der Geldmarktintervention auszuweiten.

Der Geschäftsklimaindex der Eurozone lieferte gestern für die Eurozone per Berichtsmonat Juli massiv ernüchternde Ergebnisse. Es kam nicht den Erwartungen entsprechend zu einem Rückgang von 0,14 auf -0,02 Punkte, sondern von revidiert 0,13 Zählern sackte dieser Index fulminant auf einen Indexwert von -0,21 Punkten. Die Stimmung bei Dienstleistern, Einzelhändlern, der Industrie und der Bauwirtschaft trübte sich ein. Hier handelt es sich damit um eine breit angelegte Entschleunigung der Konjunkturdynamik, die so nicht ansatzweise vom Mainstream erwartet wurde und zukünftige Rezessionsdebatten eine Basis bereitet

Auch die EZB dürfte dieses Szenario bei der jüngsten Zinserhöhung in dieser Form nicht unterstellt haben, zumal diese Entschleunigung in der Eurozone in einem kausalen Zusammenhang zu der globalen Wirtschaftsschwäche steht. Da exogene Einflussfaktoren, insbesondere die Energiepreisentwicklung, Inflationstreiber waren, die mit dem hohen globalen Wachstumstempo der Vergangenheit korrelierten, mag sich der eine oder andere EZB-Banker fragen, warum gerade im Juli 2008 der letzte Zinsschritt der EZB notwendig war. Das gilt umso mehr, als dass Zinsmaßnahmen erst mit 12 - 18 monatiger Verzögerung ihre volle Wirksamkeit entfalten. Wie sagten noch die alten Lateiner (gilt hier sinngemäß): "Sita cuisses, phylosophus mansisses!"

Aus den USA stand der ADP National Employment Report per Juli auf der Agenda, der Auskunft über die Entwicklung der privaten Beschäftigungsverhältnisse zu geben versucht. Hier ergab sich in Bezug auf den Erwartungswert für den USD eine positive Überraschung. Laut diesem Report gingen per Juli nicht wie unterstellt 60.000 Jobs in der Privatwirtschaft verloren, sondern es wurden angeblich 9.000 neue Jobs geschaffen. Wir nehmen diesen Report zur Kenntnis und verweisen darauf, dass diese Datenreihe nicht
geeignet ist, Punktprognosen im offiziellen Beschäftigungsbericht zu antizipieren.

Heute steht zunächst der deutsche Arbeitsmarktbericht per Juli auf der Agenda. Analysten erwarten in der saisonal bereinigten Arbeitslosenquote einen zum Vormonat unveränderten Wert von 7,8%. Die Arbeitslosenquote der Eurozone per Berichtsmonat Juni soll laut der Konsensusprognose im Monatsvergleich unverändert bei 7,2% verharren. Die 1. Schätzung der Verbraucherpreise per Juli arrondiert den Datenreigen aus der Eurozone. Analysten prognostizieren einen Anstieg im Jahresvergleich um 4,1% nach zuvor 4,0%. Natürlich sind einmal mehr unsere "Freunde" der Energieprodukte wesentlich für den Anstieg verantwortlich. In der Berechnung werden die Preise der ersten Monatshälfte berücksichtigt, ergo ist die real. Entspannung bei den Energiepreisen im Monatsverlauf hier nicht gespiegelt. Entsprechend ist es nicht angebracht, dieser Veröffentlichung zuviel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Obwohl es "Flash"-Daten sind und sie angeblich aktuell sind, gilt in diesem Fall, dass zuviel "old news" wesentliche Grundlage darstellen.

Heute erwarten wir die 1. Schätzung des US-BIP per 2. Quartal 2008. Nachdem es im ersten Quartal zu einem Anstieg des BIP um 0,96% auf annualisierter Basis nach USBerechnungsmethoden gekommen ist, wird sich nach Ansicht von Analysten das Wachstum im 2. Quartal auf Basis dieser Annualisierung auf 2,0% stellen. Wir sind gespannt, was uns die Statistikküche des Bureau of Economic Analysis vorsetzen wird. Unsere kritische Haltung bezüglich dieser Datenreihe setzen wir als bekannt voraus. Des weiteren ist zu bedenken, dass sich die Steuerschecks (Gesamtvolumen 109 Mrd. USD), die nichts anderes als konsumtive Subvention darstellen, im Berichtsquartal versteigend ausgewirkt haben. Übrigens bin ich bereits heute auf die 2009 und 2010 anstehenden Revisionen des BIP der letzten Quartale durch das BEA gespannt, die dann natürlich nur wenig Aufmerksamkeit auf sich ziehen werden, da sich Finanzmärkte grundsätzlich an der Zukunft und selbstredend nicht an der Vergangenheit orientieren.

Open in new window


Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sollen in der Berichtswoche per 26. Juli 2008 von zuvor406.000 auf 395.000 sinken. Auch dieser unterstellte Rückgang würde das erhöhte Niveau im Dunstkreis von 400.000 Anträgen bestätigen. Der Chart verdeutlicht die Fortsetzung des Anstiegs im Zeitverlauf unter Schwankungen.

Open in new window


Der Einkaufsmanagerindex aus Chicago per Juli soll nach Maßgabe der Marktbeobachter einen leichten Rückgang von 49,6 auf 49,0 Punkte mit sich bringen. Mit Werten unterhalb der kritischen Marke von 50 Punkten würde weiterhin Kontraktion in diesem Sektor der Wirtschaft in der Region beschrieben werden.

Open in new window


Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD favorisiert. Erst ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.5790 - 1.5820 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank






Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"