US-Arbeitsmarkt in tiefstem Moll - Fannie und Freddie unter Staatskontrolle!
08.09.2008 | Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.4350, nachdem in Fernost Höchstkurse bei 1.4428 markiert wurden. Der USD notiert gegenüber dem JPY derzeit bei 108.50. "Carry-Trades" sind deutlich befestigt. EUR-JPY stellt sich auf 155.70, während EUR-CHF bei 1.6040 oszilliert.
Bevor wir uns dem Thema "Quasi"-Staatsmonopol am US-Hypothekenmarkt zuwenden, werfen wir einen Blick auf die Veröffentlichungen vom letzten Freitag.
Die deutsche Industrieproduktion sank im Monatsvergleich um 1,8%. Analysten hatten einen Rückgang um 0,5% unterstellt. Der Vormonatswert wurde von +0,2% auf +0,1% revidiert. Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 0,6%, nachdem zuvor noch ein Anstieg um 1,5% zu verzeichnen war. Mithin verliert die Konjunkturlokomotive von gestern, "Deutschland", markant an konjunktureller Dynamik.
Der US-Arbeitsmarktbericht per August lieferte tiefste Molltöne. Die Arbeitslosenquote sprang von 5,7% auf 6,1%. Die Beschäftigung außerhalb des Agrarbereichs sank per August um 84.000 Jobs. Erwartet war ein Rückgang um 75.000 Beschäftigungsverhältnisse. Darüber hinaus wurde die beiden Vormonatswerte um insgesamt 58.000 Jobs nach unten revidiert. Seit Januar 2008 gingen damit insgesamt 605.000 Jobs verloren. Per 2008 gab es keinen einzigen Monat mit Beschäftigungsaufbau. Ein Teil des Arbeitsmarktberichts basiert auf Annahmen über neu geschaffene oder verlorene Jobs, die im Rahmen der Umfrage des Arbeitsmarktberichts nicht erfasst werden. Laut diesem nicht saisonal bereinigten (im Gegensatz zum Arbeitsmarktbericht) "CES Net Birth Death Model" wurden 125.000 neue Jobs geschaffen. So ergab sich gemäß diesen Annahmen ein Beschäftigungsaufbau um 9.000 Jobs im Bereich Finanzaktivitäten. 16.000 neue Jobs sollen im Baugeschäft entstanden sein. Statistik ist schon eine tolle Sache! "Food for thought!"
Das US-Finanzministerium hat die Kontrolle (Zwangsverwaltung) bei den Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mc übernommen. Die Regierung werde als Verwalter agieren, um Schaden von den Immobilien- und Finanzmärkten abzuwenden. Diese Aktion ist keine volle Verstaatlichung. Anstehende Kapitalmaßnahmen durch den Staat werden jedoch zu einer deutlichen Verwässerung des Kapitalanteils der bisherigen Eigner führen. Mithin ist es eine "Quasi-Verstaatlichung".
Klartext: Offensichtlich ist eine Ursache der Krise, dass Unternehmen wie Fannie oder Freddie zu groß sind, um scheitern zu können. Mithin ergibt sich hier ein strukturelles Problem, das nur strukturell gelöst werden kann. Wenn etwas zu groß ist, dann sollte man es verkleinern! Hätten wir pro US-Bundesstaat regionale Fannies und Freddies, mithin gäbe es eine Struktur, die zumindest ansatzweise Charaktermerkmale eines Polypols aufweist, wäre das aktuelle Problem definitiv geringer ausgeprägt. Was für Fannie und Freddie gilt, ist übrigens auch auf andere zu große Strukturen an Finanzmarkt anwendbar.
Es ist schon erstaunlich, dass genau dieser Lösungsansatz in der Krise bisher nicht diskutiert wurde. Aus der Historie ergibt sich eine Steilvorlage durch den US-Glass-Steagall Act (Zerschlagung der Trusts). In diesem Zusammenhang ist die Schaffung eines neuen Schwergewichts am deutschen Bankenmarkt, das dann auch definitiv "too big to fail" ist, schon bemerkenswert. Offensichtlich sind die Lernkurven aus dem Debakel der Finanzkrise bisher wenig ausgeprägt!
Der Devisenmarkt hat beim USD ambivalent agiert. So hat der USD gegenüber europäischen Währungen an Boden verloren. Dagegen hat der USD gegenüber dem JPY deutlich zugelegt. Diese Verhaltensmuster belegen, dass der Markt verunsichert ist und Risikopositionen zurückfährt. Ergo handelt es sich hier nicht nur um ein Urteil, ob diese Maßnahme ultimativ pro oder contra USD zu bewerten ist. Identisches gilt auch für die Aktienmärkte, Shortpositionen werden eingedeckt. Mithin impliziert diese Marktreaktion zunehmende Risikoaversion an den internationalen Finanzmärkten. Genau diese zunehmende Risikoaversion spiegelt den Umstand, dass die globale Finanzkrise an Volumen gewinnt, dass die Probleme tendenziell zu- und nicht abnehmen. Nun, wo sind denn die Protagonisten der ersten Finanzmarktreihe, die gerade gestern und vorgestern noch ein baldiges Ende der Finanzmarktkrise erkennen wollten.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Erst ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.4500 - 20 dreht den Bias auf positiv.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank
Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.
Bevor wir uns dem Thema "Quasi"-Staatsmonopol am US-Hypothekenmarkt zuwenden, werfen wir einen Blick auf die Veröffentlichungen vom letzten Freitag.
Die deutsche Industrieproduktion sank im Monatsvergleich um 1,8%. Analysten hatten einen Rückgang um 0,5% unterstellt. Der Vormonatswert wurde von +0,2% auf +0,1% revidiert. Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 0,6%, nachdem zuvor noch ein Anstieg um 1,5% zu verzeichnen war. Mithin verliert die Konjunkturlokomotive von gestern, "Deutschland", markant an konjunktureller Dynamik.
Der US-Arbeitsmarktbericht per August lieferte tiefste Molltöne. Die Arbeitslosenquote sprang von 5,7% auf 6,1%. Die Beschäftigung außerhalb des Agrarbereichs sank per August um 84.000 Jobs. Erwartet war ein Rückgang um 75.000 Beschäftigungsverhältnisse. Darüber hinaus wurde die beiden Vormonatswerte um insgesamt 58.000 Jobs nach unten revidiert. Seit Januar 2008 gingen damit insgesamt 605.000 Jobs verloren. Per 2008 gab es keinen einzigen Monat mit Beschäftigungsaufbau. Ein Teil des Arbeitsmarktberichts basiert auf Annahmen über neu geschaffene oder verlorene Jobs, die im Rahmen der Umfrage des Arbeitsmarktberichts nicht erfasst werden. Laut diesem nicht saisonal bereinigten (im Gegensatz zum Arbeitsmarktbericht) "CES Net Birth Death Model" wurden 125.000 neue Jobs geschaffen. So ergab sich gemäß diesen Annahmen ein Beschäftigungsaufbau um 9.000 Jobs im Bereich Finanzaktivitäten. 16.000 neue Jobs sollen im Baugeschäft entstanden sein. Statistik ist schon eine tolle Sache! "Food for thought!"
Das US-Finanzministerium hat die Kontrolle (Zwangsverwaltung) bei den Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mc übernommen. Die Regierung werde als Verwalter agieren, um Schaden von den Immobilien- und Finanzmärkten abzuwenden. Diese Aktion ist keine volle Verstaatlichung. Anstehende Kapitalmaßnahmen durch den Staat werden jedoch zu einer deutlichen Verwässerung des Kapitalanteils der bisherigen Eigner führen. Mithin ist es eine "Quasi-Verstaatlichung".
Klartext: Offensichtlich ist eine Ursache der Krise, dass Unternehmen wie Fannie oder Freddie zu groß sind, um scheitern zu können. Mithin ergibt sich hier ein strukturelles Problem, das nur strukturell gelöst werden kann. Wenn etwas zu groß ist, dann sollte man es verkleinern! Hätten wir pro US-Bundesstaat regionale Fannies und Freddies, mithin gäbe es eine Struktur, die zumindest ansatzweise Charaktermerkmale eines Polypols aufweist, wäre das aktuelle Problem definitiv geringer ausgeprägt. Was für Fannie und Freddie gilt, ist übrigens auch auf andere zu große Strukturen an Finanzmarkt anwendbar.
Es ist schon erstaunlich, dass genau dieser Lösungsansatz in der Krise bisher nicht diskutiert wurde. Aus der Historie ergibt sich eine Steilvorlage durch den US-Glass-Steagall Act (Zerschlagung der Trusts). In diesem Zusammenhang ist die Schaffung eines neuen Schwergewichts am deutschen Bankenmarkt, das dann auch definitiv "too big to fail" ist, schon bemerkenswert. Offensichtlich sind die Lernkurven aus dem Debakel der Finanzkrise bisher wenig ausgeprägt!
Der Devisenmarkt hat beim USD ambivalent agiert. So hat der USD gegenüber europäischen Währungen an Boden verloren. Dagegen hat der USD gegenüber dem JPY deutlich zugelegt. Diese Verhaltensmuster belegen, dass der Markt verunsichert ist und Risikopositionen zurückfährt. Ergo handelt es sich hier nicht nur um ein Urteil, ob diese Maßnahme ultimativ pro oder contra USD zu bewerten ist. Identisches gilt auch für die Aktienmärkte, Shortpositionen werden eingedeckt. Mithin impliziert diese Marktreaktion zunehmende Risikoaversion an den internationalen Finanzmärkten. Genau diese zunehmende Risikoaversion spiegelt den Umstand, dass die globale Finanzkrise an Volumen gewinnt, dass die Probleme tendenziell zu- und nicht abnehmen. Nun, wo sind denn die Protagonisten der ersten Finanzmarktreihe, die gerade gestern und vorgestern noch ein baldiges Ende der Finanzmarktkrise erkennen wollten.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Erst ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.4500 - 20 dreht den Bias auf positiv.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank
Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.