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OPEC-Kürzung dürfte verpuffen

24.10.2008  |  Eugen Weinberg
Die Stimmung an den Rohstoffmärkten ist geprägt von Angst und Panik. Der breite S&P GSCI Rohstoff-Index hat sich von der Anfang Juli verzeichneten Spitze halbiert und notiert auf dem niedrigsten Stand seit Anfang 2007. Zwangsliquidationen durch Finanzanleger prägen das Bild. Solange der Abbau von Fremdkapital (Deleveraging) anhält, dürfte der Abwärtstrend anhalten. Dieser ist mit fundamentalen Sachverhalten teilweise nicht mehr zu erklären und ist eine Übertreibung.


Energie

Der WTI-Ölpreis konnte sich trotz eines deutlich festeren US-Dollar und fallender Aktienmärkte noch oberhalb von 66 USD je Barrel behaupten. Spekulationen, dass die OPEC auf ihrer außerplanmäßigen Sitzung eine deutliche Kürzung der OPEC-Förderquoten beschließt, wirkten preisstützend.

Zuletzt hatte die OPEC im Dezember 2006 die Quoten gekürzt. Damals gelang es dem Kartell, den Ölpreis zu stabilisieren. Heute ist die Situation jedoch weitaus schwieriger, weil sich das fundamentale Umfeld deutlich schlechter als vor zwei Jahren darstellt und der Ölpreisrückgang weitaus dynamischer ist. Die heute beschlossene Kürzung um 1,5 Mio. Barrel wurde daher mit Enttäuschung aufgenommen. Um den Preis zu stabilisieren, hätte die Kürzung schon deutlich stärker ausfallen und zudem eine weitere Reduktion in Aussicht gestellt werden müssen. Allerdings war ohnehin fraglich, ob sich die OPEC-Mitglieder auf ein derartiges Vorgehen verständigen können. Zu heterogen sind die Interessen der einzelnen Mitgliedsländer.

Die Länder, welche sich in den vergangenen Tagen am vehementesten für eine deutliche Kürzung aussprachen wie Iran und Venezuela, verfolgen damit Partikularinteressen. Diese Länder haben während des Ölpreisbooms ihre Staatsausgaben deutlich angehoben und sind damit auf hohe Öleinnahmen angewiesen. Diese Länder müssten sich gemäß ihrer Quote an der Kürzung beteiligen und somit auf Öleinnahmen verzichten, wenn die Produktionskürzung nicht durch einen entsprechenden Preisanstieg ausgeglichen wird.

Saudi-Arabien ist das einzige Mitgliedsland, welches die Produktion hinreichend stark kürzen könnte. Allerdings dürfte Saudi-Arabien dazu kaum bereit sein, solange der Ölpreis noch immer deutlich über dem im Haushalt kalkulierten Niveau liegt. Dieses dürfte im Bereich von 50-55 USD je Barrel anzusiedeln sein. Wir erwarten daher vom OPEC-Beschluss keine preisstützenden Auswirkungen. Die Übertreibung am Ölmarkt kann daher kurzfristig noch weiter anhalten.

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Edelmetalle

Gold wird erstmals seit 13 Monaten unter der Marke von 700 USD je Feinunze gehandelt. Der dramatische Anstieg des US-Dollar in den vergangenen Stunden erhöht den Abgabedruck auf den Goldpreis nochmals, so dass ein weiterer Rückgang wahrscheinlich ist. Zudem hat sich das charttechnische Bild durch den rasanten Preisverfall der vergangenen Tage stark eingetrübt. SPDR Gold Trust vermeldet einen Rückgang der Goldbestände um 8 Tonnen auf 747 Tonnen.

Finanzanleger könnten in den kommenden Tagen weitere Bestände abziehen, um Liquidität zu schaffen. Dadurch würde sich der Abgabedruck nochmals verstärken, auch wenn wir die derzeitige Marktreaktion als absolute Übertreibung ansehen. Der Platinpreis ist heute auf ein 5-Jahrestief bei 760 USD gefallen. Der Grund dafür sind unter anderen die enttäuschenden Zahlen von Toyota. Zum ersten Mal seit 7 Jahren hat der japanische Autobauer einen Quartalsverlust gemeldet, wobei der japanische Aktienindex Nikkei daraufhin auf Wochenschlussbasis auf ein 26-Jahrestief fiel.


Industriemetalle

Laut dem Eisenerz und Stahl-Verband Chinas sollte die Stahlproduktion in China in diesem Jahr rund 500 Millionen Tonnen betragen und damit um lediglich 2% im Vergleich zum Vorjahr steigen. Die anfänglichen Schätzungen gingen von 520 bis 550 Millionen Tonnen aus. Im September ist die Produktion der Stahlprodukte in China bereits um 16% im Vergleich zum Vorjahr gefallen. Dies ist vor allem auf einen dramatischen Preisrückgang um rund 30% seit Mitte September zurückzuführen.

Die Preise für Industriemetalle fallen unterdessen weiter. Der Nickelpreis fällt heute auf 9000 USD je Tonne, den tiefsten Stand seit über 5 Jahren. Auch wenn die Grenzkosten für Nickel weit über 10.000 USD liegen dürften, preist der Markt derzeit panikartig einen dramatischen Einbruch der Nachfrage ein. Ein möglicher positiver langfristiger Faktor wie die hohen Produktionskosten findet aktuell keine Aufmerksamkeit.

Wegen der hohen Kosten und fallenden Preisen reduziert Alcoa die Produktion ihrer Aluminiumoxidraffinerie in Texas um 25% bzw. 550.000 Tonnen jährlich. Öl ins Feuer bei Industriemetallen hat auch der weltweit größte Kupferproduzent aus Chile, Codelco, gestern gegossen, als man das Ende des "Superzyklus" erklärt hat. Der Konzern rechnet offensichtlich damit, dass die Kupferpreise über einen längeren Zeitraum unter Druck bleiben sollten.


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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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